dem Schlosse Altenklingen, nach Paris lief, und seinen Herren unter dem Haufen entdekkte, folgte blos der Aus- dünstungsmaterie des Sanktorius, welche über einem Wege schwebte, der hundert Meilen lang oder 1500000 Fus breit war, wenn man zehn Fus dazu annimmt, folglich eine Linie von 15000000 Quadratsus, und 2160000000 Zoll machte, welche man 144 mal nimmt, weil der Geruch des Hundes, der in seiner Nase einen Eindrukk machen soll, wenigstens eine Höhe der Atmo- sphär von zwo Menschenlängen ausfüllen mus; es wer- den also 311040000000 kubische Füsse voller Geruch- theile sein. Nun ist unsre Ausdünstung beinahe Wasser, welches mit einem feinem und wenig Geiste, den der Mensch nicht vom Wasser unterscheidet, mäßig vermischt ist. Es hatte der Mensch auf seiner dreitägigen Reise (e), auf welcher er nach Paris gekommen war, etwa 12 Pfun- de Wasser, und etwa 12 Gran an Geruchtheilen ausge- dünstet. Diese waren auf dem betretenen Wege auf tau- senderlei Art wieder verflogen. Man sezze, es wäre zwölf Tage hernach noch der tausende Theil davon übrig gewesen, so wird es, wenn man mäßig rechnet, den Theil eines einzigen Granes betragen, welcher eine Kubikzoll grossen Fläche, auf dem nach Pa- ris führenden Wege, so wirksam anfüllte, daß der Hund seinen Herren aus diesem Geruch erkennen konnte (f).
Folglich darf man sich nicht wundern, oder es für unglaublich halten, daß die Geier aus Asien, um die Körper in der Pharsalischen Niederlage zu verzehren, zu- sammen geslogen, oder daß Eulen in einer wütenden Pest auf denen Häusern sizzen, deren Geruch von einer, in den Kranken schon angehenden Fäulnis, das von Aessern le- bende Thiere herbeilokkt (g): oder daß man die Küste
Spani-
(e)[Spaltenumbruch]L. 12. § 7. dieses Werkes, und §. 13.
(f)[Spaltenumbruch]
Vergl. BOYLE. p. 98. 134. 135.
(g)SHAW travels. p. 182.
Der Geruch. XIV. Buch.
dem Schloſſe Altenklingen, nach Paris lief, und ſeinen Herren unter dem Haufen entdekkte, folgte blos der Aus- duͤnſtungsmaterie des Sanktorius, welche uͤber einem Wege ſchwebte, der hundert Meilen lang oder 1500000 Fus breit war, wenn man zehn Fus dazu annimmt, folglich eine Linie von 15000000 Quadratſus, und 2160000000 Zoll machte, welche man 144 mal nimmt, weil der Geruch des Hundes, der in ſeiner Naſe einen Eindrukk machen ſoll, wenigſtens eine Hoͤhe der Atmo- ſphaͤr von zwo Menſchenlaͤngen ausfuͤllen mus; es wer- den alſo 311040000000 kubiſche Fuͤſſe voller Geruch- theile ſein. Nun iſt unſre Ausduͤnſtung beinahe Waſſer, welches mit einem feinem und wenig Geiſte, den der Menſch nicht vom Waſſer unterſcheidet, maͤßig vermiſcht iſt. Es hatte der Menſch auf ſeiner dreitaͤgigen Reiſe (e), auf welcher er nach Paris gekommen war, etwa 12 Pfun- de Waſſer, und etwa 12 Gran an Geruchtheilen ausge- duͤnſtet. Dieſe waren auf dem betretenen Wege auf tau- ſenderlei Art wieder verflogen. Man ſezze, es waͤre zwoͤlf Tage hernach noch der tauſende Theil davon uͤbrig geweſen, ſo wird es, wenn man maͤßig rechnet, den Theil eines einzigen Granes betragen, welcher eine Kubikzoll groſſen Flaͤche, auf dem nach Pa- ris fuͤhrenden Wege, ſo wirkſam anfuͤllte, daß der Hund ſeinen Herren aus dieſem Geruch erkennen konnte (f).
Folglich darf man ſich nicht wundern, oder es fuͤr unglaublich halten, daß die Geier aus Aſien, um die Koͤrper in der Pharſaliſchen Niederlage zu verzehren, zu- ſammen geſlogen, oder daß Eulen in einer wuͤtenden Peſt auf denen Haͤuſern ſizzen, deren Geruch von einer, in den Kranken ſchon angehenden Faͤulnis, das von Aeſſern le- bende Thiere herbeilokkt (g): oder daß man die Kuͤſte
Spani-
(e)[Spaltenumbruch]L. 12. § 7. dieſes Werkes, und §. 13.
(f)[Spaltenumbruch]
Vergl. BOYLE. p. 98. 134. 135.
(g)SHAW travels. p. 182.
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Der Geruch. XIV. Buch.
dem Schloſſe Altenklingen, nach Paris lief, und ſeinen
Herren unter dem Haufen entdekkte, folgte blos der Aus-
duͤnſtungsmaterie des Sanktorius, welche uͤber einem
Wege ſchwebte, der hundert Meilen lang oder 1500000
Fus breit war, wenn man zehn Fus dazu annimmt,
folglich eine Linie von 15000000 Quadratſus, und
2160000000 Zoll machte, welche man 144 mal nimmt,
weil der Geruch des Hundes, der in ſeiner Naſe einen
Eindrukk machen ſoll, wenigſtens eine Hoͤhe der Atmo-
ſphaͤr von zwo Menſchenlaͤngen ausfuͤllen mus; es wer-
den alſo 311040000000 kubiſche Fuͤſſe voller Geruch-
theile ſein. Nun iſt unſre Ausduͤnſtung beinahe Waſſer,
welches mit einem feinem und wenig Geiſte, den der
Menſch nicht vom Waſſer unterſcheidet, maͤßig vermiſcht
iſt. Es hatte der Menſch auf ſeiner dreitaͤgigen Reiſe (e),
auf welcher er nach Paris gekommen war, etwa 12 Pfun-
de Waſſer, und etwa 12 Gran an Geruchtheilen ausge-
duͤnſtet. Dieſe waren auf dem betretenen Wege auf tau-
ſenderlei Art wieder verflogen. Man ſezze, es waͤre
zwoͤlf Tage hernach noch der tauſende Theil davon uͤbrig
geweſen, ſo wird es, wenn man maͤßig rechnet, den
[FORMEL] Theil eines einzigen Granes betragen,
welcher eine Kubikzoll groſſen Flaͤche, auf dem nach Pa-
ris fuͤhrenden Wege, ſo wirkſam anfuͤllte, daß der Hund
ſeinen Herren aus dieſem Geruch erkennen konnte (f).
Folglich darf man ſich nicht wundern, oder es fuͤr
unglaublich halten, daß die Geier aus Aſien, um die
Koͤrper in der Pharſaliſchen Niederlage zu verzehren, zu-
ſammen geſlogen, oder daß Eulen in einer wuͤtenden Peſt
auf denen Haͤuſern ſizzen, deren Geruch von einer, in den
Kranken ſchon angehenden Faͤulnis, das von Aeſſern le-
bende Thiere herbeilokkt (g): oder daß man die Kuͤſte
Spani-
(e)
L. 12. § 7. dieſes Werkes,
und §. 13.
(f)
Vergl. BOYLE. p. 98. 134.
135.
(g) SHAW travels. p. 182.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/496>, abgerufen am 22.11.2024.
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