Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abschnitt. Werkzeug.
nie (x) harter Körper genauer, welche bei gleicher Span-
nung einerlei Anzahl von Bebungen, in einerlei Zeit
hervorbringen. Da man also glaubt, daß zum Hören
Schwingungen der Trummelhaut erfordert werden, so
glaubt man zugleich, daß die verschiedenen Thöne, an
welchen uns etwas gelegen ist, sie zu hören, unserer
Seele ganz rein vorgestellt werden, dazu würden auch
verschiedene Spannungen dieser Membran erfordert.
Folglich glauben berühmte Männer, daß diejenigen
Kräfte, von denen wir gesagt haben, daß sie diese Mem-
bran spannen, und nachlassen, dazu angewandt werden,
daß sie nachgelassen werde, um die groben Thöne zu hö-
ren, hingegen gespannt werde, um die feinen zu ver-
nehmen, und daß selbige mit allen Thönen, so verschie-
den auch diese sind, einstimmig sei, einerlei Anzahl von
Bebungen in einerlei Zeit vorstelle, und folglich in
dem innersten Werkzeuge des Gehörs eben die Thö-
ne wiederhole, welche die Luft zur Trummelhaut ge-
bracht hat (y).

Wenn die Muskeln überhaupt die Trummelhaut ver-
mittelst der Gehörknöchgen regieren, so frägt sichs, ob
sie vom Willen der Seele regiert werden, oder ob diese
Bewegung aus der Klasse derjenigen sind, welche ohne
den Willen, Kraft der Bauart der körperlichen Maschi-
ne, erfolgt. Hieronymus Fabricius glaubte, ver-
möge einer an sich selbst gemachten Erfahrung, daß diese
Muskeln dem Willen gehorchen, da man inwendig im
Ohre, durch die Gewalt des Willens, ein Geräusche
erregen könnte (z). Es läßt sich an einem stillen Orte
ein Geräusche, vor dem Geräusche schnell aber undeut-
lich empfinden (a).

Für
(x) [Spaltenumbruch] p. 275.
(y) BOERHAAVE, praelect.
T. IV. p. 405. HARTLEY, pag.
[Spaltenumbruch] 238. ROGER, de effect. music.
pag.
49.
(z) de Aure c. 6. p. 31.
(a) ESTEVE, p. 7.

III. Abſchnitt. Werkzeug.
nie (x) harter Koͤrper genauer, welche bei gleicher Span-
nung einerlei Anzahl von Bebungen, in einerlei Zeit
hervorbringen. Da man alſo glaubt, daß zum Hoͤren
Schwingungen der Trummelhaut erfordert werden, ſo
glaubt man zugleich, daß die verſchiedenen Thoͤne, an
welchen uns etwas gelegen iſt, ſie zu hoͤren, unſerer
Seele ganz rein vorgeſtellt werden, dazu wuͤrden auch
verſchiedene Spannungen dieſer Membran erfordert.
Folglich glauben beruͤhmte Maͤnner, daß diejenigen
Kraͤfte, von denen wir geſagt haben, daß ſie dieſe Mem-
bran ſpannen, und nachlaſſen, dazu angewandt werden,
daß ſie nachgelaſſen werde, um die groben Thoͤne zu hoͤ-
ren, hingegen geſpannt werde, um die feinen zu ver-
nehmen, und daß ſelbige mit allen Thoͤnen, ſo verſchie-
den auch dieſe ſind, einſtimmig ſei, einerlei Anzahl von
Bebungen in einerlei Zeit vorſtelle, und folglich in
dem innerſten Werkzeuge des Gehoͤrs eben die Thoͤ-
ne wiederhole, welche die Luft zur Trummelhaut ge-
bracht hat (y).

Wenn die Muſkeln uͤberhaupt die Trummelhaut ver-
mittelſt der Gehoͤrknoͤchgen regieren, ſo fraͤgt ſichs, ob
ſie vom Willen der Seele regiert werden, oder ob dieſe
Bewegung aus der Klaſſe derjenigen ſind, welche ohne
den Willen, Kraft der Bauart der koͤrperlichen Maſchi-
ne, erfolgt. Hieronymus Fabricius glaubte, ver-
moͤge einer an ſich ſelbſt gemachten Erfahrung, daß dieſe
Muſkeln dem Willen gehorchen, da man inwendig im
Ohre, durch die Gewalt des Willens, ein Geraͤuſche
erregen koͤnnte (z). Es laͤßt ſich an einem ſtillen Orte
ein Geraͤuſche, vor dem Geraͤuſche ſchnell aber undeut-
lich empfinden (a).

Fuͤr
(x) [Spaltenumbruch] p. 275.
(y) BOERHAAVE, prælect.
T. IV. p. 405. HARTLEY, pag.
[Spaltenumbruch] 238. ROGER, de effect. muſic.
pag.
49.
(z) de Aure c. 6. p. 31.
(a) ESTEVE, p. 7.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0689" n="671"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Werkzeug.</hi></fw><lb/>
nie <note place="foot" n="(x)"><cb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 275.</note> harter Ko&#x0364;rper genauer, welche bei gleicher Span-<lb/>
nung einerlei Anzahl von Bebungen, in einerlei Zeit<lb/>
hervorbringen. Da man al&#x017F;o glaubt, daß zum Ho&#x0364;ren<lb/>
Schwingungen der Trummelhaut erfordert werden, &#x017F;o<lb/>
glaubt man zugleich, daß die ver&#x017F;chiedenen Tho&#x0364;ne, an<lb/>
welchen uns etwas gelegen i&#x017F;t, &#x017F;ie zu ho&#x0364;ren, un&#x017F;erer<lb/>
Seele ganz rein vorge&#x017F;tellt werden, dazu wu&#x0364;rden auch<lb/>
ver&#x017F;chiedene Spannungen die&#x017F;er Membran erfordert.<lb/>
Folglich glauben beru&#x0364;hmte Ma&#x0364;nner, daß diejenigen<lb/>
Kra&#x0364;fte, von denen wir ge&#x017F;agt haben, daß &#x017F;ie die&#x017F;e Mem-<lb/>
bran &#x017F;pannen, und nachla&#x017F;&#x017F;en, dazu angewandt werden,<lb/>
daß &#x017F;ie nachgela&#x017F;&#x017F;en werde, um die groben Tho&#x0364;ne zu ho&#x0364;-<lb/>
ren, hingegen ge&#x017F;pannt werde, um die feinen zu ver-<lb/>
nehmen, und daß &#x017F;elbige mit allen Tho&#x0364;nen, &#x017F;o ver&#x017F;chie-<lb/>
den auch die&#x017F;e &#x017F;ind, ein&#x017F;timmig &#x017F;ei, einerlei Anzahl von<lb/>
Bebungen in einerlei Zeit vor&#x017F;telle, und folglich in<lb/>
dem inner&#x017F;ten Werkzeuge des Geho&#x0364;rs eben die Tho&#x0364;-<lb/>
ne wiederhole, welche die Luft zur Trummelhaut ge-<lb/>
bracht hat <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">BOERHAAVE, prælect.<lb/>
T. IV. p. 405. HARTLEY, pag.<lb/><cb/>
238. <hi rendition="#g">ROGER,</hi> de effect. mu&#x017F;ic.<lb/>
pag.</hi> 49.</note>.</p><lb/>
            <p>Wenn die Mu&#x017F;keln u&#x0364;berhaupt die Trummelhaut ver-<lb/>
mittel&#x017F;t der Geho&#x0364;rkno&#x0364;chgen regieren, &#x017F;o fra&#x0364;gt &#x017F;ichs, ob<lb/>
&#x017F;ie vom Willen der Seele regiert werden, oder ob die&#x017F;e<lb/>
Bewegung aus der Kla&#x017F;&#x017F;e derjenigen &#x017F;ind, welche ohne<lb/>
den Willen, Kraft der Bauart der ko&#x0364;rperlichen Ma&#x017F;chi-<lb/>
ne, erfolgt. <hi rendition="#fr">Hieronymus Fabricius</hi> glaubte, ver-<lb/>
mo&#x0364;ge einer an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t gemachten Erfahrung, daß die&#x017F;e<lb/>
Mu&#x017F;keln dem Willen gehorchen, da man inwendig im<lb/>
Ohre, durch die Gewalt des Willens, ein Gera&#x0364;u&#x017F;che<lb/>
erregen ko&#x0364;nnte <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq">de Aure c. 6. p.</hi> 31.</note>. Es la&#x0364;ßt &#x017F;ich an einem &#x017F;tillen Orte<lb/>
ein Gera&#x0364;u&#x017F;che, vor dem Gera&#x0364;u&#x017F;che &#x017F;chnell aber undeut-<lb/>
lich empfinden <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">ESTEVE, p.</hi> 7.</note>.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Fu&#x0364;r</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[671/0689] III. Abſchnitt. Werkzeug. nie (x) harter Koͤrper genauer, welche bei gleicher Span- nung einerlei Anzahl von Bebungen, in einerlei Zeit hervorbringen. Da man alſo glaubt, daß zum Hoͤren Schwingungen der Trummelhaut erfordert werden, ſo glaubt man zugleich, daß die verſchiedenen Thoͤne, an welchen uns etwas gelegen iſt, ſie zu hoͤren, unſerer Seele ganz rein vorgeſtellt werden, dazu wuͤrden auch verſchiedene Spannungen dieſer Membran erfordert. Folglich glauben beruͤhmte Maͤnner, daß diejenigen Kraͤfte, von denen wir geſagt haben, daß ſie dieſe Mem- bran ſpannen, und nachlaſſen, dazu angewandt werden, daß ſie nachgelaſſen werde, um die groben Thoͤne zu hoͤ- ren, hingegen geſpannt werde, um die feinen zu ver- nehmen, und daß ſelbige mit allen Thoͤnen, ſo verſchie- den auch dieſe ſind, einſtimmig ſei, einerlei Anzahl von Bebungen in einerlei Zeit vorſtelle, und folglich in dem innerſten Werkzeuge des Gehoͤrs eben die Thoͤ- ne wiederhole, welche die Luft zur Trummelhaut ge- bracht hat (y). Wenn die Muſkeln uͤberhaupt die Trummelhaut ver- mittelſt der Gehoͤrknoͤchgen regieren, ſo fraͤgt ſichs, ob ſie vom Willen der Seele regiert werden, oder ob dieſe Bewegung aus der Klaſſe derjenigen ſind, welche ohne den Willen, Kraft der Bauart der koͤrperlichen Maſchi- ne, erfolgt. Hieronymus Fabricius glaubte, ver- moͤge einer an ſich ſelbſt gemachten Erfahrung, daß dieſe Muſkeln dem Willen gehorchen, da man inwendig im Ohre, durch die Gewalt des Willens, ein Geraͤuſche erregen koͤnnte (z). Es laͤßt ſich an einem ſtillen Orte ein Geraͤuſche, vor dem Geraͤuſche ſchnell aber undeut- lich empfinden (a). Fuͤr (x) p. 275. (y) BOERHAAVE, prælect. T. IV. p. 405. HARTLEY, pag. 238. ROGER, de effect. muſic. pag. 49. (z) de Aure c. 6. p. 31. (a) ESTEVE, p. 7.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/689
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 671. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/689>, abgerufen am 29.06.2024.