auf der Weide das Kraut schüttelt, und sich nur dasjeni- ge herauslieset, was ihm gesund ist. Man trift auf den Alpen grosse Striche von Niesewurz, und eine unendliche Menge vom Napellus (Wolfswurz) auf den felsigen Stie- gen an, und kein einziges Vieh rührt eins von beiden an. Dahingegen thun sich Menschen, welche in entfern- ten Wüsteneien von dem Unterrichte andrer Menschen sich verlassen sehen, leicht damit Schaden, und sie verderben ihre Gesundheit mit ungesunden Pflanzen, als mit Sa- laten (b), Früchten (c), Honig (d) und andern Kräutern (e). Es pflegen sich daher die Wandersleute diese Regel zu machen, daß sie blos diejenigen Früchte essen, von welchen sie gewahr werden, daß sie von Affen oder Vö- geln zur Speise gewält werden.
Aus der Ursache glauben wir auch, daß der Geruch allen Thieren gemein sei. So spüren auch Fische (f), und verstehen sich auf die Kräfte derjenigen Gerüche, wel- che sie nicht vertragen können. Sie kommen, wenn man Hanfsaamen ins Wasser wirft, hervor, werden davon schwindlich, und suchen nicht mehr der greifenden Hand zu entwischen (g). Man fängt sie auch, wenn man ge- wisse Geruchsachen ins Wasser streuet (h), und sie ver- folgen die Würmer nicht mit dem Gesichte, sondern mit dem Geruche, welche man zu ihrem Fange an die Angel- ruthe stekkt (i).
Selbst die Jnsekten (k) haben offenbar einen Geruch (k*). Man mus sich wundern, in welcher Entfernung, und
wie
(b)[Spaltenumbruch]In Virginia Phil. trans. n. 454.
(c) Den Muskatennüssen gleich voyage de la flotte de Nassau p. 18.
(d)GRAECI illi ccI, welche XENOPHON ins Vaterland zu- rükkführte.
(e)ANTONII, des Triumvirs Soldaten.
(f)ARISTOTELES Part. anim. L. II. c. 10. RONDELET, p. 107. [Spaltenumbruch]
MONRO. comparat. anatom. p. 133. CHESELDEN.
(g)RICHTER, Ichthyotheol. p. 271.
(h)RONDELET, p. 107.
(i)MONRO. ibid. p. 134.
(k)ARISTOT. hist. L. IV. c. 8.
(k*) Die Znsekten haben keine Nase, sagt dennoch LINN. syst. nat. X. p. 339.
Der Geruch. XIV. Buch.
auf der Weide das Kraut ſchuͤttelt, und ſich nur dasjeni- ge herauslieſet, was ihm geſund iſt. Man trift auf den Alpen groſſe Striche von Nieſewurz, und eine unendliche Menge vom Napellus (Wolfswurz) auf den felſigen Stie- gen an, und kein einziges Vieh ruͤhrt eins von beiden an. Dahingegen thun ſich Menſchen, welche in entfern- ten Wuͤſteneien von dem Unterrichte andrer Menſchen ſich verlaſſen ſehen, leicht damit Schaden, und ſie verderben ihre Geſundheit mit ungeſunden Pflanzen, als mit Sa- laten (b), Fruͤchten (c), Honig (d) und andern Kraͤutern (e). Es pflegen ſich daher die Wandersleute dieſe Regel zu machen, daß ſie blos diejenigen Fruͤchte eſſen, von welchen ſie gewahr werden, daß ſie von Affen oder Voͤ- geln zur Speiſe gewaͤlt werden.
Aus der Urſache glauben wir auch, daß der Geruch allen Thieren gemein ſei. So ſpuͤren auch Fiſche (f), und verſtehen ſich auf die Kraͤfte derjenigen Geruͤche, wel- che ſie nicht vertragen koͤnnen. Sie kommen, wenn man Hanfſaamen ins Waſſer wirft, hervor, werden davon ſchwindlich, und ſuchen nicht mehr der greifenden Hand zu entwiſchen (g). Man faͤngt ſie auch, wenn man ge- wiſſe Geruchſachen ins Waſſer ſtreuet (h), und ſie ver- folgen die Wuͤrmer nicht mit dem Geſichte, ſondern mit dem Geruche, welche man zu ihrem Fange an die Angel- ruthe ſtekkt (i).
Selbſt die Jnſekten (k) haben offenbar einen Geruch (k*). Man mus ſich wundern, in welcher Entfernung, und
wie
(b)[Spaltenumbruch]In Virginia Phil. tranſ. n. 454.
(c) Den Muſkatennuͤſſen gleich voyage de la flotte de Naſſau p. 18.
(d)GRÆCI illi ccIↄↄ, welche XENOPHON ins Vaterland zu- ruͤkkfuͤhrte.
(e)ANTONII, des Triumvirs Soldaten.
(f)ARISTOTELES Part. anim. L. II. c. 10. RONDELET, p. 107. [Spaltenumbruch]
MONRO. comparat. anatom. p. 133. CHESELDEN.
(g)RICHTER, Ichthyotheol. p. 271.
(h)RONDELET, p. 107.
(i)MONRO. ibid. p. 134.
(k)ARISTOT. hiſt. L. IV. c. 8.
(k*) Die Znſekten haben keine Naſe, ſagt dennoch LINN. ſyſt. nat. X. p. 339.
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Der Geruch. XIV. Buch.
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ge herauslieſet, was ihm geſund iſt. Man trift auf den
Alpen groſſe Striche von Nieſewurz, und eine unendliche
Menge vom Napellus (Wolfswurz) auf den felſigen Stie-
gen an, und kein einziges Vieh ruͤhrt eins von beiden
an. Dahingegen thun ſich Menſchen, welche in entfern-
ten Wuͤſteneien von dem Unterrichte andrer Menſchen ſich
verlaſſen ſehen, leicht damit Schaden, und ſie verderben
ihre Geſundheit mit ungeſunden Pflanzen, als mit Sa-
laten (b), Fruͤchten (c), Honig (d) und andern Kraͤutern
(e). Es pflegen ſich daher die Wandersleute dieſe Regel
zu machen, daß ſie blos diejenigen Fruͤchte eſſen, von
welchen ſie gewahr werden, daß ſie von Affen oder Voͤ-
geln zur Speiſe gewaͤlt werden.
Aus der Urſache glauben wir auch, daß der Geruch
allen Thieren gemein ſei. So ſpuͤren auch Fiſche (f),
und verſtehen ſich auf die Kraͤfte derjenigen Geruͤche, wel-
che ſie nicht vertragen koͤnnen. Sie kommen, wenn
man Hanfſaamen ins Waſſer wirft, hervor, werden davon
ſchwindlich, und ſuchen nicht mehr der greifenden Hand
zu entwiſchen (g). Man faͤngt ſie auch, wenn man ge-
wiſſe Geruchſachen ins Waſſer ſtreuet (h), und ſie ver-
folgen die Wuͤrmer nicht mit dem Geſichte, ſondern mit
dem Geruche, welche man zu ihrem Fange an die Angel-
ruthe ſtekkt (i).
Selbſt die Jnſekten (k) haben offenbar einen Geruch
(k*). Man mus ſich wundern, in welcher Entfernung, und
wie
(b)
In Virginia Phil. tranſ. n.
454.
(c) Den Muſkatennuͤſſen gleich
voyage de la flotte de Naſſau p. 18.
(d) GRÆCI illi ccIↄↄ, welche
XENOPHON ins Vaterland zu-
ruͤkkfuͤhrte.
(e) ANTONII, des Triumvirs
Soldaten.
(f) ARISTOTELES Part. anim.
L. II. c. 10. RONDELET, p. 107.
MONRO. comparat. anatom. p.
133. CHESELDEN.
(g) RICHTER, Ichthyotheol.
p. 271.
(h) RONDELET, p. 107.
(i) MONRO. ibid. p. 134.
(k) ARISTOT. hiſt. L. IV. c. 8.
(k*) Die Znſekten haben keine
Naſe, ſagt dennoch LINN. ſyſt.
nat. X. p. 339.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/538>, abgerufen am 22.11.2024.
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