da man mit einem Schnitte das Fleisch an der Schien- röhre bis auf die Knochen zertheilte [Spaltenumbruch]a*, welches auch durchs Schröpfen und die Fontanellen bewirkt wor- den a**.
Einige Unempfindlichkeit am Hipochondrio nahm allmälich zu, und breitete sich über die linke Seite aus, endlich stiessen Krämpfe dazu; da man aber bei der er- sten Empfindung des Anfalles, ein Band umlegte, so hörte das Uebel auf a+. Dasienige Uebel, welches von den Füssen über sich in die Höhe stieg, und ein schweres Gebrechen hervorbrachte, konnte durch ein Band um die Kniekehle gehemmt werden b. Durch ein warm Bad zog sich das Krankheitsübel in den Arm oder Fuß [Spaltenumbruch]b+. Dergleichen Wanderungen des geistigen Dunstes kann der Kranke bisweilen mit dem Finger verfolgen b*.
Wenn man dieses alles zusammen nimmt, so erhel- let daraus, daß ein starker Reitz an den Nerven, zuerst das Gehirn c nach sich zieht, und hierauf in allen Mu- skeln einen Krampf hervorbringt.
§. 31. Es erregen gereitzte Nerven einen Krampf, wenn sie gleich vom Gehirn getrennt sind.
Wiewohl alles bisherige zu erweisen scheint, daß die Ursache der Muskelbewegung vom Gehirne nach den Nerven übergeht, so muß man dennoch diesen Ursprung der thlerischen Bewegung durchaus nicht so erklären, daß sie nach Art der Flüßigkeiten, vom Gehirn durch
die
a*Boerhaave morb. nerv. p. 845.
a**Tralles de opii vsu III. p. 28.
a+Dufan eaux d'Aqs p. 82. u. s. f.
bG. v. Swieten angef. Ort. Boerhaave p. 847. von der Mutter- stickung.
b+La Peyronie angef. Ort.
b*Boerhaave eben da p. 843. 344.
c Von der Seele und nicht von der Gemeinschaft der Nerven kom- men die Bewegungen des Mitem- pfindens her, Lawrence praelect.
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
da man mit einem Schnitte das Fleiſch an der Schien- roͤhre bis auf die Knochen zertheilte [Spaltenumbruch]a*, welches auch durchs Schroͤpfen und die Fontanellen bewirkt wor- den a**.
Einige Unempfindlichkeit am Hipochondrio nahm allmaͤlich zu, und breitete ſich uͤber die linke Seite aus, endlich ſtieſſen Kraͤmpfe dazu; da man aber bei der er- ſten Empfindung des Anfalles, ein Band umlegte, ſo hoͤrte das Uebel auf a†. Dasienige Uebel, welches von den Fuͤſſen uͤber ſich in die Hoͤhe ſtieg, und ein ſchweres Gebrechen hervorbrachte, konnte durch ein Band um die Kniekehle gehemmt werden b. Durch ein warm Bad zog ſich das Krankheitsuͤbel in den Arm oder Fuß [Spaltenumbruch]b†. Dergleichen Wanderungen des geiſtigen Dunſtes kann der Kranke bisweilen mit dem Finger verfolgen b*.
Wenn man dieſes alles zuſammen nimmt, ſo erhel- let daraus, daß ein ſtarker Reitz an den Nerven, zuerſt das Gehirn c nach ſich zieht, und hierauf in allen Mu- skeln einen Krampf hervorbringt.
§. 31. Es erregen gereitzte Nerven einen Krampf, wenn ſie gleich vom Gehirn getrennt ſind.
Wiewohl alles bisherige zu erweiſen ſcheint, daß die Urſache der Muskelbewegung vom Gehirne nach den Nerven uͤbergeht, ſo muß man dennoch dieſen Urſprung der thleriſchen Bewegung durchaus nicht ſo erklaͤren, daß ſie nach Art der Fluͤßigkeiten, vom Gehirn durch
die
a*Boerhaave morb. nerv. p. 845.
a**Tralles de opii vſu III. p. 28.
a†Dufan eaux d’Aqs p. 82. u. ſ. f.
bG. v. Swieten angef. Ort. Boerhaave p. 847. von der Mutter- ſtickung.
b†La Peyronie angef. Ort.
b*Boerhaave eben da p. 843. 344.
c Von der Seele und nicht von der Gemeinſchaft der Nerven kom- men die Bewegungen des Mitem- pfindens her, Lawrence praelect.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0564"n="528"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das Gehirn und die Nerven. <hirendition="#aq">X.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
da man mit einem Schnitte das Fleiſch an der Schien-<lb/>
roͤhre bis auf die Knochen zertheilte <cb/><noteplace="foot"n="a*"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Boerhaave</hi> morb. nerv. p.</hi> 845.</note>, welches auch<lb/>
durchs Schroͤpfen und die Fontanellen bewirkt wor-<lb/>
den <noteplace="foot"n="a**"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Tralles</hi> de opii vſu III. p.</hi> 28.</note>.</p><lb/><p>Einige Unempfindlichkeit am Hipochondrio nahm<lb/>
allmaͤlich zu, und breitete ſich uͤber die linke Seite aus,<lb/>
endlich ſtieſſen Kraͤmpfe dazu; da man aber bei der er-<lb/>ſten Empfindung des Anfalles, ein Band umlegte, ſo<lb/>
hoͤrte das Uebel auf <noteplace="foot"n="a†"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Dufan</hi> eaux d’Aqs p.</hi> 82.<lb/>
u. ſ. f.</note>. Dasienige Uebel, welches von<lb/>
den Fuͤſſen uͤber ſich in die Hoͤhe ſtieg, und ein ſchweres<lb/>
Gebrechen hervorbrachte, konnte durch ein Band um die<lb/>
Kniekehle gehemmt werden <noteplace="foot"n="b"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">G. v. Swieten</hi></hi> angef. Ort.<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Boerhaave</hi> p.</hi> 847. von der Mutter-<lb/>ſtickung.</note>. Durch ein warm Bad<lb/>
zog ſich das Krankheitsuͤbel in den Arm oder Fuß <cb/><noteplace="foot"n="b†"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">La Peyronie</hi></hi> angef. Ort.</note>.<lb/>
Dergleichen Wanderungen des geiſtigen Dunſtes kann<lb/>
der Kranke bisweilen mit dem Finger verfolgen <noteplace="foot"n="b*"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Boerhaave</hi></hi> eben da <hirendition="#aq">p.</hi> 843.<lb/>
344.</note>.</p><lb/><p>Wenn man dieſes alles zuſammen nimmt, ſo erhel-<lb/>
let daraus, daß ein ſtarker Reitz an den Nerven, zuerſt<lb/>
das Gehirn <noteplace="foot"n="c">Von der Seele und nicht von<lb/>
der Gemeinſchaft der Nerven kom-<lb/>
men die Bewegungen des Mitem-<lb/>
pfindens her, <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Lawrence</hi> praelect.</hi></note> nach ſich zieht, und hierauf in allen Mu-<lb/>
skeln einen Krampf hervorbringt.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 31.<lb/>
Es erregen gereitzte Nerven einen Krampf, wenn<lb/>ſie gleich vom Gehirn getrennt ſind.</head><lb/><p>Wiewohl alles bisherige zu erweiſen ſcheint, daß<lb/>
die Urſache der Muskelbewegung vom Gehirne nach den<lb/>
Nerven uͤbergeht, ſo muß man dennoch dieſen Urſprung<lb/>
der thleriſchen Bewegung durchaus nicht ſo erklaͤren,<lb/>
daß ſie nach Art der Fluͤßigkeiten, vom Gehirn durch<lb/><fwplace="bottom"type="catch">die</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[528/0564]
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
da man mit einem Schnitte das Fleiſch an der Schien-
roͤhre bis auf die Knochen zertheilte
a*, welches auch
durchs Schroͤpfen und die Fontanellen bewirkt wor-
den a**.
Einige Unempfindlichkeit am Hipochondrio nahm
allmaͤlich zu, und breitete ſich uͤber die linke Seite aus,
endlich ſtieſſen Kraͤmpfe dazu; da man aber bei der er-
ſten Empfindung des Anfalles, ein Band umlegte, ſo
hoͤrte das Uebel auf a†. Dasienige Uebel, welches von
den Fuͤſſen uͤber ſich in die Hoͤhe ſtieg, und ein ſchweres
Gebrechen hervorbrachte, konnte durch ein Band um die
Kniekehle gehemmt werden b. Durch ein warm Bad
zog ſich das Krankheitsuͤbel in den Arm oder Fuß
b†.
Dergleichen Wanderungen des geiſtigen Dunſtes kann
der Kranke bisweilen mit dem Finger verfolgen b*.
Wenn man dieſes alles zuſammen nimmt, ſo erhel-
let daraus, daß ein ſtarker Reitz an den Nerven, zuerſt
das Gehirn c nach ſich zieht, und hierauf in allen Mu-
skeln einen Krampf hervorbringt.
§. 31.
Es erregen gereitzte Nerven einen Krampf, wenn
ſie gleich vom Gehirn getrennt ſind.
Wiewohl alles bisherige zu erweiſen ſcheint, daß
die Urſache der Muskelbewegung vom Gehirne nach den
Nerven uͤbergeht, ſo muß man dennoch dieſen Urſprung
der thleriſchen Bewegung durchaus nicht ſo erklaͤren,
daß ſie nach Art der Fluͤßigkeiten, vom Gehirn durch
die
a* Boerhaave morb. nerv. p. 845.
a** Tralles de opii vſu III. p. 28.
a† Dufan eaux d’Aqs p. 82.
u. ſ. f.
b G. v. Swieten angef. Ort.
Boerhaave p. 847. von der Mutter-
ſtickung.
b† La Peyronie angef. Ort.
b* Boerhaave eben da p. 843.
344.
c Von der Seele und nicht von
der Gemeinſchaft der Nerven kom-
men die Bewegungen des Mitem-
pfindens her, Lawrence praelect.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/564>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.