scheidenden Werkzeuge abhängt; doch aber bekömmt diese Theorie von den Erscheinungen einige Warscheinlichkeit. Denn da es gewis ist, daß die Absonderung der Milch, der Trähnen, des Nasenschleims, des Saftes im Magen, den Gedärmen, der Harnröhre, und der Schweis der Haut schon von dem blossen Reize (f) anwächst, so scheint es nicht unwarscheinlich zu sein, wenn gleich keine gar zu grosse Schärfe in diesen Säften vorhanden ist, daß den- noch in dem scharfen Wesen dieser Säfte etwas liegen müsse, wodurch ihre besondre Werkzeuge zur Absonderung gereizt werden.
Es ist die Ausführung eine deutlichere Folge des Rei- zes, indem kein Zweifel ist, daß nicht der Reiz (h), den man an irgend ein Scheidewerkzeug anbringt, die Aus- führung der Säfte beschleunigen sollte, es mag nun dieser Saft blos von Gefässen abgeschieden werden, als der Spei- chel, die Trähnen, oder aus Bläsgen geschehen, als der Schleim der Harnröhre, oder der Nase, oder es mag sich diese Flüssigkeit in hole Blasen sammeln, als der Urin und Saamen. Folglich läst es sich vermuten, daß das reiz- bare Wesen von grossem Umfange sei, und daß so leicht keine Ausführungswege ohne Reizbarkeit sind.
Man hat angemerkt, daß sich Fasern, nicht bei allen Arten von Reizen, gleich reizbar verhalten (h*). Es zieht sich das Herz, und Gedärme, wenn man in sie Luft einbläst, stärker, als vom Wasser, oder irgend einem Gifte zusammen. Es kann die Harnblase einen scharfen Urin vertragen, aber keinen Eiter, oder Blut (i). So vertragen die Augen scharfe Spiesglasarzneien, aber kei- nen Rauch oder scharfe Zwiebeldünste. Die Nase nieset nicht bei allen, ja den schärfsten Sachen nicht, wie (g)
von
(f)[Spaltenumbruch]L. VII. p. 438. 439. 440.
(h)L. VII. pag. 455. seqq. 138. seqq. CIGNA pag. 281.
(h*)[Spaltenumbruch]WHYTT vital. mot. p. 50. de MAN. de natur. pag. 4.
(i)CHESELDEN.
(g)pag. 442.
IV. Abſchnitt. Nuzzen.
ſcheidenden Werkzeuge abhaͤngt; doch aber bekoͤmmt dieſe Theorie von den Erſcheinungen einige Warſcheinlichkeit. Denn da es gewis iſt, daß die Abſonderung der Milch, der Traͤhnen, des Naſenſchleims, des Saftes im Magen, den Gedaͤrmen, der Harnroͤhre, und der Schweis der Haut ſchon von dem bloſſen Reize (f) anwaͤchſt, ſo ſcheint es nicht unwarſcheinlich zu ſein, wenn gleich keine gar zu groſſe Schaͤrfe in dieſen Saͤften vorhanden iſt, daß den- noch in dem ſcharfen Weſen dieſer Saͤfte etwas liegen muͤſſe, wodurch ihre beſondre Werkzeuge zur Abſonderung gereizt werden.
Es iſt die Ausfuͤhrung eine deutlichere Folge des Rei- zes, indem kein Zweifel iſt, daß nicht der Reiz (h), den man an irgend ein Scheidewerkzeug anbringt, die Aus- fuͤhrung der Saͤfte beſchleunigen ſollte, es mag nun dieſer Saft blos von Gefaͤſſen abgeſchieden werden, als der Spei- chel, die Traͤhnen, oder aus Blaͤsgen geſchehen, als der Schleim der Harnroͤhre, oder der Naſe, oder es mag ſich dieſe Fluͤſſigkeit in hole Blaſen ſammeln, als der Urin und Saamen. Folglich laͤſt es ſich vermuten, daß das reiz- bare Weſen von groſſem Umfange ſei, und daß ſo leicht keine Ausfuͤhrungswege ohne Reizbarkeit ſind.
Man hat angemerkt, daß ſich Faſern, nicht bei allen Arten von Reizen, gleich reizbar verhalten (h*). Es zieht ſich das Herz, und Gedaͤrme, wenn man in ſie Luft einblaͤſt, ſtaͤrker, als vom Waſſer, oder irgend einem Gifte zuſammen. Es kann die Harnblaſe einen ſcharfen Urin vertragen, aber keinen Eiter, oder Blut (i). So vertragen die Augen ſcharfe Spiesglasarzneien, aber kei- nen Rauch oder ſcharfe Zwiebelduͤnſte. Die Naſe nieſet nicht bei allen, ja den ſchaͤrfſten Sachen nicht, wie (g)
von
(f)[Spaltenumbruch]L. VII. p. 438. 439. 440.
(h)L. VII. pag. 455. ſeqq. 138. ſeqq. CIGNA pag. 281.
(h*)[Spaltenumbruch]WHYTT vital. mot. p. 50. de MAN. de natur. pag. 4.
(i)CHESELDEN.
(g)pag. 442.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0237"n="219"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IV.</hi> Abſchnitt. Nuzzen.</hi></fw><lb/>ſcheidenden Werkzeuge abhaͤngt; doch aber bekoͤmmt dieſe<lb/>
Theorie von den Erſcheinungen einige Warſcheinlichkeit.<lb/>
Denn da es gewis iſt, daß die Abſonderung der Milch,<lb/>
der Traͤhnen, des Naſenſchleims, des Saftes im Magen,<lb/>
den Gedaͤrmen, der Harnroͤhre, und der Schweis der<lb/>
Haut ſchon von dem bloſſen Reize <noteplace="foot"n="(f)"><cb/><hirendition="#aq">L. VII. p.</hi> 438. 439. 440.</note> anwaͤchſt, ſo ſcheint<lb/>
es nicht unwarſcheinlich zu ſein, wenn gleich keine gar zu<lb/>
groſſe Schaͤrfe in dieſen Saͤften vorhanden iſt, daß den-<lb/>
noch in dem ſcharfen Weſen dieſer Saͤfte etwas liegen<lb/>
muͤſſe, wodurch ihre beſondre Werkzeuge zur Abſonderung<lb/>
gereizt werden.</p><lb/><p>Es iſt die Ausfuͤhrung eine deutlichere Folge des Rei-<lb/>
zes, indem kein Zweifel iſt, daß nicht der Reiz <noteplace="foot"n="(h)"><hirendition="#aq">L. VII. pag. 455. ſeqq. 138.<lb/>ſeqq. <hirendition="#g">CIGNA</hi> pag.</hi> 281.</note>, den<lb/>
man an irgend ein Scheidewerkzeug anbringt, die Aus-<lb/>
fuͤhrung der Saͤfte beſchleunigen ſollte, es mag nun dieſer<lb/>
Saft blos von Gefaͤſſen abgeſchieden werden, als der Spei-<lb/>
chel, die Traͤhnen, oder aus Blaͤsgen geſchehen, als der<lb/>
Schleim der Harnroͤhre, oder der Naſe, oder es mag ſich<lb/>
dieſe Fluͤſſigkeit in hole Blaſen ſammeln, als der Urin und<lb/>
Saamen. Folglich laͤſt es ſich vermuten, daß das reiz-<lb/>
bare Weſen von groſſem Umfange ſei, und daß ſo leicht<lb/>
keine Ausfuͤhrungswege ohne Reizbarkeit ſind.</p><lb/><p>Man hat angemerkt, daß ſich Faſern, nicht bei allen<lb/>
Arten von Reizen, gleich reizbar verhalten <noteplace="foot"n="(h*)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">WHYTT</hi> vital. mot. p.<lb/>
50. de <hirendition="#g">MAN.</hi> de natur. pag.</hi> 4.</note>. Es<lb/>
zieht ſich das Herz, und Gedaͤrme, wenn man in ſie Luft<lb/>
einblaͤſt, ſtaͤrker, als vom Waſſer, oder irgend einem<lb/>
Gifte zuſammen. Es kann die Harnblaſe einen ſcharfen<lb/>
Urin vertragen, aber keinen Eiter, oder Blut <noteplace="foot"n="(i)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">CHESELDEN.</hi></hi></note>. So<lb/>
vertragen die Augen ſcharfe Spiesglasarzneien, aber kei-<lb/>
nen Rauch oder ſcharfe Zwiebelduͤnſte. Die Naſe nieſet<lb/>
nicht bei allen, ja den ſchaͤrfſten Sachen nicht, wie<lb/><fwplace="bottom"type="catch">von</fw><lb/><noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq">pag.</hi> 442.</note><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[219/0237]
IV. Abſchnitt. Nuzzen.
ſcheidenden Werkzeuge abhaͤngt; doch aber bekoͤmmt dieſe
Theorie von den Erſcheinungen einige Warſcheinlichkeit.
Denn da es gewis iſt, daß die Abſonderung der Milch,
der Traͤhnen, des Naſenſchleims, des Saftes im Magen,
den Gedaͤrmen, der Harnroͤhre, und der Schweis der
Haut ſchon von dem bloſſen Reize (f) anwaͤchſt, ſo ſcheint
es nicht unwarſcheinlich zu ſein, wenn gleich keine gar zu
groſſe Schaͤrfe in dieſen Saͤften vorhanden iſt, daß den-
noch in dem ſcharfen Weſen dieſer Saͤfte etwas liegen
muͤſſe, wodurch ihre beſondre Werkzeuge zur Abſonderung
gereizt werden.
Es iſt die Ausfuͤhrung eine deutlichere Folge des Rei-
zes, indem kein Zweifel iſt, daß nicht der Reiz (h), den
man an irgend ein Scheidewerkzeug anbringt, die Aus-
fuͤhrung der Saͤfte beſchleunigen ſollte, es mag nun dieſer
Saft blos von Gefaͤſſen abgeſchieden werden, als der Spei-
chel, die Traͤhnen, oder aus Blaͤsgen geſchehen, als der
Schleim der Harnroͤhre, oder der Naſe, oder es mag ſich
dieſe Fluͤſſigkeit in hole Blaſen ſammeln, als der Urin und
Saamen. Folglich laͤſt es ſich vermuten, daß das reiz-
bare Weſen von groſſem Umfange ſei, und daß ſo leicht
keine Ausfuͤhrungswege ohne Reizbarkeit ſind.
Man hat angemerkt, daß ſich Faſern, nicht bei allen
Arten von Reizen, gleich reizbar verhalten (h*). Es
zieht ſich das Herz, und Gedaͤrme, wenn man in ſie Luft
einblaͤſt, ſtaͤrker, als vom Waſſer, oder irgend einem
Gifte zuſammen. Es kann die Harnblaſe einen ſcharfen
Urin vertragen, aber keinen Eiter, oder Blut (i). So
vertragen die Augen ſcharfe Spiesglasarzneien, aber kei-
nen Rauch oder ſcharfe Zwiebelduͤnſte. Die Naſe nieſet
nicht bei allen, ja den ſchaͤrfſten Sachen nicht, wie
von
(g)
(f)
L. VII. p. 438. 439. 440.
(h) L. VII. pag. 455. ſeqq. 138.
ſeqq. CIGNA pag. 281.
(h*)
WHYTT vital. mot. p.
50. de MAN. de natur. pag. 4.
(i) CHESELDEN.
(g) pag. 442.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/237>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.