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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.

Nothwendig müssen diese markige Zusammenhänge
der Gehirntheile ihren Nutzen haben. Man glaubt, daß
die hintersten Fasern, welche von der Hirnschwiele und
dem eirunden Mittelpunkte entspringen, etwas zu den
Sehnerven und Geruchsnerven c, hinführen können, und
daß die Hippokampen denen Nerven, die von der Brü-
cke entspringen, etwas mittheilen mögen, daß das Ge-
wölbe dem Sehnerven [Spaltenumbruch] d, der Hintere und die Hoden der
Brücke zu gute kommen e, daß die Fortsätze das Mark
des kleinen Gehirns zum Rückenmarke versenden, daß
sich das Mark des grossen Gehirns, auf die Art, wie
gesagt worden, in die Piramidenkörper begebe, und daß
vermittelst der, von den Hoden herabgehenden Fortsä-
tzen, etwas vom grossen Gehirne, zum kleinen übergehen
könne.

Ueberhaupt zu reden, so scheinen alle diese Vereini-
gungen den gemeinschaftlichen Nutzen zu haben, daß der
gesunde Theil des Gehirns dem kranken Theile zu Hülfe
komme, und daß einige noch vollkommne Röhrchen von
den unverletzten Theilen, denenienigen Nerven, deren
besondre Gegend verstopft ist, etwas gutes zuführen mö-
gen. Und da oft ein grosser Theil des Gehirns beschä-
digt worden, so dauren doch die Sinnen und Bewegun-
gen noch eine Zeitlang fort, weil sie, wie es scheint,
durch diese Beihülfe unterstützt werden. Man scheint
hieraus zu verstehen, warum aus einer solchen grossen f
Gehirnmasse nur so wenige und so kleine Nerven heraus-
kommen, wenn man sie mit dem Rückenmarke in Ver-
gleichung stellt. Und so könnte es auch geschehen, daß
mehrere Markröhrchen in einem einzigen Nervenfaden
zusammen kommen.

[Spaltenumbruch]

Wenn
längerte Mark ausmachen, noch
besser zu sehen sind, Senac. T. II.
p.
689.
c Ridley p. 194.
d Idem p. 195.
e Idem p. 196.
f Neun Paare vom Gehirn,
dreißig vom Rückenmarke p. 253.
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.

Nothwendig muͤſſen dieſe markige Zuſammenhaͤnge
der Gehirntheile ihren Nutzen haben. Man glaubt, daß
die hinterſten Faſern, welche von der Hirnſchwiele und
dem eirunden Mittelpunkte entſpringen, etwas zu den
Sehnerven und Geruchsnerven c, hinfuͤhren koͤnnen, und
daß die Hippokampen denen Nerven, die von der Bruͤ-
cke entſpringen, etwas mittheilen moͤgen, daß das Ge-
woͤlbe dem Sehnerven [Spaltenumbruch] d, der Hintere und die Hoden der
Bruͤcke zu gute kommen e, daß die Fortſaͤtze das Mark
des kleinen Gehirns zum Ruͤckenmarke verſenden, daß
ſich das Mark des groſſen Gehirns, auf die Art, wie
geſagt worden, in die Piramidenkoͤrper begebe, und daß
vermittelſt der, von den Hoden herabgehenden Fortſaͤ-
tzen, etwas vom groſſen Gehirne, zum kleinen uͤbergehen
koͤnne.

Ueberhaupt zu reden, ſo ſcheinen alle dieſe Vereini-
gungen den gemeinſchaftlichen Nutzen zu haben, daß der
geſunde Theil des Gehirns dem kranken Theile zu Huͤlfe
komme, und daß einige noch vollkommne Roͤhrchen von
den unverletzten Theilen, denenienigen Nerven, deren
beſondre Gegend verſtopft iſt, etwas gutes zufuͤhren moͤ-
gen. Und da oft ein groſſer Theil des Gehirns beſchaͤ-
digt worden, ſo dauren doch die Sinnen und Bewegun-
gen noch eine Zeitlang fort, weil ſie, wie es ſcheint,
durch dieſe Beihuͤlfe unterſtuͤtzt werden. Man ſcheint
hieraus zu verſtehen, warum aus einer ſolchen groſſen f
Gehirnmaſſe nur ſo wenige und ſo kleine Nerven heraus-
kommen, wenn man ſie mit dem Ruͤckenmarke in Ver-
gleichung ſtellt. Und ſo koͤnnte es auch geſchehen, daß
mehrere Markroͤhrchen in einem einzigen Nervenfaden
zuſammen kommen.

[Spaltenumbruch]

Wenn
laͤngerte Mark ausmachen, noch
beſſer zu ſehen ſind, Senac. T. II.
p.
689.
c Ridley p. 194.
d Idem p. 195.
e Idem p. 196.
f Neun Paare vom Gehirn,
dreißig vom Ruͤckenmarke p. 253.
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[628/0664] Das Gehirn und die Nerven. X. Buch. Nothwendig muͤſſen dieſe markige Zuſammenhaͤnge der Gehirntheile ihren Nutzen haben. Man glaubt, daß die hinterſten Faſern, welche von der Hirnſchwiele und dem eirunden Mittelpunkte entſpringen, etwas zu den Sehnerven und Geruchsnerven c, hinfuͤhren koͤnnen, und daß die Hippokampen denen Nerven, die von der Bruͤ- cke entſpringen, etwas mittheilen moͤgen, daß das Ge- woͤlbe dem Sehnerven d, der Hintere und die Hoden der Bruͤcke zu gute kommen e, daß die Fortſaͤtze das Mark des kleinen Gehirns zum Ruͤckenmarke verſenden, daß ſich das Mark des groſſen Gehirns, auf die Art, wie geſagt worden, in die Piramidenkoͤrper begebe, und daß vermittelſt der, von den Hoden herabgehenden Fortſaͤ- tzen, etwas vom groſſen Gehirne, zum kleinen uͤbergehen koͤnne. Ueberhaupt zu reden, ſo ſcheinen alle dieſe Vereini- gungen den gemeinſchaftlichen Nutzen zu haben, daß der geſunde Theil des Gehirns dem kranken Theile zu Huͤlfe komme, und daß einige noch vollkommne Roͤhrchen von den unverletzten Theilen, denenienigen Nerven, deren beſondre Gegend verſtopft iſt, etwas gutes zufuͤhren moͤ- gen. Und da oft ein groſſer Theil des Gehirns beſchaͤ- digt worden, ſo dauren doch die Sinnen und Bewegun- gen noch eine Zeitlang fort, weil ſie, wie es ſcheint, durch dieſe Beihuͤlfe unterſtuͤtzt werden. Man ſcheint hieraus zu verſtehen, warum aus einer ſolchen groſſen f Gehirnmaſſe nur ſo wenige und ſo kleine Nerven heraus- kommen, wenn man ſie mit dem Ruͤckenmarke in Ver- gleichung ſtellt. Und ſo koͤnnte es auch geſchehen, daß mehrere Markroͤhrchen in einem einzigen Nervenfaden zuſammen kommen. Wenn b* c Ridley p. 194. d Idem p. 195. e Idem p. 196. f Neun Paare vom Gehirn, dreißig vom Ruͤckenmarke p. 253. b* laͤngerte Mark ausmachen, noch beſſer zu ſehen ſind, Senac. T. II. p. 689.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/664>, abgerufen am 22.11.2024.