Jn der That haben sie, wie ich an mir erfahre Recht, und dennoch bleibe ich bei dem obigen Ent- schlusse. Jch schone mich lieber. Vielleicht könn- te ich mich nicht enthalten, wenn ich auf ihre bit- tre Reden, und ungerechte Verleumdungen ant- worten wollte, die dem Menschen angebohrne Empfindlichkeiten aufzuopfern, und vielleicht wür- de meine Antwort einige Hizze verrathen. Nun- mehr ist es mir erträglicher, daß die Erbitterung meiner Feinde der Nachwelt in die Hand komme, als daß sie meine Hizze lesen soll. Ein redlicher Mann zu sein, der auch mit seinen Gegnern bil- lig verfährt, scheint mir mehr, als alle Ehre der Gelehrsamkeit werth zu sein; und es ist keine Schande, gar zu redlich zu sein, wofern bei dieser Tugend zugleich das Laster Plazz finden kann. Den Feinden hart zu fallen, und sich übel verdienten Personen furchtbar zu machen, scheint mir eine leichte Rolle zu sein, und es gehört kein grosser Wizz dazu, daß man schimpfen kann, wenn wir von dem Widerwillen unterstüzzt werden.
Jn-
Vorrede.
Jn der That haben ſie, wie ich an mir erfahre Recht, und dennoch bleibe ich bei dem obigen Ent- ſchluſſe. Jch ſchone mich lieber. Vielleicht koͤnn- te ich mich nicht enthalten, wenn ich auf ihre bit- tre Reden, und ungerechte Verleumdungen ant- worten wollte, die dem Menſchen angebohrne Empfindlichkeiten aufzuopfern, und vielleicht wuͤr- de meine Antwort einige Hizze verrathen. Nun- mehr iſt es mir ertraͤglicher, daß die Erbitterung meiner Feinde der Nachwelt in die Hand komme, als daß ſie meine Hizze leſen ſoll. Ein redlicher Mann zu ſein, der auch mit ſeinen Gegnern bil- lig verfaͤhrt, ſcheint mir mehr, als alle Ehre der Gelehrſamkeit werth zu ſein; und es iſt keine Schande, gar zu redlich zu ſein, wofern bei dieſer Tugend zugleich das Laſter Plazz finden kann. Den Feinden hart zu fallen, und ſich uͤbel verdienten Perſonen furchtbar zu machen, ſcheint mir eine leichte Rolle zu ſein, und es gehoͤrt kein groſſer Wizz dazu, daß man ſchimpfen kann, wenn wir von dem Widerwillen unterſtuͤzzt werden.
Jn-
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[VI/0010]
Vorrede.
Jn der That haben ſie, wie ich an mir erfahre
Recht, und dennoch bleibe ich bei dem obigen Ent-
ſchluſſe. Jch ſchone mich lieber. Vielleicht koͤnn-
te ich mich nicht enthalten, wenn ich auf ihre bit-
tre Reden, und ungerechte Verleumdungen ant-
worten wollte, die dem Menſchen angebohrne
Empfindlichkeiten aufzuopfern, und vielleicht wuͤr-
de meine Antwort einige Hizze verrathen. Nun-
mehr iſt es mir ertraͤglicher, daß die Erbitterung
meiner Feinde der Nachwelt in die Hand komme,
als daß ſie meine Hizze leſen ſoll. Ein redlicher
Mann zu ſein, der auch mit ſeinen Gegnern bil-
lig verfaͤhrt, ſcheint mir mehr, als alle Ehre der
Gelehrſamkeit werth zu ſein; und es iſt keine
Schande, gar zu redlich zu ſein, wofern bei
dieſer Tugend zugleich das Laſter Plazz finden
kann. Den Feinden hart zu fallen, und ſich uͤbel
verdienten Perſonen furchtbar zu machen, ſcheint
mir eine leichte Rolle zu ſein, und es gehoͤrt kein
groſſer Wizz dazu, daß man ſchimpfen kann, wenn
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/10>, abgerufen am 21.11.2024.
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