lohrnes Hausgeräthe wieder; so verfolgt uns das verhaste Bild eines Feindes im Traume; und es verleitet mich die Liebe zu den Pflanzen in unwegsame Gegenden. Da- her kömmt es, daß uns die Träume gemeiniglich nur an die sichtbaren Bilder (a), und die Gespräche, selten aber an Speise und Trank, oder die nothwendige Ausleerung der Unreinigkeiten, es sei denn bei einer gegenwärtigen Empfindung erinnern; indem uns die Einbildungskraft auch im wachenden Zustande gemeiniglich Bilder und Tö- ne vorstellt.
Die durch die Einbildung aufgefrischte Spuren der Dinge, bringen uns ebenfalls, Kraft der Aehnlichkeit ver- wandter Jdeen, alle dahin einschlagende Jdeen wieder ins Gedächtnis; und wir erinnern uns an die Kleidun- gen des Freundes, an die mit ihm zugebrachten Tage, an die Spiele, an die Kartenspiele, Wiesen, Landgüter, Gerichtshöfe, und obrigkeitliche Geschäfte, die wir mit ihm verwaltet haben.
Wenn man nun nach der mechanischen Ursache der Träume frägt, so pflegt man uns zu antworten, es sei dieses (b) ein aus Schlaf und Wachen gemischter Zustand, und es gehöret dazu, daß in dem übrigens ruhigen Ge- hirne, nur einerlei Art von Lebensgeistern ergänzt werden (c), und daß ein Theil des Gehirns für selbige offen blei- be, da das übrige Gehirn völlige Ruhe geniesset (d), und die Lebensgeister darinnen keinen Umlauf verrichten.
Man wird leicht gewahr, daß Träume entstehen müs- sen, so oft irgend ein gegenwärtiger Reizz, oder die Spur von einer vorigen Empfindung, so lebhaft wird, daß sie die Ruhe der Seele stören, und derselben ihre Vor-
stellung
(a)[Spaltenumbruch]BUFFON T. IV. pag. 68. doch ist unrecht, daß man wenig hören soll, denn man plaudert im Traume gern.
(b)SUPPRIAN p. 48. 49.
(c)[Spaltenumbruch]FORMEY l. c. p. 326. add. BAYLE p. 526.
(d)DESCARTES de hom. p. 122 BOERHAAVE Praelect. T. IV. p. 564. WILLIS anim. brut. p. 171. Prim. tin. n. 565.
Der Schlaf. XVII. Buch.
lohrnes Hausgeraͤthe wieder; ſo verfolgt uns das verhaſte Bild eines Feindes im Traume; und es verleitet mich die Liebe zu den Pflanzen in unwegſame Gegenden. Da- her koͤmmt es, daß uns die Traͤume gemeiniglich nur an die ſichtbaren Bilder (a), und die Geſpraͤche, ſelten aber an Speiſe und Trank, oder die nothwendige Ausleerung der Unreinigkeiten, es ſei denn bei einer gegenwaͤrtigen Empfindung erinnern; indem uns die Einbildungskraft auch im wachenden Zuſtande gemeiniglich Bilder und Toͤ- ne vorſtellt.
Die durch die Einbildung aufgefriſchte Spuren der Dinge, bringen uns ebenfalls, Kraft der Aehnlichkeit ver- wandter Jdeen, alle dahin einſchlagende Jdeen wieder ins Gedaͤchtnis; und wir erinnern uns an die Kleidun- gen des Freundes, an die mit ihm zugebrachten Tage, an die Spiele, an die Kartenſpiele, Wieſen, Landguͤter, Gerichtshoͤfe, und obrigkeitliche Geſchaͤfte, die wir mit ihm verwaltet haben.
Wenn man nun nach der mechaniſchen Urſache der Traͤume fraͤgt, ſo pflegt man uns zu antworten, es ſei dieſes (b) ein aus Schlaf und Wachen gemiſchter Zuſtand, und es gehoͤret dazu, daß in dem uͤbrigens ruhigen Ge- hirne, nur einerlei Art von Lebensgeiſtern ergaͤnzt werden (c), und daß ein Theil des Gehirns fuͤr ſelbige offen blei- be, da das uͤbrige Gehirn voͤllige Ruhe genieſſet (d), und die Lebensgeiſter darinnen keinen Umlauf verrichten.
Man wird leicht gewahr, daß Traͤume entſtehen muͤſ- ſen, ſo oft irgend ein gegenwaͤrtiger Reizz, oder die Spur von einer vorigen Empfindung, ſo lebhaft wird, daß ſie die Ruhe der Seele ſtoͤren, und derſelben ihre Vor-
ſtellung
(a)[Spaltenumbruch]BUFFON T. IV. pag. 68. doch iſt unrecht, daß man wenig hoͤren ſoll, denn man plaudert im Traume gern.
(b)SUPPRIAN p. 48. 49.
(c)[Spaltenumbruch]FORMEY l. c. p. 326. add. BAYLE p. 526.
(d)DESCARTES de hom. p. 122 BOERHAAVE Prælect. T. IV. p. 564. WILLIS anim. brut. p. 171. Prim. tin. n. 565.
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Der Schlaf. XVII. Buch.
lohrnes Hausgeraͤthe wieder; ſo verfolgt uns das verhaſte
Bild eines Feindes im Traume; und es verleitet mich
die Liebe zu den Pflanzen in unwegſame Gegenden. Da-
her koͤmmt es, daß uns die Traͤume gemeiniglich nur an
die ſichtbaren Bilder (a), und die Geſpraͤche, ſelten aber
an Speiſe und Trank, oder die nothwendige Ausleerung
der Unreinigkeiten, es ſei denn bei einer gegenwaͤrtigen
Empfindung erinnern; indem uns die Einbildungskraft
auch im wachenden Zuſtande gemeiniglich Bilder und Toͤ-
ne vorſtellt.
Die durch die Einbildung aufgefriſchte Spuren der
Dinge, bringen uns ebenfalls, Kraft der Aehnlichkeit ver-
wandter Jdeen, alle dahin einſchlagende Jdeen wieder
ins Gedaͤchtnis; und wir erinnern uns an die Kleidun-
gen des Freundes, an die mit ihm zugebrachten Tage,
an die Spiele, an die Kartenſpiele, Wieſen, Landguͤter,
Gerichtshoͤfe, und obrigkeitliche Geſchaͤfte, die wir mit
ihm verwaltet haben.
Wenn man nun nach der mechaniſchen Urſache der
Traͤume fraͤgt, ſo pflegt man uns zu antworten, es ſei
dieſes (b) ein aus Schlaf und Wachen gemiſchter Zuſtand,
und es gehoͤret dazu, daß in dem uͤbrigens ruhigen Ge-
hirne, nur einerlei Art von Lebensgeiſtern ergaͤnzt werden
(c), und daß ein Theil des Gehirns fuͤr ſelbige offen blei-
be, da das uͤbrige Gehirn voͤllige Ruhe genieſſet (d), und
die Lebensgeiſter darinnen keinen Umlauf verrichten.
Man wird leicht gewahr, daß Traͤume entſtehen muͤſ-
ſen, ſo oft irgend ein gegenwaͤrtiger Reizz, oder die Spur
von einer vorigen Empfindung, ſo lebhaft wird, daß
ſie die Ruhe der Seele ſtoͤren, und derſelben ihre Vor-
ſtellung
(a)
BUFFON T. IV. pag. 68.
doch iſt unrecht, daß man wenig
hoͤren ſoll, denn man plaudert im
Traume gern.
(b) SUPPRIAN p. 48. 49.
(c)
FORMEY l. c. p. 326. add.
BAYLE p. 526.
(d) DESCARTES de hom. p.
122 BOERHAAVE Prælect. T. IV.
p. 564. WILLIS anim. brut. p. 171.
Prim. tin. n. 565.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1198>, abgerufen am 23.11.2024.
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