seine Verrichtung gethan, und die Versuche lehren nichts weiter darauf. Dieses Bildniß stellt sich der Seele, es sei auf welche Art es wolle, nicht durch einen Anblikk dar (y), denn es verlangt das Licht einen freien Weg ins Gehirn zu haben, wofern es etwas im Gehirn in Bewegung sez- zen soll (z). Man muß indessen bei Betrachtung dieses Bildes mit Genauigkeit verfahren. Und zwar hat man erst seine Grösse zu betrachten. Man siehet leicht ein, daß dieses Bild klein sein werde, es ist indessen aber doch kein wirklicher Punkt, als in welchem sich keine Theile geden- ken lassen (z*). Es wird sich aber dasselbe, weil der klei- ne Bogen der Nezzhaut für eine Chorde angesehen werden kann, wie die wahre Grösse des gesehenen Objects verhalten, welche man nach der Länge der Augenachse fortziehet, und die Distanz von Object theilt (a). Wenn diese Bilder unter einander verglichen werden, so nimmt man gemei- niglich die Distanzen verkehrt für das Maaß, da die Län- ge des Auges nur von kleiner Bedeutung ist (b). Dieser giebt man den Sehwinkel zum Maasse, welchen beide En- den des Objects, mit dem sehenden Punkte der Nezzhaut machen (c).
Folglich werden diejenigen, die sehr weit entfernet sind, einen schwachen Eindrukk verursachen, weil sich in dem engen Winkel wenig Licht enthalten läst (d), es haben auch berühmte Männer angefangen, die Gränzen der Distanzen zu bestimmen, wie weit man deutlich sehen kön-
ne.
(y)[Spaltenumbruch]
Die Seele siehet ARISTOTE- LES de anima L. II. c. 4. PLINIUS L. X. c. 39. CICERO Tuscul. L. I. PORTERFIELD L. I. pag. 371. CASSIUS n. 22. le CAT p 429.
(z)pag. 347.
(z*) So sagt le CLERC point de vue. p. 57. und selbst de perfecta visione IORINUS. welches er von distincta visione unterscheitet, di- stinct. vision. p. 116
(a)[Spaltenumbruch]MUSSCHENBROECK n. 1240. t. 16 f. 9 und etwas an- ders, da er dem Auge 6 Linien giebt. PORTERFIELD T. II. p. 339.
(b)le CAT p. 451. 452.
(c)SMITH n. 9. S' GRAVE- ZANDE n. 3117.
(d)BUFFON l. c. T. III. pag. 323. 324. BOERHAAVE morb. ocul. p. 157.
Das Sehen. XVI. Buch.
ſeine Verrichtung gethan, und die Verſuche lehren nichts weiter darauf. Dieſes Bildniß ſtellt ſich der Seele, es ſei auf welche Art es wolle, nicht durch einen Anblikk dar (y), denn es verlangt das Licht einen freien Weg ins Gehirn zu haben, wofern es etwas im Gehirn in Bewegung ſez- zen ſoll (z). Man muß indeſſen bei Betrachtung dieſes Bildes mit Genauigkeit verfahren. Und zwar hat man erſt ſeine Groͤſſe zu betrachten. Man ſiehet leicht ein, daß dieſes Bild klein ſein werde, es iſt indeſſen aber doch kein wirklicher Punkt, als in welchem ſich keine Theile geden- ken laſſen (z*). Es wird ſich aber daſſelbe, weil der klei- ne Bogen der Nezzhaut fuͤr eine Chorde angeſehen werden kann, wie die wahre Groͤſſe des geſehenen Objects verhalten, welche man nach der Laͤnge der Augenachſe fortziehet, und die Diſtanz von Object theilt (a). Wenn dieſe Bilder unter einander verglichen werden, ſo nimmt man gemei- niglich die Diſtanzen verkehrt fuͤr das Maaß, da die Laͤn- ge des Auges nur von kleiner Bedeutung iſt (b). Dieſer giebt man den Sehwinkel zum Maaſſe, welchen beide En- den des Objects, mit dem ſehenden Punkte der Nezzhaut machen (c).
Folglich werden diejenigen, die ſehr weit entfernet ſind, einen ſchwachen Eindrukk verurſachen, weil ſich in dem engen Winkel wenig Licht enthalten laͤſt (d), es haben auch beruͤhmte Maͤnner angefangen, die Graͤnzen der Diſtanzen zu beſtimmen, wie weit man deutlich ſehen koͤn-
ne.
(y)[Spaltenumbruch]
Die Seele ſiehet ARISTOTE- LES de anima L. II. c. 4. PLINIUS L. X. c. 39. CICERO Tuſcul. L. I. PORTERFIELD L. I. pag. 371. CASSIUS n. 22. le CAT p 429.
(z)pag. 347.
(z*) So ſagt le CLERC point de vue. p. 57. und ſelbſt de perfecta viſione IORINUS. welches er von diſtincta viſione unterſcheitet, di- ſtinct. viſion. p. 116
(a)[Spaltenumbruch]MUSSCHENBROECK n. 1240. t. 16 f. 9 und etwas an- ders, da er dem Auge 6 Linien giebt. PORTERFIELD T. II. p. 339.
(b)le CAT p. 451. 452.
(c)SMITH n. 9. S’ GRAVE- ZANDE n. 3117.
(d)BUFFON l. c. T. III. pag. 323. 324. BOERHAAVE morb. ocul. p. 157.
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[964/0982]
Das Sehen. XVI. Buch.
ſeine Verrichtung gethan, und die Verſuche lehren nichts
weiter darauf. Dieſes Bildniß ſtellt ſich der Seele, es ſei
auf welche Art es wolle, nicht durch einen Anblikk dar (y),
denn es verlangt das Licht einen freien Weg ins Gehirn
zu haben, wofern es etwas im Gehirn in Bewegung ſez-
zen ſoll (z). Man muß indeſſen bei Betrachtung dieſes
Bildes mit Genauigkeit verfahren. Und zwar hat man
erſt ſeine Groͤſſe zu betrachten. Man ſiehet leicht ein, daß
dieſes Bild klein ſein werde, es iſt indeſſen aber doch kein
wirklicher Punkt, als in welchem ſich keine Theile geden-
ken laſſen (z*). Es wird ſich aber daſſelbe, weil der klei-
ne Bogen der Nezzhaut fuͤr eine Chorde angeſehen werden
kann, wie die wahre Groͤſſe des geſehenen Objects verhalten,
welche man nach der Laͤnge der Augenachſe fortziehet, und
die Diſtanz von Object theilt (a). Wenn dieſe Bilder
unter einander verglichen werden, ſo nimmt man gemei-
niglich die Diſtanzen verkehrt fuͤr das Maaß, da die Laͤn-
ge des Auges nur von kleiner Bedeutung iſt (b). Dieſer
giebt man den Sehwinkel zum Maaſſe, welchen beide En-
den des Objects, mit dem ſehenden Punkte der Nezzhaut
machen (c).
Folglich werden diejenigen, die ſehr weit entfernet
ſind, einen ſchwachen Eindrukk verurſachen, weil ſich in
dem engen Winkel wenig Licht enthalten laͤſt (d), es haben
auch beruͤhmte Maͤnner angefangen, die Graͤnzen der
Diſtanzen zu beſtimmen, wie weit man deutlich ſehen koͤn-
ne.
(y)
Die Seele ſiehet ARISTOTE-
LES de anima L. II. c. 4. PLINIUS
L. X. c. 39. CICERO Tuſcul. L. I.
PORTERFIELD L. I. pag. 371.
CASSIUS n. 22. le CAT p 429.
(z) pag. 347.
(z*) So ſagt le CLERC point de
vue. p. 57. und ſelbſt de perfecta
viſione IORINUS. welches er von
diſtincta viſione unterſcheitet, di-
ſtinct. viſion. p. 116
(a)
MUSSCHENBROECK
n. 1240. t. 16 f. 9 und etwas an-
ders, da er dem Auge 6 Linien
giebt. PORTERFIELD T. II. p.
339.
(b) le CAT p. 451. 452.
(c) SMITH n. 9. S’ GRAVE-
ZANDE n. 3117.
(d) BUFFON l. c. T. III. pag.
323. 324. BOERHAAVE morb.
ocul. p. 157.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 964. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/982>, abgerufen am 22.11.2024.
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