§. 25. Die flüssige Ursachen zu der Bewegung der Muskeln.
Wir haben bisher diejenige Lehrarten vorgetragen, welche man über den Bau der festen Theile einer Faser ausgesonnen. Da aber die meisten von diesen Hipotesen wenig Gründlichkeit haben, um ein so grosses Vermögen zu begreifen, als Muskeln auszuüben gewont sind, so nah- men die vornemsten Schriftsteller des verflossnen Jarhun- derts ihre Zuflucht zu dem Aufbrausen widerwärtiger Sal- ze, um damit die Vorfälle in der Phisiologie zu erleutern. Es trug zuerst Thomas Willis(y), wiewohl auf eine be- scheidene und mistrauische Art das Aufbrausen zwischen dem geistsalzigen Nervenflüssigen, und dem schwefligen, oder salpetrigen Blute vor. Saure Geister, und ein alka- lisches Blut führte J. Alphons Borellus(z) ein, weil er durch eine grössere Notwendigkeit zu dieser Hipotese ver- leitet wurde, da er selbst gestand, daß die Mechanik der Muskeln zur Verminderung, und nicht zur Verme- rung derselben angeordnet sei. Daher konnte er sast nicht umhin, eine Kraft, wodurch Muskeln ausgedehnt wür- den, und welche vom Zusammenziehen der festen Theile verschieden sei, zu Hülfe zu nehmen. Dergleichen, näm- lich einen Streit zwischen dem Nervensafte und dem Blute, und das daher rührende Verdünnen und Erweitern der Fäsergen, trug auch Bellin(a), Wilhelm Croone(b), nebst andern vor (c). Peter Chirac leitet die Sache von dem luftigen Nitergeiste, welcher mit den alkalischen Salzen des Blutes in Kampf gerathe, her (d).
J. Ber-
(y)[Spaltenumbruch]de motu musc. p. 134. de morb. convuls. p. 3.
(z)L. II. propos. 27. 79.
(a)Ad Lector. de mot. musc. n. 15. dis. 10. pag. 233.
(b) Wenn sie sich in der Fasern [Spaltenumbruch]
Zwischenräume ergossen haben. p. 23. 24.
(c)DUNCAN p. 309. BAYLE oper. p. 72. PITCARNE Elem. II. c. 29. n. 8.
(d)BESSE Anal. T. I. p. 132. PURGEL of vapours p. 105.
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
§. 25. Die fluͤſſige Urſachen zu der Bewegung der Muſkeln.
Wir haben bisher diejenige Lehrarten vorgetragen, welche man uͤber den Bau der feſten Theile einer Faſer ausgeſonnen. Da aber die meiſten von dieſen Hipoteſen wenig Gruͤndlichkeit haben, um ein ſo groſſes Vermoͤgen zu begreifen, als Muſkeln auszuuͤben gewont ſind, ſo nah- men die vornemſten Schriftſteller des verfloſſnen Jarhun- derts ihre Zuflucht zu dem Aufbrauſen widerwaͤrtiger Sal- ze, um damit die Vorfaͤlle in der Phiſiologie zu erleutern. Es trug zuerſt Thomas Willis(y), wiewohl auf eine be- ſcheidene und mistrauiſche Art das Aufbrauſen zwiſchen dem geiſtſalzigen Nervenfluͤſſigen, und dem ſchwefligen, oder ſalpetrigen Blute vor. Saure Geiſter, und ein alka- liſches Blut fuͤhrte J. Alphons Borellus(z) ein, weil er durch eine groͤſſere Notwendigkeit zu dieſer Hipoteſe ver- leitet wurde, da er ſelbſt geſtand, daß die Mechanik der Muſkeln zur Verminderung, und nicht zur Verme- rung derſelben angeordnet ſei. Daher konnte er ſaſt nicht umhin, eine Kraft, wodurch Muſkeln ausgedehnt wuͤr- den, und welche vom Zuſammenziehen der feſten Theile verſchieden ſei, zu Huͤlfe zu nehmen. Dergleichen, naͤm- lich einen Streit zwiſchen dem Nervenſafte und dem Blute, und das daher ruͤhrende Verduͤnnen und Erweitern der Faͤſergen, trug auch Bellin(a), Wilhelm Croone(b), nebſt andern vor (c). Peter Chirac leitet die Sache von dem luftigen Nitergeiſte, welcher mit den alkaliſchen Salzen des Blutes in Kampf gerathe, her (d).
J. Ber-
(y)[Spaltenumbruch]de motu muſc. p. 134. de morb. convulſ. p. 3.
(z)L. II. propoſ. 27. 79.
(a)Ad Lector. de mot. muſc. n. 15. diſ. 10. pag. 233.
(b) Wenn ſie ſich in der Faſern [Spaltenumbruch]
Zwiſchenraͤume ergoſſen haben. p. 23. 24.
(c)DUNCAN p. 309. BAYLE oper. p. 72. PITCARNE Elem. II. c. 29. n. 8.
(d)BESSE Anal. T. I. p. 132. PURGEL of vapours p. 105.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0198"n="180"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Thieriſche Bewegung. <hirendition="#aq">XI.</hi> Buch.</hi></fw><lb/><divn="2"><head>§. 25.<lb/>
Die fluͤſſige Urſachen zu der Bewegung der<lb/>
Muſkeln.</head><lb/><p>Wir haben bisher diejenige Lehrarten vorgetragen,<lb/>
welche man uͤber den Bau der feſten Theile einer Faſer<lb/>
ausgeſonnen. Da aber die meiſten von dieſen Hipoteſen<lb/>
wenig Gruͤndlichkeit haben, um ein ſo groſſes Vermoͤgen<lb/>
zu begreifen, als Muſkeln auszuuͤben gewont ſind, ſo nah-<lb/>
men die vornemſten Schriftſteller des verfloſſnen Jarhun-<lb/>
derts ihre Zuflucht zu dem Aufbrauſen widerwaͤrtiger Sal-<lb/>
ze, um damit die Vorfaͤlle in der Phiſiologie zu erleutern.<lb/>
Es trug zuerſt Thomas <hirendition="#fr">Willis</hi><noteplace="foot"n="(y)"><cb/><hirendition="#aq">de motu muſc. p. 134. de<lb/>
morb. convulſ. p.</hi> 3.</note>, wiewohl auf eine be-<lb/>ſcheidene und mistrauiſche Art das Aufbrauſen zwiſchen<lb/>
dem geiſtſalzigen Nervenfluͤſſigen, und dem ſchwefligen,<lb/>
oder ſalpetrigen Blute vor. Saure Geiſter, und ein alka-<lb/>
liſches Blut fuͤhrte J. Alphons <hirendition="#fr">Borellus</hi><noteplace="foot"n="(z)"><hirendition="#aq">L. II. propoſ.</hi> 27. 79.</note> ein, weil<lb/>
er durch eine groͤſſere Notwendigkeit zu dieſer Hipoteſe ver-<lb/>
leitet wurde, da er ſelbſt geſtand, daß die Mechanik<lb/>
der Muſkeln zur Verminderung, und nicht zur Verme-<lb/>
rung derſelben angeordnet ſei. Daher konnte er ſaſt nicht<lb/>
umhin, eine Kraft, wodurch Muſkeln ausgedehnt wuͤr-<lb/>
den, und welche vom Zuſammenziehen der feſten Theile<lb/>
verſchieden ſei, zu Huͤlfe zu nehmen. Dergleichen, naͤm-<lb/>
lich einen Streit zwiſchen dem Nervenſafte und dem Blute,<lb/>
und das daher ruͤhrende Verduͤnnen und Erweitern der<lb/>
Faͤſergen, trug auch <hirendition="#fr">Bellin</hi><noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq">Ad Lector. de mot. muſc.<lb/>
n. 15. diſ. 10. pag.</hi> 233.</note>, Wilhelm <hirendition="#fr">Croone</hi><noteplace="foot"n="(b)">Wenn ſie ſich in der Faſern<lb/><cb/>
Zwiſchenraͤume ergoſſen haben. <hirendition="#aq">p.</hi><lb/>
23. 24.</note>,<lb/>
nebſt andern vor <noteplace="foot"n="(c)"><hirendition="#aq">DUNCAN p. 309. BAYLE<lb/>
oper. p. 72. PITCARNE Elem. II.<lb/>
c. 29. n.</hi> 8.</note>. Peter <hirendition="#fr">Chirac</hi> leitet die Sache von<lb/>
dem luftigen Nitergeiſte, welcher mit den alkaliſchen Salzen<lb/>
des Blutes in Kampf gerathe, her <noteplace="foot"n="(d)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">BESSE</hi> Anal. T. I. p. 132.<lb/><hirendition="#g">PURGEL</hi> of vapours p.</hi> 105.</note>.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">J. <hirendition="#fr">Ber-</hi></fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[180/0198]
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
§. 25.
Die fluͤſſige Urſachen zu der Bewegung der
Muſkeln.
Wir haben bisher diejenige Lehrarten vorgetragen,
welche man uͤber den Bau der feſten Theile einer Faſer
ausgeſonnen. Da aber die meiſten von dieſen Hipoteſen
wenig Gruͤndlichkeit haben, um ein ſo groſſes Vermoͤgen
zu begreifen, als Muſkeln auszuuͤben gewont ſind, ſo nah-
men die vornemſten Schriftſteller des verfloſſnen Jarhun-
derts ihre Zuflucht zu dem Aufbrauſen widerwaͤrtiger Sal-
ze, um damit die Vorfaͤlle in der Phiſiologie zu erleutern.
Es trug zuerſt Thomas Willis (y), wiewohl auf eine be-
ſcheidene und mistrauiſche Art das Aufbrauſen zwiſchen
dem geiſtſalzigen Nervenfluͤſſigen, und dem ſchwefligen,
oder ſalpetrigen Blute vor. Saure Geiſter, und ein alka-
liſches Blut fuͤhrte J. Alphons Borellus (z) ein, weil
er durch eine groͤſſere Notwendigkeit zu dieſer Hipoteſe ver-
leitet wurde, da er ſelbſt geſtand, daß die Mechanik
der Muſkeln zur Verminderung, und nicht zur Verme-
rung derſelben angeordnet ſei. Daher konnte er ſaſt nicht
umhin, eine Kraft, wodurch Muſkeln ausgedehnt wuͤr-
den, und welche vom Zuſammenziehen der feſten Theile
verſchieden ſei, zu Huͤlfe zu nehmen. Dergleichen, naͤm-
lich einen Streit zwiſchen dem Nervenſafte und dem Blute,
und das daher ruͤhrende Verduͤnnen und Erweitern der
Faͤſergen, trug auch Bellin (a), Wilhelm Croone (b),
nebſt andern vor (c). Peter Chirac leitet die Sache von
dem luftigen Nitergeiſte, welcher mit den alkaliſchen Salzen
des Blutes in Kampf gerathe, her (d).
J. Ber-
(y)
de motu muſc. p. 134. de
morb. convulſ. p. 3.
(z) L. II. propoſ. 27. 79.
(a) Ad Lector. de mot. muſc.
n. 15. diſ. 10. pag. 233.
(b) Wenn ſie ſich in der Faſern
Zwiſchenraͤume ergoſſen haben. p.
23. 24.
(c) DUNCAN p. 309. BAYLE
oper. p. 72. PITCARNE Elem. II.
c. 29. n. 8.
(d) BESSE Anal. T. I. p. 132.
PURGEL of vapours p. 105.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/198>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.