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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Das Sehen. XVI. Buch.
weil ihr Auge von diesen Ursachen allmählig länger ge-
worden.

Jch bin auch nicht darwider, daß man von der
Menge der glässernen Feuchtigkeit, welche die Nezzhaut
von der Crystallinse trennet, kurzsichtig werden könne (o).

Gemeiniglich haben solche Leute auch einen breiten
Stern (p), indem die Menge der Feuchtigkeiten, den
Stern erweitern, und ihre Wenigkeit verengern hilft (q).

Von allen diesen Ursachen rührt es her, daß sie ent-
fernte Dinge dunkel, und ganz nahe deutlich sehen: Jn-
dem ihr Bild, welches fast von paralelen Strahlen ge-
mahlt wird (r), von einem gesunden Auge auf die Nezz-
haut getrieben werden müste: so hat nun das Auge eines
Kurzsichtigen, mehr brechende Kräfte, und eine grössere
Convexität und Dichtigkeit in sich: und folglich zeichnet
sich das Bild oder der Brennpunkt eher ab, als die
Strahlen die Nezzhaut erreichen können, und dennoch
zerstreuen sich, die in den Brennpunkte versammlete
Strahlen von neuen wieder, und daher sehen sie entfernte
Dinge undeutlich.

Diese Leute sehen hingegen ganz nahe Dinge sehr
wohl und auf das deutlichste, weil der Winkel der nahen
Dinge, unter welchen die Strahlen ins Auge fallen, groß
ist, und diese Strahlen sehr divergiren, zu deren Wie-
dervereinigung, der Kurzsichtige, die übermäßigen Kräf-
te seines Auges mit Nuzzen verwendet. Jch sehe ganz
nahe Dinge auf das subtilste, und habe diesen Versuch
mit andern öfters wiederholet.

Der-
(o) [Spaltenumbruch] La HIRE p. 558.
(p) PORTERFIELD l. p. 178.
BUFFON Histoire natur. T. III.
p. 331. la HIRE
beim du HAMEL
pag. 320. SAUVAGES amblyop.
pag.
20. Er sagt noch, daß der
[Spaltenumbruch] Brennpunkt an optischen Jnstru-
menten näher komme, wenn die
Oeffnung des Diaphragmatis brei-
ter gemacht wird. p. 24.
(q) pag. 376.
(r) p. 448. 449.

Das Sehen. XVI. Buch.
weil ihr Auge von dieſen Urſachen allmaͤhlig laͤnger ge-
worden.

Jch bin auch nicht darwider, daß man von der
Menge der glaͤſſernen Feuchtigkeit, welche die Nezzhaut
von der Cryſtallinſe trennet, kurzſichtig werden koͤnne (o).

Gemeiniglich haben ſolche Leute auch einen breiten
Stern (p), indem die Menge der Feuchtigkeiten, den
Stern erweitern, und ihre Wenigkeit verengern hilft (q).

Von allen dieſen Urſachen ruͤhrt es her, daß ſie ent-
fernte Dinge dunkel, und ganz nahe deutlich ſehen: Jn-
dem ihr Bild, welches faſt von paralelen Strahlen ge-
mahlt wird (r), von einem geſunden Auge auf die Nezz-
haut getrieben werden muͤſte: ſo hat nun das Auge eines
Kurzſichtigen, mehr brechende Kraͤfte, und eine groͤſſere
Convexitaͤt und Dichtigkeit in ſich: und folglich zeichnet
ſich das Bild oder der Brennpunkt eher ab, als die
Strahlen die Nezzhaut erreichen koͤnnen, und dennoch
zerſtreuen ſich, die in den Brennpunkte verſammlete
Strahlen von neuen wieder, und daher ſehen ſie entfernte
Dinge undeutlich.

Dieſe Leute ſehen hingegen ganz nahe Dinge ſehr
wohl und auf das deutlichſte, weil der Winkel der nahen
Dinge, unter welchen die Strahlen ins Auge fallen, groß
iſt, und dieſe Strahlen ſehr divergiren, zu deren Wie-
dervereinigung, der Kurzſichtige, die uͤbermaͤßigen Kraͤf-
te ſeines Auges mit Nuzzen verwendet. Jch ſehe ganz
nahe Dinge auf das ſubtilſte, und habe dieſen Verſuch
mit andern oͤfters wiederholet.

Der-
(o) [Spaltenumbruch] La HIRE p. 558.
(p) PORTERFIELD l. p. 178.
BUFFON Hiſtoire natur. T. III.
p. 331. la HIRE
beim du HAMEL
pag. 320. SAUVAGES amblyop.
pag.
20. Er ſagt noch, daß der
[Spaltenumbruch] Brennpunkt an optiſchen Jnſtru-
menten naͤher komme, wenn die
Oeffnung des Diaphragmatis brei-
ter gemacht wird. p. 24.
(q) pag. 376.
(r) p. 448. 449.
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[996/1014] Das Sehen. XVI. Buch. weil ihr Auge von dieſen Urſachen allmaͤhlig laͤnger ge- worden. Jch bin auch nicht darwider, daß man von der Menge der glaͤſſernen Feuchtigkeit, welche die Nezzhaut von der Cryſtallinſe trennet, kurzſichtig werden koͤnne (o). Gemeiniglich haben ſolche Leute auch einen breiten Stern (p), indem die Menge der Feuchtigkeiten, den Stern erweitern, und ihre Wenigkeit verengern hilft (q). Von allen dieſen Urſachen ruͤhrt es her, daß ſie ent- fernte Dinge dunkel, und ganz nahe deutlich ſehen: Jn- dem ihr Bild, welches faſt von paralelen Strahlen ge- mahlt wird (r), von einem geſunden Auge auf die Nezz- haut getrieben werden muͤſte: ſo hat nun das Auge eines Kurzſichtigen, mehr brechende Kraͤfte, und eine groͤſſere Convexitaͤt und Dichtigkeit in ſich: und folglich zeichnet ſich das Bild oder der Brennpunkt eher ab, als die Strahlen die Nezzhaut erreichen koͤnnen, und dennoch zerſtreuen ſich, die in den Brennpunkte verſammlete Strahlen von neuen wieder, und daher ſehen ſie entfernte Dinge undeutlich. Dieſe Leute ſehen hingegen ganz nahe Dinge ſehr wohl und auf das deutlichſte, weil der Winkel der nahen Dinge, unter welchen die Strahlen ins Auge fallen, groß iſt, und dieſe Strahlen ſehr divergiren, zu deren Wie- dervereinigung, der Kurzſichtige, die uͤbermaͤßigen Kraͤf- te ſeines Auges mit Nuzzen verwendet. Jch ſehe ganz nahe Dinge auf das ſubtilſte, und habe dieſen Verſuch mit andern oͤfters wiederholet. Der- (o) La HIRE p. 558. (p) PORTERFIELD l. p. 178. BUFFON Hiſtoire natur. T. III. p. 331. la HIRE beim du HAMEL pag. 320. SAUVAGES amblyop. pag. 20. Er ſagt noch, daß der Brennpunkt an optiſchen Jnſtru- menten naͤher komme, wenn die Oeffnung des Diaphragmatis brei- ter gemacht wird. p. 24. (q) pag. 376. (r) p. 448. 449.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 996. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1014>, abgerufen am 22.11.2024.