Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

VIII. Abschnitt. Die Muthmassungen.
gegen die Sinnen schläfriger werden, wenn die Nerven
im Alter hart werden n, daß das Gedärme sowohl im
welken, als gespannten Zustande empfindet o, und daß
endlich eine unverletzte Nervenschnur verworrene Empfin-
dungen hervorbringen müste, da sie doch im Schnitte
durchgängig zittren muß p.

§. 5.
Ob die Empfindung und Bewegung von einem
flüßigen Wesen hergeleitet werden könne.

Wenn demnach die Nerven nicht nach Art fester
Stricke zittren, und das Werk der thierischen Sinnen
und Bewegung nicht von solchen geringen, und in einer
höchst weichen Materie so gleich erstickenden Schwingun-
gen verrichtet werden kann, so kann man mit Grunde
fragen, wie denn sonst das Jnwendige der Nerven ge-
baut sei, und durch welche Maschienen die Bothschaften
der Sinnen, der Seele kund gethan werden, oder wie
der Befehl von der Seele, bis zu den bestimmten Mu-
skeln fortlaufen könne, um die Gliedmassen aufzubieten
und in Bewegung zu setzen.

So bald man demnach von der festen Beschaffenheit
der Nerven in diesem Falle nichts zu hoffen hatte, so sahe
man sich geneigt, die Kräfte der flüßigen Theile zu Hülfe
zu nehmen, welche in den Nerven enthalten sein könnten,
und sich die zärtesten Nervenfäden einiger massen hohl zu
gedenken, um solche von einer Feuchtigkeit durchströmen
zu lassen. Man nahm das Exempel von den rothen Ge-
fässen her, welche von dem Herzen das Geblüte nach ih-
ren Stellen hinführen. Es besteht selbst das Wesen der
Pflanzen aus Gefässen, ob dieselben gleich hie und da
durch ein Zellgewebe befestigt werden.

Es
n Monroo l. c. p. 356.
o Quesnai oeon. anim. T. III. p. 109.
p Monroo p. 351.

VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſungen.
gegen die Sinnen ſchlaͤfriger werden, wenn die Nerven
im Alter hart werden n, daß das Gedaͤrme ſowohl im
welken, als geſpannten Zuſtande empfindet o, und daß
endlich eine unverletzte Nervenſchnur verworrene Empfin-
dungen hervorbringen muͤſte, da ſie doch im Schnitte
durchgaͤngig zittren muß p.

§. 5.
Ob die Empfindung und Bewegung von einem
fluͤßigen Weſen hergeleitet werden koͤnne.

Wenn demnach die Nerven nicht nach Art feſter
Stricke zittren, und das Werk der thieriſchen Sinnen
und Bewegung nicht von ſolchen geringen, und in einer
hoͤchſt weichen Materie ſo gleich erſtickenden Schwingun-
gen verrichtet werden kann, ſo kann man mit Grunde
fragen, wie denn ſonſt das Jnwendige der Nerven ge-
baut ſei, und durch welche Maſchienen die Bothſchaften
der Sinnen, der Seele kund gethan werden, oder wie
der Befehl von der Seele, bis zu den beſtimmten Mu-
skeln fortlaufen koͤnne, um die Gliedmaſſen aufzubieten
und in Bewegung zu ſetzen.

So bald man demnach von der feſten Beſchaffenheit
der Nerven in dieſem Falle nichts zu hoffen hatte, ſo ſahe
man ſich geneigt, die Kraͤfte der fluͤßigen Theile zu Huͤlfe
zu nehmen, welche in den Nerven enthalten ſein koͤnnten,
und ſich die zaͤrteſten Nervenfaͤden einiger maſſen hohl zu
gedenken, um ſolche von einer Feuchtigkeit durchſtroͤmen
zu laſſen. Man nahm das Exempel von den rothen Ge-
faͤſſen her, welche von dem Herzen das Gebluͤte nach ih-
ren Stellen hinfuͤhren. Es beſteht ſelbſt das Weſen der
Pflanzen aus Gefaͤſſen, ob dieſelben gleich hie und da
durch ein Zellgewebe befeſtigt werden.

Es
n Monroo l. c. p. 356.
o Quesnai oeon. anim. T. III. p. 109.
p Monroo p. 351.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0609" n="573"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Die Muthma&#x017F;&#x017F;ungen.</hi></fw><lb/>
gegen die Sinnen &#x017F;chla&#x0364;friger werden, wenn die Nerven<lb/>
im Alter hart werden <note place="foot" n="n"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Monroo</hi> l. c. p.</hi> 356.</note>, daß das Geda&#x0364;rme &#x017F;owohl im<lb/>
welken, als ge&#x017F;pannten Zu&#x017F;tande empfindet <note place="foot" n="o"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Quesnai</hi> oeon. anim. T. III. p.</hi> 109.</note>, und daß<lb/>
endlich eine unverletzte Nerven&#x017F;chnur verworrene Empfin-<lb/>
dungen hervorbringen mu&#x0364;&#x017F;te, da &#x017F;ie doch im Schnitte<lb/>
durchga&#x0364;ngig zittren muß <note place="foot" n="p"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Monroo</hi> p.</hi> 351.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 5.<lb/>
Ob die Empfindung und Bewegung von einem<lb/>
flu&#x0364;ßigen We&#x017F;en hergeleitet werden ko&#x0364;nne.</head><lb/>
            <p>Wenn demnach die Nerven nicht nach Art fe&#x017F;ter<lb/>
Stricke zittren, und das Werk der thieri&#x017F;chen Sinnen<lb/>
und Bewegung nicht von &#x017F;olchen geringen, und in einer<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;t weichen Materie &#x017F;o gleich er&#x017F;tickenden Schwingun-<lb/>
gen verrichtet werden kann, &#x017F;o kann man mit Grunde<lb/>
fragen, wie denn &#x017F;on&#x017F;t das Jnwendige der Nerven ge-<lb/>
baut &#x017F;ei, und durch welche Ma&#x017F;chienen die Both&#x017F;chaften<lb/>
der Sinnen, der Seele kund gethan werden, oder wie<lb/>
der Befehl von der Seele, bis zu den be&#x017F;timmten Mu-<lb/>
skeln fortlaufen ko&#x0364;nne, um die Gliedma&#x017F;&#x017F;en aufzubieten<lb/>
und in Bewegung zu &#x017F;etzen.</p><lb/>
            <p>So bald man demnach von der fe&#x017F;ten Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
der Nerven in die&#x017F;em Falle nichts zu hoffen hatte, &#x017F;o &#x017F;ahe<lb/>
man &#x017F;ich geneigt, die Kra&#x0364;fte der flu&#x0364;ßigen Theile zu Hu&#x0364;lfe<lb/>
zu nehmen, welche in den Nerven enthalten &#x017F;ein ko&#x0364;nnten,<lb/>
und &#x017F;ich die za&#x0364;rte&#x017F;ten Nervenfa&#x0364;den einiger ma&#x017F;&#x017F;en hohl zu<lb/>
gedenken, um &#x017F;olche von einer Feuchtigkeit durch&#x017F;tro&#x0364;men<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en. Man nahm das Exempel von den rothen Ge-<lb/>
fa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en her, welche von dem Herzen das Geblu&#x0364;te nach ih-<lb/>
ren Stellen hinfu&#x0364;hren. Es be&#x017F;teht &#x017F;elb&#x017F;t das We&#x017F;en der<lb/>
Pflanzen aus Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, ob die&#x017F;elben gleich hie und da<lb/>
durch ein Zellgewebe befe&#x017F;tigt werden.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[573/0609] VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſungen. gegen die Sinnen ſchlaͤfriger werden, wenn die Nerven im Alter hart werden n, daß das Gedaͤrme ſowohl im welken, als geſpannten Zuſtande empfindet o, und daß endlich eine unverletzte Nervenſchnur verworrene Empfin- dungen hervorbringen muͤſte, da ſie doch im Schnitte durchgaͤngig zittren muß p. §. 5. Ob die Empfindung und Bewegung von einem fluͤßigen Weſen hergeleitet werden koͤnne. Wenn demnach die Nerven nicht nach Art feſter Stricke zittren, und das Werk der thieriſchen Sinnen und Bewegung nicht von ſolchen geringen, und in einer hoͤchſt weichen Materie ſo gleich erſtickenden Schwingun- gen verrichtet werden kann, ſo kann man mit Grunde fragen, wie denn ſonſt das Jnwendige der Nerven ge- baut ſei, und durch welche Maſchienen die Bothſchaften der Sinnen, der Seele kund gethan werden, oder wie der Befehl von der Seele, bis zu den beſtimmten Mu- skeln fortlaufen koͤnne, um die Gliedmaſſen aufzubieten und in Bewegung zu ſetzen. So bald man demnach von der feſten Beſchaffenheit der Nerven in dieſem Falle nichts zu hoffen hatte, ſo ſahe man ſich geneigt, die Kraͤfte der fluͤßigen Theile zu Huͤlfe zu nehmen, welche in den Nerven enthalten ſein koͤnnten, und ſich die zaͤrteſten Nervenfaͤden einiger maſſen hohl zu gedenken, um ſolche von einer Feuchtigkeit durchſtroͤmen zu laſſen. Man nahm das Exempel von den rothen Ge- faͤſſen her, welche von dem Herzen das Gebluͤte nach ih- ren Stellen hinfuͤhren. Es beſteht ſelbſt das Weſen der Pflanzen aus Gefaͤſſen, ob dieſelben gleich hie und da durch ein Zellgewebe befeſtigt werden. Es n Monroo l. c. p. 356. o Quesnai oeon. anim. T. III. p. 109. p Monroo p. 351.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/609
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/609>, abgerufen am 21.11.2024.