Man hat bemerkt, daß der Hase (m) und das Kanin- chen (m*), welches schüchterne Thiere sind, ihre Ohren nach hinten zu offen halten, um den Laut ihrer Verfolger zu vernehmen; und daß der Löwe (n) und die Kazze, welche vom Raube leben, die Ohren vorne öffnen, um ihren Raub nach dem Gehör zu verfolgen. Das Wiesel und Stinkthier, welche längst der Erde jagen, kehren es nach vorne, und neigen es gegen den Horizont (n*), der Fuchs, welcher von Bäumen und Vogelnestern lebt, spizzet es aufwerts (n**), die Eule, welche von der Höhe herab- sieht, nach vorne zu, und herab (n+).
Das Pferd hat sehr bewegliche Ohrkegel, welche es leicht nach derjenigen Gegend zu kehrt, von welcher es den Schall vernimmt (o). Der Rehbokk (p) auf den Luchse, und andre Feinde von der Höhe herabspringend, hat die Ohren nach oben zu offen. Wir haben eben ge- sagt, daß zame und knechtische Thiere die Ohren herab- hängen lassen. Jndessen giebt es doch in Sirien gewisse Ziegen mit langen und hängenden Ohren, und sie hän- gen auch am Elephanten, wenn dieser gleich wild ist, herab, wofern er nicht böse wird.
Die Natur hat dem Menschen blose Ohren gegeben, und dieselbe vom Kopfe entfernet (q), so wie sie nach vorne zu gerichtet sind. Es hat sie die Mode und besonders der beständige Gebrauch der Binden an den Europäern, der- gestalt an den Kopf angepreßt, daß sich das mehreste vom Fadengewebe, so aus dem erhabnen Theil der Schnekke,
und
(m)[Spaltenumbruch]Compar. anat. p. 53. auch von einer knochigen Röhre DER- HAM, phys. theol. 119.
(m*)BIRCH, T. III. p. 385.
(n)Compar. anat. l. c.
(n*)BIRCH, ibid. DERHAM, ibid.
(n**)HDEM ibid.
(n+)BIRCH, ibid. der künstliche KLEINIUS sagt, ihr rechtes Ohr sei abwerts hol, das linke aufwerts, [Spaltenumbruch]
um die absteigende, und aufwerts steigende Schalle genau zu verneh- men. VöGEL, p. 54.
(o)GIBSON, p. 44. 45.
(p)GAZELLA, SEVERIN, Zootom. Democriti. p. 284.
(q)TYSON, p. 10. DOUVER- NEY, p. 9. tab. 3. f. 7. E. tab. 4. f. 1. C. Die Afrikaner haben offne Ohren PECHLIN Col. aethiop.
I Abſchnitt. Werkzeug.
Man hat bemerkt, daß der Haſe (m) und das Kanin- chen (m*), welches ſchuͤchterne Thiere ſind, ihre Ohren nach hinten zu offen halten, um den Laut ihrer Verfolger zu vernehmen; und daß der Loͤwe (n) und die Kazze, welche vom Raube leben, die Ohren vorne oͤffnen, um ihren Raub nach dem Gehoͤr zu verfolgen. Das Wieſel und Stinkthier, welche laͤngſt der Erde jagen, kehren es nach vorne, und neigen es gegen den Horizont (n*), der Fuchs, welcher von Baͤumen und Vogelneſtern lebt, ſpizzet es aufwerts (n**), die Eule, welche von der Hoͤhe herab- ſieht, nach vorne zu, und herab (n†).
Das Pferd hat ſehr bewegliche Ohrkegel, welche es leicht nach derjenigen Gegend zu kehrt, von welcher es den Schall vernimmt (o). Der Rehbokk (p) auf den Luchſe, und andre Feinde von der Hoͤhe herabſpringend, hat die Ohren nach oben zu offen. Wir haben eben ge- ſagt, daß zame und knechtiſche Thiere die Ohren herab- haͤngen laſſen. Jndeſſen giebt es doch in Sirien gewiſſe Ziegen mit langen und haͤngenden Ohren, und ſie haͤn- gen auch am Elephanten, wenn dieſer gleich wild iſt, herab, wofern er nicht boͤſe wird.
Die Natur hat dem Menſchen bloſe Ohren gegeben, und dieſelbe vom Kopfe entfernet (q), ſo wie ſie nach vorne zu gerichtet ſind. Es hat ſie die Mode und beſonders der beſtaͤndige Gebrauch der Binden an den Europaͤern, der- geſtalt an den Kopf angepreßt, daß ſich das mehreſte vom Fadengewebe, ſo aus dem erhabnen Theil der Schnekke,
und
(m)[Spaltenumbruch]Compar. anat. p. 53. auch von einer knochigen Roͤhre DER- HAM, phyſ. theol. 119.
(m*)BIRCH, T. III. p. 385.
(n)Compar. anat. l. c.
(n*)BIRCH, ibid. DERHAM, ibid.
(n**)HDEM ibid.
(n†)BIRCH, ibid. der kuͤnſtliche KLEINIUS ſagt, ihr rechtes Ohr ſei abwerts hol, das linke aufwerts, [Spaltenumbruch]
um die abſteigende, und aufwerts ſteigende Schalle genau zu verneh- men. VöGEL, p. 54.
(o)GIBSON, p. 44. 45.
(p)GAZELLA, SEVERIN, Zootom. Democriti. p. 284.
(q)TYSON, p. 10. DOUVER- NEY, p. 9. tab. 3. f. 7. E. tab. 4. f. 1. C. Die Afrikaner haben offne Ohren PECHLIN Col. aethiop.
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I Abſchnitt. Werkzeug.
Man hat bemerkt, daß der Haſe (m) und das Kanin-
chen (m*), welches ſchuͤchterne Thiere ſind, ihre Ohren
nach hinten zu offen halten, um den Laut ihrer Verfolger zu
vernehmen; und daß der Loͤwe (n) und die Kazze, welche
vom Raube leben, die Ohren vorne oͤffnen, um ihren
Raub nach dem Gehoͤr zu verfolgen. Das Wieſel und
Stinkthier, welche laͤngſt der Erde jagen, kehren es nach
vorne, und neigen es gegen den Horizont (n*), der Fuchs,
welcher von Baͤumen und Vogelneſtern lebt, ſpizzet es
aufwerts (n**), die Eule, welche von der Hoͤhe herab-
ſieht, nach vorne zu, und herab (n†).
Das Pferd hat ſehr bewegliche Ohrkegel, welche es
leicht nach derjenigen Gegend zu kehrt, von welcher es
den Schall vernimmt (o). Der Rehbokk (p) auf den
Luchſe, und andre Feinde von der Hoͤhe herabſpringend,
hat die Ohren nach oben zu offen. Wir haben eben ge-
ſagt, daß zame und knechtiſche Thiere die Ohren herab-
haͤngen laſſen. Jndeſſen giebt es doch in Sirien gewiſſe
Ziegen mit langen und haͤngenden Ohren, und ſie haͤn-
gen auch am Elephanten, wenn dieſer gleich wild iſt,
herab, wofern er nicht boͤſe wird.
Die Natur hat dem Menſchen bloſe Ohren gegeben,
und dieſelbe vom Kopfe entfernet (q), ſo wie ſie nach vorne
zu gerichtet ſind. Es hat ſie die Mode und beſonders der
beſtaͤndige Gebrauch der Binden an den Europaͤern, der-
geſtalt an den Kopf angepreßt, daß ſich das mehreſte vom
Fadengewebe, ſo aus dem erhabnen Theil der Schnekke,
und
(m)
Compar. anat. p. 53. auch
von einer knochigen Roͤhre DER-
HAM, phyſ. theol. 119.
(m*) BIRCH, T. III. p. 385.
(n) Compar. anat. l. c.
(n*) BIRCH, ibid. DERHAM,
ibid.
(n**) HDEM ibid.
(n†) BIRCH, ibid. der kuͤnſtliche
KLEINIUS ſagt, ihr rechtes Ohr
ſei abwerts hol, das linke aufwerts,
um die abſteigende, und aufwerts
ſteigende Schalle genau zu verneh-
men. VöGEL, p. 54.
(o) GIBSON, p. 44. 45.
(p) GAZELLA, SEVERIN,
Zootom. Democriti. p. 284.
(q) TYSON, p. 10. DOUVER-
NEY, p. 9. tab. 3. f. 7. E. tab. 4.
f. 1. C. Die Afrikaner haben offne
Ohren PECHLIN Col. aethiop.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/543>, abgerufen am 22.11.2024.
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