gegen die Sinnen schläfriger werden, wenn die Nerven im Alter hart werden n, daß das Gedärme sowohl im welken, als gespannten Zustande empfindet o, und daß endlich eine unverletzte Nervenschnur verworrene Empfin- dungen hervorbringen müste, da sie doch im Schnitte durchgängig zittren muß p.
§. 5. Ob die Empfindung und Bewegung von einem flüßigen Wesen hergeleitet werden könne.
Wenn demnach die Nerven nicht nach Art fester Stricke zittren, und das Werk der thierischen Sinnen und Bewegung nicht von solchen geringen, und in einer höchst weichen Materie so gleich erstickenden Schwingun- gen verrichtet werden kann, so kann man mit Grunde fragen, wie denn sonst das Jnwendige der Nerven ge- baut sei, und durch welche Maschienen die Bothschaften der Sinnen, der Seele kund gethan werden, oder wie der Befehl von der Seele, bis zu den bestimmten Mu- skeln fortlaufen könne, um die Gliedmassen aufzubieten und in Bewegung zu setzen.
So bald man demnach von der festen Beschaffenheit der Nerven in diesem Falle nichts zu hoffen hatte, so sahe man sich geneigt, die Kräfte der flüßigen Theile zu Hülfe zu nehmen, welche in den Nerven enthalten sein könnten, und sich die zärtesten Nervenfäden einiger massen hohl zu gedenken, um solche von einer Feuchtigkeit durchströmen zu lassen. Man nahm das Exempel von den rothen Ge- fässen her, welche von dem Herzen das Geblüte nach ih- ren Stellen hinführen. Es besteht selbst das Wesen der Pflanzen aus Gefässen, ob dieselben gleich hie und da durch ein Zellgewebe befestigt werden.
Es
nMonroo l. c. p. 356.
oQuesnai oeon. anim. T. III. p. 109.
pMonroo p. 351.
VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſungen.
gegen die Sinnen ſchlaͤfriger werden, wenn die Nerven im Alter hart werden n, daß das Gedaͤrme ſowohl im welken, als geſpannten Zuſtande empfindet o, und daß endlich eine unverletzte Nervenſchnur verworrene Empfin- dungen hervorbringen muͤſte, da ſie doch im Schnitte durchgaͤngig zittren muß p.
§. 5. Ob die Empfindung und Bewegung von einem fluͤßigen Weſen hergeleitet werden koͤnne.
Wenn demnach die Nerven nicht nach Art feſter Stricke zittren, und das Werk der thieriſchen Sinnen und Bewegung nicht von ſolchen geringen, und in einer hoͤchſt weichen Materie ſo gleich erſtickenden Schwingun- gen verrichtet werden kann, ſo kann man mit Grunde fragen, wie denn ſonſt das Jnwendige der Nerven ge- baut ſei, und durch welche Maſchienen die Bothſchaften der Sinnen, der Seele kund gethan werden, oder wie der Befehl von der Seele, bis zu den beſtimmten Mu- skeln fortlaufen koͤnne, um die Gliedmaſſen aufzubieten und in Bewegung zu ſetzen.
So bald man demnach von der feſten Beſchaffenheit der Nerven in dieſem Falle nichts zu hoffen hatte, ſo ſahe man ſich geneigt, die Kraͤfte der fluͤßigen Theile zu Huͤlfe zu nehmen, welche in den Nerven enthalten ſein koͤnnten, und ſich die zaͤrteſten Nervenfaͤden einiger maſſen hohl zu gedenken, um ſolche von einer Feuchtigkeit durchſtroͤmen zu laſſen. Man nahm das Exempel von den rothen Ge- faͤſſen her, welche von dem Herzen das Gebluͤte nach ih- ren Stellen hinfuͤhren. Es beſteht ſelbſt das Weſen der Pflanzen aus Gefaͤſſen, ob dieſelben gleich hie und da durch ein Zellgewebe befeſtigt werden.
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[573/0609]
VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſungen.
gegen die Sinnen ſchlaͤfriger werden, wenn die Nerven
im Alter hart werden n, daß das Gedaͤrme ſowohl im
welken, als geſpannten Zuſtande empfindet o, und daß
endlich eine unverletzte Nervenſchnur verworrene Empfin-
dungen hervorbringen muͤſte, da ſie doch im Schnitte
durchgaͤngig zittren muß p.
§. 5.
Ob die Empfindung und Bewegung von einem
fluͤßigen Weſen hergeleitet werden koͤnne.
Wenn demnach die Nerven nicht nach Art feſter
Stricke zittren, und das Werk der thieriſchen Sinnen
und Bewegung nicht von ſolchen geringen, und in einer
hoͤchſt weichen Materie ſo gleich erſtickenden Schwingun-
gen verrichtet werden kann, ſo kann man mit Grunde
fragen, wie denn ſonſt das Jnwendige der Nerven ge-
baut ſei, und durch welche Maſchienen die Bothſchaften
der Sinnen, der Seele kund gethan werden, oder wie
der Befehl von der Seele, bis zu den beſtimmten Mu-
skeln fortlaufen koͤnne, um die Gliedmaſſen aufzubieten
und in Bewegung zu ſetzen.
So bald man demnach von der feſten Beſchaffenheit
der Nerven in dieſem Falle nichts zu hoffen hatte, ſo ſahe
man ſich geneigt, die Kraͤfte der fluͤßigen Theile zu Huͤlfe
zu nehmen, welche in den Nerven enthalten ſein koͤnnten,
und ſich die zaͤrteſten Nervenfaͤden einiger maſſen hohl zu
gedenken, um ſolche von einer Feuchtigkeit durchſtroͤmen
zu laſſen. Man nahm das Exempel von den rothen Ge-
faͤſſen her, welche von dem Herzen das Gebluͤte nach ih-
ren Stellen hinfuͤhren. Es beſteht ſelbſt das Weſen der
Pflanzen aus Gefaͤſſen, ob dieſelben gleich hie und da
durch ein Zellgewebe befeſtigt werden.
Es
n Monroo l. c. p. 356.
o Quesnai oeon. anim. T. III. p. 109.
p Monroo p. 351.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/609>, abgerufen am 21.11.2024.
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