Ein jedes Thränenpünktchen führet zu einem Gange, welcher zwischen den Platten (k) des Anhängsels der Augenlieder, hinter den unter der Haut befindlichen Fasern des runden Muskels (l) verstekkt, zart, der Erfahrung gemäs reizbar ist (m), und welcher eine Fortsezzung des Oberhäutchens, und der in der Nase verdünnten Haut ist, und mit der Schleimhaut zusam- men läuft.
Es sind diese Gänge viel breiter, als die Thränpunkte vermuthen lassen (n)(o), wie ich oft gesehen, wenn ich den einen zudrükkte, und den andern mit blaugefärbtem Fischleim anfüllete. Es ist aber ihr Wesen ungemein zart, und weislich (p). Sie laufen in den Thränpunkten, in einem kurzen Striche gerade aus, der untere auf- wärts, der obere herab (q), und sie ändern hierauf ihre Richtung. Wenn sich das Auge schliesset, so legen sich beide in die Queere: öffnet es sich, so steigt der obere herab (r) und der untere legt sich allezeit überzwerch (s), wie ich an lebendigen Menschen gesehen habe. Der
obere
(k)[Spaltenumbruch]ANEL l. c. SAL. ALBER- TI n. 27.
(l)ZINN p. 256.
(m)WINSLOW n. 282. Wo- fern nicht auch zugleich die Mu- skelfasern gereizt worden.
(n) Unrecht gleich groß, BI- ANCHUS f. 1. 2.
(o)MORGAGN. advers. VI. p. 47. LIEUTAUD p. 123. Gar zu enge macht sie HEISTER de fist. lacrum et fere BERTRAN- DI p. 87.
(p)ZINN p. 256. MORGAGN. VI. p. 61.
(q)ZINN p. 225. t. 7. f. 10.
(r)[Spaltenumbruch]
Daß sie den Pithagorischen Buchstaben mit ihrem Sakke ab- bilden ALBERTI num. 30. Doch besiehe ZINN pag. 235. loc. cit. MELLI f. 2. le CAT p. 500.
(s) So beschreibt es auch ZINN p. 255. MELLIN in icon. SCHO- BINGER p. 8. Doch etwas auf- steigend zeichnen solches ZINN t. 7. f. 10. et le CAT et MON- RO et HEISTER f. omn. und noch vielmehr zeichnet es BIAN- CHUS f. 1. 2 Absteigend MOR- GAGN adv. l. t 4. f. 1. Nieder- steigend, wofern ich es in rechtem Verstande nehme MELLI p. 30.
Das Geſicht. XVI. Buch.
§. 21. Die Thraͤnengaͤnge.
Ein jedes Thraͤnenpuͤnktchen fuͤhret zu einem Gange, welcher zwiſchen den Platten (k) des Anhaͤngſels der Augenlieder, hinter den unter der Haut befindlichen Faſern des runden Muſkels (l) verſtekkt, zart, der Erfahrung gemaͤs reizbar iſt (m), und welcher eine Fortſezzung des Oberhaͤutchens, und der in der Naſe verduͤnnten Haut iſt, und mit der Schleimhaut zuſam- men laͤuft.
Es ſind dieſe Gaͤnge viel breiter, als die Thraͤnpunkte vermuthen laſſen (n)(o), wie ich oft geſehen, wenn ich den einen zudruͤkkte, und den andern mit blaugefaͤrbtem Fiſchleim anfuͤllete. Es iſt aber ihr Weſen ungemein zart, und weislich (p). Sie laufen in den Thraͤnpunkten, in einem kurzen Striche gerade aus, der untere auf- waͤrts, der obere herab (q), und ſie aͤndern hierauf ihre Richtung. Wenn ſich das Auge ſchlieſſet, ſo legen ſich beide in die Queere: oͤffnet es ſich, ſo ſteigt der obere herab (r) und der untere legt ſich allezeit uͤberzwerch (s), wie ich an lebendigen Menſchen geſehen habe. Der
obere
(k)[Spaltenumbruch]ANEL l. c. SAL. ALBER- TI n. 27.
(l)ZINN p. 256.
(m)WINSLOW n. 282. Wo- fern nicht auch zugleich die Mu- ſkelfaſern gereizt worden.
(n) Unrecht gleich groß, BI- ANCHUS f. 1. 2.
(o)MORGAGN. adverſ. VI. p. 47. LIEUTAUD p. 123. Gar zu enge macht ſie HEISTER de fiſt. lacrum et fere BERTRAN- DI p. 87.
(p)ZINN p. 256. MORGAGN. VI. p. 61.
(q)ZINN p. 225. t. 7. f. 10.
(r)[Spaltenumbruch]
Daß ſie den Pithagoriſchen Buchſtaben mit ihrem Sakke ab- bilden ALBERTI num. 30. Doch beſiehe ZINN pag. 235. loc. cit. MELLI f. 2. le CAT p. 500.
(s) So beſchreibt es auch ZINN p. 255. MELLIN in icon. SCHO- BINGER p. 8. Doch etwas auf- ſteigend zeichnen ſolches ZINN t. 7. f. 10. et le CAT et MON- RO et HEISTER f. omn. und noch vielmehr zeichnet es BIAN- CHUS f. 1. 2 Abſteigend MOR- GAGN adv. l. t 4. f. 1. Nieder- ſteigend, wofern ich es in rechtem Verſtande nehme MELLI p. 30.
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Das Geſicht. XVI. Buch.
§. 21.
Die Thraͤnengaͤnge.
Ein jedes Thraͤnenpuͤnktchen fuͤhret zu einem Gange,
welcher zwiſchen den Platten (k) des Anhaͤngſels der
Augenlieder, hinter den unter der Haut befindlichen
Faſern des runden Muſkels (l) verſtekkt, zart, der
Erfahrung gemaͤs reizbar iſt (m), und welcher eine
Fortſezzung des Oberhaͤutchens, und der in der Naſe
verduͤnnten Haut iſt, und mit der Schleimhaut zuſam-
men laͤuft.
Es ſind dieſe Gaͤnge viel breiter, als die Thraͤnpunkte
vermuthen laſſen (n) (o), wie ich oft geſehen, wenn ich
den einen zudruͤkkte, und den andern mit blaugefaͤrbtem
Fiſchleim anfuͤllete. Es iſt aber ihr Weſen ungemein
zart, und weislich (p). Sie laufen in den Thraͤnpunkten,
in einem kurzen Striche gerade aus, der untere auf-
waͤrts, der obere herab (q), und ſie aͤndern hierauf ihre
Richtung. Wenn ſich das Auge ſchlieſſet, ſo legen ſich
beide in die Queere: oͤffnet es ſich, ſo ſteigt der obere
herab (r) und der untere legt ſich allezeit uͤberzwerch (s),
wie ich an lebendigen Menſchen geſehen habe. Der
obere
(k)
ANEL l. c. SAL. ALBER-
TI n. 27.
(l) ZINN p. 256.
(m) WINSLOW n. 282. Wo-
fern nicht auch zugleich die Mu-
ſkelfaſern gereizt worden.
(n) Unrecht gleich groß, BI-
ANCHUS f. 1. 2.
(o) MORGAGN. adverſ. VI.
p. 47. LIEUTAUD p. 123. Gar
zu enge macht ſie HEISTER de
fiſt. lacrum et fere BERTRAN-
DI p. 87.
(p) ZINN p. 256. MORGAGN.
VI. p. 61.
(q) ZINN p. 225. t. 7. f. 10.
(r)
Daß ſie den Pithagoriſchen
Buchſtaben mit ihrem Sakke ab-
bilden ALBERTI num. 30. Doch
beſiehe ZINN pag. 235. loc. cit.
MELLI f. 2. le CAT p. 500.
(s) So beſchreibt es auch ZINN
p. 255. MELLIN in icon. SCHO-
BINGER p. 8. Doch etwas auf-
ſteigend zeichnen ſolches ZINN
t. 7. f. 10. et le CAT et MON-
RO et HEISTER f. omn. und
noch vielmehr zeichnet es BIAN-
CHUS f. 1. 2 Abſteigend MOR-
GAGN adv. l. t 4. f. 1. Nieder-
ſteigend, wofern ich es in rechtem
Verſtande nehme MELLI p. 30.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 750. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/768>, abgerufen am 22.11.2024.
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