lende nach einen doppelten Gesichte ein einfaches erlangt hatten (m), so ist es glaublich, daß sie wegen eines feh- lerhaften Muskels, Dinge doppelt gesehen, und diesen Fehler durch eine gegenseitige Bemühung, so wie sie sich gemeiniglich selbst verbessern können.
Das einfache Sehen der Jnsekten läst sich schwer er- klären: Denn da sowol die gegitterten Augen (n), als die glatten wirkliche Augen sind (o): Da ein einziges Au- ge sehr zahlreiche Hornhäute hat (p), darunter eine jede die Fähigkeit besizzet, ein Bild aufzufangen (q): und da diese Hornhäute nach Art einer Halbkugel gegen alle Thei- le gelagert sind, so kann es unmöglich geschehen (r), daß die Sehachsen zusammentreffen sollten, und es können die Rührungen, die der gesehene Körper verursachet, nicht in einem und eben demselben Nerven vereinigt werden. Und da ferner in der Weidenraupe (s), und der Wasser- schnekke (s*), der Sehnerve offenbar nach Art eines zwei- ten Nervens, sechs Aeste zu sechs Augen sendet, und aus- serdem noch Zweige zu den übrigen Theilen des Körpers abgiebt, so wird man das obige wahr befinden.
Es haben berühmte Männer sich gewaget, diesen Kno- ten damit aufzulösen, daß die Fliege bei ihren unzähligen Augen dennoch nur mit wenigen sehe, und daß sie das eine grade gegen die Sache hin richte, und mit den zwei oder drei nächsten dahin schiele (t). Sie glauben auch,
daß
(m)[Spaltenumbruch]BUFFON Mem. de l'Acad. 1743. p. 245.
(n)CATALAN Iourn. des sav. 1680. p. 24. SWAMMERDAM p. 501. ROESEL Insect. Belustig. p. 49. von Fliegen und Schnaken.
(o)CATALAN Iourn. des Savans 1680. n. 24.
(p) An der Fliege 3000. HO- DIERNA, & 14000. HOOKE mi- crograph. obs. 39. GRIENDEL f. 8. IOBLOT an musca notonecta 32000. p. Jn Cancro. 1260. PU- [Spaltenumbruch]
GET p 109. Jn astaco 2500. im Quadratzolle BASTER uyt spann. T. II. p. 7. Am Papilion 34650. PUGET p. 118. t. I. f. 3. 22000. und darüber. LYONNET chenille p. 566.
(q)PUGET Letre au P. LAMI Iourn. des sav. 1704 n. 5. HOO- KE obs. 39
(r)PUGET L. II. p. 62.
(s)LYONNET chenille p. 561.
(s*)Bibl. p. 165.
(t)PUGET L. II. p. 88. HOO- KE p. 179.
Das Sehen. XVI. Buch.
lende nach einen doppelten Geſichte ein einfaches erlangt hatten (m), ſo iſt es glaublich, daß ſie wegen eines feh- lerhaften Muſkels, Dinge doppelt geſehen, und dieſen Fehler durch eine gegenſeitige Bemuͤhung, ſo wie ſie ſich gemeiniglich ſelbſt verbeſſern koͤnnen.
Das einfache Sehen der Jnſekten laͤſt ſich ſchwer er- klaͤren: Denn da ſowol die gegitterten Augen (n), als die glatten wirkliche Augen ſind (o): Da ein einziges Au- ge ſehr zahlreiche Hornhaͤute hat (p), darunter eine jede die Faͤhigkeit beſizzet, ein Bild aufzufangen (q): und da dieſe Hornhaͤute nach Art einer Halbkugel gegen alle Thei- le gelagert ſind, ſo kann es unmoͤglich geſchehen (r), daß die Sehachſen zuſammentreffen ſollten, und es koͤnnen die Ruͤhrungen, die der geſehene Koͤrper verurſachet, nicht in einem und eben demſelben Nerven vereinigt werden. Und da ferner in der Weidenraupe (s), und der Waſſer- ſchnekke (s*), der Sehnerve offenbar nach Art eines zwei- ten Nervens, ſechs Aeſte zu ſechs Augen ſendet, und auſ- ſerdem noch Zweige zu den uͤbrigen Theilen des Koͤrpers abgiebt, ſo wird man das obige wahr befinden.
Es haben beruͤhmte Maͤnner ſich gewaget, dieſen Kno- ten damit aufzuloͤſen, daß die Fliege bei ihren unzaͤhligen Augen dennoch nur mit wenigen ſehe, und daß ſie das eine grade gegen die Sache hin richte, und mit den zwei oder drei naͤchſten dahin ſchiele (t). Sie glauben auch,
daß
(m)[Spaltenumbruch]BUFFON Mém. de l’Acad. 1743. p. 245.
(n)CATALAN Iourn. des ſav. 1680. p. 24. SWAMMERDAM p. 501. ROESEL Inſect. Beluſtig. p. 49. von Fliegen und Schnaken.
(o)CATALAN Iourn. des Savans 1680. n. 24.
(p) An der Fliege 3000. HO- DIERNA, & 14000. HOOKE mi- crograph. obſ. 39. GRIENDEL f. 8. IOBLOT an muſca notonecta 32000. p. Jn Cancro. 1260. PU- [Spaltenumbruch]
GET p 109. Jn aſtaco 2500. im Quadratzolle BASTER uyt ſpann. T. II. p. 7. Am Papilion 34650. PUGET p. 118. t. I. f. 3. 22000. und daruͤber. LYONNET chenille p. 566.
(q)PUGET Letre au P. LAMI Iourn. des ſav. 1704 n. 5. HOO- KE obſ. 39
(r)PUGET L. II. p. 62.
(s)LYONNET chenille p. 561.
(s*)Bibl. p. 165.
(t)PUGET L. II. p. 88. HOO- KE p. 179.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0998"n="980"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das Sehen. <hirendition="#aq">XVI.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
lende nach einen doppelten Geſichte ein einfaches erlangt<lb/>
hatten <noteplace="foot"n="(m)"><cb/><hirendition="#aq">BUFFON Mém. de l’Acad.<lb/>
1743. p.</hi> 245.</note>, ſo iſt es glaublich, daß ſie wegen eines feh-<lb/>
lerhaften Muſkels, Dinge doppelt geſehen, und dieſen<lb/>
Fehler durch eine gegenſeitige Bemuͤhung, ſo wie ſie ſich<lb/>
gemeiniglich ſelbſt verbeſſern koͤnnen.</p><lb/><p>Das einfache Sehen der Jnſekten laͤſt ſich ſchwer er-<lb/>
klaͤren: Denn da ſowol die gegitterten Augen <noteplace="foot"n="(n)"><hirendition="#aq">CATALAN Iourn. des ſav.<lb/>
1680. p. 24. SWAMMERDAM p.<lb/>
501. ROESEL Inſect. Beluſtig. p.<lb/>
49. von Fliegen und Schnaken.</hi></note>, als<lb/>
die glatten wirkliche Augen ſind <noteplace="foot"n="(o)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">CATALAN</hi> Iourn. des<lb/>
Savans 1680. n.</hi> 24.</note>: Da ein einziges Au-<lb/>
ge ſehr zahlreiche Hornhaͤute hat <noteplace="foot"n="(p)">An der Fliege 3000. <hirendition="#aq">HO-<lb/>
DIERNA, & 14000. HOOKE mi-<lb/>
crograph. obſ. 39. GRIENDEL f.<lb/>
8. IOBLOT</hi> an <hirendition="#aq">muſca notonecta<lb/>
32000. p.</hi> Jn <hirendition="#aq">Cancro. 1260. PU-<lb/><cb/>
GET p</hi> 109. Jn <hirendition="#aq">aſtaco</hi> 2500. im<lb/>
Quadratzolle <hirendition="#aq">BASTER uyt ſpann.<lb/>
T. II. p.</hi> 7. Am Papilion 34650.<lb/><hirendition="#aq">PUGET p. 118. t. I. f.</hi> 3. 22000.<lb/>
und daruͤber. <hirendition="#aq">LYONNET chenille<lb/>
p.</hi> 566.</note>, darunter eine jede<lb/>
die Faͤhigkeit beſizzet, ein Bild aufzufangen <noteplace="foot"n="(q)"><hirendition="#aq">PUGET Letre au P. LAMI<lb/>
Iourn. des ſav. 1704 n. 5. HOO-<lb/>
KE obſ.</hi> 39</note>: und da<lb/>
dieſe Hornhaͤute nach Art einer Halbkugel gegen alle Thei-<lb/>
le gelagert ſind, ſo kann es unmoͤglich geſchehen <noteplace="foot"n="(r)"><hirendition="#aq">PUGET L. II. p.</hi> 62.</note>, daß<lb/>
die Sehachſen zuſammentreffen ſollten, und es koͤnnen die<lb/>
Ruͤhrungen, die der geſehene Koͤrper verurſachet, nicht<lb/>
in einem und eben demſelben Nerven vereinigt werden.<lb/>
Und da ferner in der Weidenraupe <noteplace="foot"n="(s)"><hirendition="#aq">LYONNET chenille p.</hi> 561.</note>, und der Waſſer-<lb/>ſchnekke <noteplace="foot"n="(s*)"><hirendition="#aq">Bibl. p.</hi> 165.</note>, der Sehnerve offenbar nach Art eines zwei-<lb/>
ten Nervens, ſechs Aeſte zu ſechs Augen ſendet, und auſ-<lb/>ſerdem noch Zweige zu den uͤbrigen Theilen des Koͤrpers<lb/>
abgiebt, ſo wird man das obige wahr befinden.</p><lb/><p>Es haben beruͤhmte Maͤnner ſich gewaget, dieſen Kno-<lb/>
ten damit aufzuloͤſen, daß die Fliege bei ihren unzaͤhligen<lb/>
Augen dennoch nur mit wenigen ſehe, und daß ſie das<lb/>
eine grade gegen die Sache hin richte, und mit den zwei<lb/>
oder drei naͤchſten dahin ſchiele <noteplace="foot"n="(t)"><hirendition="#aq">PUGET L. II. p. 88. HOO-<lb/>
KE p.</hi> 179.</note>. Sie glauben auch,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">daß</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[980/0998]
Das Sehen. XVI. Buch.
lende nach einen doppelten Geſichte ein einfaches erlangt
hatten (m), ſo iſt es glaublich, daß ſie wegen eines feh-
lerhaften Muſkels, Dinge doppelt geſehen, und dieſen
Fehler durch eine gegenſeitige Bemuͤhung, ſo wie ſie ſich
gemeiniglich ſelbſt verbeſſern koͤnnen.
Das einfache Sehen der Jnſekten laͤſt ſich ſchwer er-
klaͤren: Denn da ſowol die gegitterten Augen (n), als
die glatten wirkliche Augen ſind (o): Da ein einziges Au-
ge ſehr zahlreiche Hornhaͤute hat (p), darunter eine jede
die Faͤhigkeit beſizzet, ein Bild aufzufangen (q): und da
dieſe Hornhaͤute nach Art einer Halbkugel gegen alle Thei-
le gelagert ſind, ſo kann es unmoͤglich geſchehen (r), daß
die Sehachſen zuſammentreffen ſollten, und es koͤnnen die
Ruͤhrungen, die der geſehene Koͤrper verurſachet, nicht
in einem und eben demſelben Nerven vereinigt werden.
Und da ferner in der Weidenraupe (s), und der Waſſer-
ſchnekke (s*), der Sehnerve offenbar nach Art eines zwei-
ten Nervens, ſechs Aeſte zu ſechs Augen ſendet, und auſ-
ſerdem noch Zweige zu den uͤbrigen Theilen des Koͤrpers
abgiebt, ſo wird man das obige wahr befinden.
Es haben beruͤhmte Maͤnner ſich gewaget, dieſen Kno-
ten damit aufzuloͤſen, daß die Fliege bei ihren unzaͤhligen
Augen dennoch nur mit wenigen ſehe, und daß ſie das
eine grade gegen die Sache hin richte, und mit den zwei
oder drei naͤchſten dahin ſchiele (t). Sie glauben auch,
daß
(m)
BUFFON Mém. de l’Acad.
1743. p. 245.
(n) CATALAN Iourn. des ſav.
1680. p. 24. SWAMMERDAM p.
501. ROESEL Inſect. Beluſtig. p.
49. von Fliegen und Schnaken.
(o) CATALAN Iourn. des
Savans 1680. n. 24.
(p) An der Fliege 3000. HO-
DIERNA, & 14000. HOOKE mi-
crograph. obſ. 39. GRIENDEL f.
8. IOBLOT an muſca notonecta
32000. p. Jn Cancro. 1260. PU-
GET p 109. Jn aſtaco 2500. im
Quadratzolle BASTER uyt ſpann.
T. II. p. 7. Am Papilion 34650.
PUGET p. 118. t. I. f. 3. 22000.
und daruͤber. LYONNET chenille
p. 566.
(q) PUGET Letre au P. LAMI
Iourn. des ſav. 1704 n. 5. HOO-
KE obſ. 39
(r) PUGET L. II. p. 62.
(s) LYONNET chenille p. 561.
(s*) Bibl. p. 165.
(t) PUGET L. II. p. 88. HOO-
KE p. 179.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 980. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/998>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.