versehen sein möge, und es nicht im Zusammenziehen an seinem Queerdurchmesser enger werde: so hat sich die Natur fast eben solches Hülfsmittels bedienet, als wir anzuwenden pflegen, wenn wir grosse Gemählde ausspannen wollen. Wie wir solche nämlich an einem Stabe ausspannen, so ist jedes Augenlied an einem Knorpel befestigt, den man tarsus, Augenliedknorpel nennt. Beide sind eine Platte, doch ist der obere grös- ser, mehr gesichelt, und aufwärts convex; der untere gerader, und lieget zwischen dem äussern Blate des Au- genliedes, und dem innern, ganz dicht am Rande (c). Beide Knorpel werden sonderlich gegen Aussen zu dünne, und gegen die Nase dikker (d): beide sind um etwas kür- zer, als das Augenlied.
Dieser Rand, der aus einer geschwollenen Haut be- steht, bringet eine vielfache Reihe von Augenwim- pern(e)(f), oder harten elastischen Haaren hervor, die an dem obern Augenliede zahlreicher (g) sind, weit herabgehen, hierauf aber einen Bogen beschreiben, und sich wieder in die Höhe zurükke biegen (h): sie steigen am untern Augenliede zuerst in die Höhe, sie beugen sich hierauf zurükke, gehen herab, und sind an beiden Seiten um desto länger, je näher sie der Mitte des Au- genliedes stehen. Diese Augenwimpern beschatten die Spalte, welche zwischen beiden Augenliedern liegt, und halten den Zutritt des Lichtes ab. Sie sind es, wel- che schöne Farben (i), die von den stärkern Strah- len eines hellen Körpers, die vorbei fahren, und sich biegen, entstanden, annehmen, und einen runden Re-
genbo-
(c)[Spaltenumbruch]Conf. ZINN descript. ocu- lor. pag 246. WINSLOW n. 296. 270.
(d)WINSLOW, SCHOBIN- GER de fistul. lacrum.
(e)Trium WINSLOW n. 278. quatuor ALBIN adnot. L. VIII. p. [Spaltenumbruch]
32. und im Kupfer mehrerer t. 3. f. 4.
(f)Blepharides POLLUX |L. II. c. 4.
(g)ALBIN loc. cit.
(h)ZINN p. 248. 249.
(i)BAYLE oper. p. 484. 485.
Z z 5
I. Abſchnitt. Werkzeug.
verſehen ſein moͤge, und es nicht im Zuſammenziehen an ſeinem Queerdurchmeſſer enger werde: ſo hat ſich die Natur faſt eben ſolches Huͤlfsmittels bedienet, als wir anzuwenden pflegen, wenn wir groſſe Gemaͤhlde ausſpannen wollen. Wie wir ſolche naͤmlich an einem Stabe ausſpannen, ſo iſt jedes Augenlied an einem Knorpel befeſtigt, den man tarſus, Augenliedknorpel nennt. Beide ſind eine Platte, doch iſt der obere groͤſ- ſer, mehr geſichelt, und aufwaͤrts convex; der untere gerader, und lieget zwiſchen dem aͤuſſern Blate des Au- genliedes, und dem innern, ganz dicht am Rande (c). Beide Knorpel werden ſonderlich gegen Auſſen zu duͤnne, und gegen die Naſe dikker (d): beide ſind um etwas kuͤr- zer, als das Augenlied.
Dieſer Rand, der aus einer geſchwollenen Haut be- ſteht, bringet eine vielfache Reihe von Augenwim- pern(e)(f), oder harten elaſtiſchen Haaren hervor, die an dem obern Augenliede zahlreicher (g) ſind, weit herabgehen, hierauf aber einen Bogen beſchreiben, und ſich wieder in die Hoͤhe zuruͤkke biegen (h): ſie ſteigen am untern Augenliede zuerſt in die Hoͤhe, ſie beugen ſich hierauf zuruͤkke, gehen herab, und ſind an beiden Seiten um deſto laͤnger, je naͤher ſie der Mitte des Au- genliedes ſtehen. Dieſe Augenwimpern beſchatten die Spalte, welche zwiſchen beiden Augenliedern liegt, und halten den Zutritt des Lichtes ab. Sie ſind es, wel- che ſchoͤne Farben (i), die von den ſtaͤrkern Strah- len eines hellen Koͤrpers, die vorbei fahren, und ſich biegen, entſtanden, annehmen, und einen runden Re-
genbo-
(c)[Spaltenumbruch]Conf. ZINN deſcript. ocu- lor. pag 246. WINSLOW n. 296. 270.
(d)WINSLOW, SCHOBIN- GER de fiſtul. lacrum.
(e)Trium WINSLOW n. 278. quatuor ALBIN adnot. L. VIII. p. [Spaltenumbruch]
32. und im Kupfer mehrerer t. 3. f. 4.
(f)Blepharides POLLUX |L. II. c. 4.
(g)ALBIN loc. cit.
(h)ZINN p. 248. 249.
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I. Abſchnitt. Werkzeug.
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an ſeinem Queerdurchmeſſer enger werde: ſo hat ſich
die Natur faſt eben ſolches Huͤlfsmittels bedienet, als
wir anzuwenden pflegen, wenn wir groſſe Gemaͤhlde
ausſpannen wollen. Wie wir ſolche naͤmlich an einem
Stabe ausſpannen, ſo iſt jedes Augenlied an einem
Knorpel befeſtigt, den man tarſus, Augenliedknorpel
nennt. Beide ſind eine Platte, doch iſt der obere groͤſ-
ſer, mehr geſichelt, und aufwaͤrts convex; der untere
gerader, und lieget zwiſchen dem aͤuſſern Blate des Au-
genliedes, und dem innern, ganz dicht am Rande (c).
Beide Knorpel werden ſonderlich gegen Auſſen zu duͤnne,
und gegen die Naſe dikker (d): beide ſind um etwas kuͤr-
zer, als das Augenlied.
Dieſer Rand, der aus einer geſchwollenen Haut be-
ſteht, bringet eine vielfache Reihe von Augenwim-
pern (e) (f), oder harten elaſtiſchen Haaren hervor,
die an dem obern Augenliede zahlreicher (g) ſind, weit
herabgehen, hierauf aber einen Bogen beſchreiben, und
ſich wieder in die Hoͤhe zuruͤkke biegen (h): ſie ſteigen
am untern Augenliede zuerſt in die Hoͤhe, ſie beugen
ſich hierauf zuruͤkke, gehen herab, und ſind an beiden
Seiten um deſto laͤnger, je naͤher ſie der Mitte des Au-
genliedes ſtehen. Dieſe Augenwimpern beſchatten die
Spalte, welche zwiſchen beiden Augenliedern liegt, und
halten den Zutritt des Lichtes ab. Sie ſind es, wel-
che ſchoͤne Farben (i), die von den ſtaͤrkern Strah-
len eines hellen Koͤrpers, die vorbei fahren, und ſich
biegen, entſtanden, annehmen, und einen runden Re-
genbo-
(c)
Conf. ZINN deſcript. ocu-
lor. pag 246. WINSLOW n.
296. 270.
(d) WINSLOW, SCHOBIN-
GER de fiſtul. lacrum.
(e) Trium WINSLOW n. 278.
quatuor ALBIN adnot. L. VIII. p.
32. und im Kupfer mehrerer t. 3.
f. 4.
(f) Blepharides POLLUX |L.
II. c. 4.
(g) ALBIN loc. cit.
(h) ZINN p. 248. 249.
(i) BAYLE oper. p. 484. 485.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 729. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/747>, abgerufen am 22.11.2024.
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