dem Anblikke, und endlich bei einer lebhaften Vorstellung eines angenemen Gerichtes, sondern wenn man nüchtern, und hungrig ist, aus den Whartonischen Mündun- gen zween ansenliche Speichelqvellen, wie wir eben ge- sagt haben, ergiessen, welche an einem satten Menschen, wenn er gleich den Mund ebenfalls öffnet, nicht eben so deutlich hervorbrechen.
Jch glaube auch nicht, daß dieses einzig und allein von der Anfüllung der Gefässe herkomme, die in einem Menschen welcher fastet, ganz voller Speichel sind. Es zeiget das Exempel von dem Saamen offenbar, daß der- selbe von der Liebesbegierde, von der Einbildungskraft, von der erblikkten Reizung der Wollust, in grösserer Men- ge in die Saamenbläschen zusammen fliest, daß er bei den nächsten Liebesgeschäfte in viel grösserm Gewichte ausge- worfen wird, als bei einem andern Menschen geschehen würde, der bei kältern Blute, und ohne vorangegangene verliebte Reize, der Liebesgöttin sein Opfer bringt. Folg- lich gehört diese Ursache zu der verborgenen Reizbarkeit aller Drüsen mit, die wir in unsern Versuchen nicht nach- ahmen können.
Jndessen gehen doch diese berümte Männer mit ihrer Hipotese zu weit. Es erhellet nämlich aus dem angestell- ten Versuche überhaupt (o), daß der Speichel vordringe, wenn man gleich das trokkneste Holz käuet und in dem Munde zusammen fliesse: daß sich die Ohrendrüse (p) bei der Bewegung des Kinnbakkens ausleere, und man weis, daß aus dieser Drüse, da sie exulcerirt war, wenn der Kranke aß, eine Menge Speichel geflossen (q): daß
elekk-
(o)[Spaltenumbruch]
Daß er von der Erschütte- rung der Muskeln hervorgelokkt werde, gesteht BORDEU p. 278 279.
(p) Dies gesteht BORDEU re- cherches p. 39.
(q)[Spaltenumbruch]Mem de chir T. III. p. 445. Ess. of a Societ. at Edimb. T. II. n. 13. Siehe das Exempel BAR- THOLINI Cent. III. hist. 77. et Diss. sur la malad. des os II. p. 93.
II. Abſchnitt. im Munde.
dem Anblikke, und endlich bei einer lebhaften Vorſtellung eines angenemen Gerichtes, ſondern wenn man nuͤchtern, und hungrig iſt, aus den Whartoniſchen Muͤndun- gen zween anſenliche Speichelqvellen, wie wir eben ge- ſagt haben, ergieſſen, welche an einem ſatten Menſchen, wenn er gleich den Mund ebenfalls oͤffnet, nicht eben ſo deutlich hervorbrechen.
Jch glaube auch nicht, daß dieſes einzig und allein von der Anfuͤllung der Gefaͤſſe herkomme, die in einem Menſchen welcher faſtet, ganz voller Speichel ſind. Es zeiget das Exempel von dem Saamen offenbar, daß der- ſelbe von der Liebesbegierde, von der Einbildungskraft, von der erblikkten Reizung der Wolluſt, in groͤſſerer Men- ge in die Saamenblaͤschen zuſammen flieſt, daß er bei den naͤchſten Liebesgeſchaͤfte in viel groͤſſerm Gewichte ausge- worfen wird, als bei einem andern Menſchen geſchehen wuͤrde, der bei kaͤltern Blute, und ohne vorangegangene verliebte Reize, der Liebesgoͤttin ſein Opfer bringt. Folg- lich gehoͤrt dieſe Urſache zu der verborgenen Reizbarkeit aller Druͤſen mit, die wir in unſern Verſuchen nicht nach- ahmen koͤnnen.
Jndeſſen gehen doch dieſe beruͤmte Maͤnner mit ihrer Hipoteſe zu weit. Es erhellet naͤmlich aus dem angeſtell- ten Verſuche uͤberhaupt (o), daß der Speichel vordringe, wenn man gleich das trokkneſte Holz kaͤuet und in dem Munde zuſammen flieſſe: daß ſich die Ohrendruͤſe (p) bei der Bewegung des Kinnbakkens ausleere, und man weis, daß aus dieſer Druͤſe, da ſie exulcerirt war, wenn der Kranke aß, eine Menge Speichel gefloſſen (q): daß
elekk-
(o)[Spaltenumbruch]
Daß er von der Erſchuͤtte- rung der Muſkeln hervorgelokkt werde, geſteht BORDEU p. 278 279.
(p) Dies geſteht BORDEU re- cherches p. 39.
(q)[Spaltenumbruch]Mem de chir T. III. p. 445. Eſſ. of a Societ. at Edimb. T. II. n. 13. Siehe das Exempel BAR- THOLINI Cent. III. hiſt. 77. et Diſſ. ſur la malad. des os II. p. 93.
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gen zween anſenliche Speichelqvellen, wie wir eben ge-
ſagt haben, ergieſſen, welche an einem ſatten Menſchen,
wenn er gleich den Mund ebenfalls oͤffnet, nicht eben ſo
deutlich hervorbrechen.
Jch glaube auch nicht, daß dieſes einzig und allein
von der Anfuͤllung der Gefaͤſſe herkomme, die in einem
Menſchen welcher faſtet, ganz voller Speichel ſind. Es
zeiget das Exempel von dem Saamen offenbar, daß der-
ſelbe von der Liebesbegierde, von der Einbildungskraft,
von der erblikkten Reizung der Wolluſt, in groͤſſerer Men-
ge in die Saamenblaͤschen zuſammen flieſt, daß er bei den
naͤchſten Liebesgeſchaͤfte in viel groͤſſerm Gewichte ausge-
worfen wird, als bei einem andern Menſchen geſchehen
wuͤrde, der bei kaͤltern Blute, und ohne vorangegangene
verliebte Reize, der Liebesgoͤttin ſein Opfer bringt. Folg-
lich gehoͤrt dieſe Urſache zu der verborgenen Reizbarkeit
aller Druͤſen mit, die wir in unſern Verſuchen nicht nach-
ahmen koͤnnen.
Jndeſſen gehen doch dieſe beruͤmte Maͤnner mit ihrer
Hipoteſe zu weit. Es erhellet naͤmlich aus dem angeſtell-
ten Verſuche uͤberhaupt (o), daß der Speichel vordringe,
wenn man gleich das trokkneſte Holz kaͤuet und in dem
Munde zuſammen flieſſe: daß ſich die Ohrendruͤſe (p)
bei der Bewegung des Kinnbakkens ausleere, und man
weis, daß aus dieſer Druͤſe, da ſie exulcerirt war, wenn
der Kranke aß, eine Menge Speichel gefloſſen (q): daß
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(o)
Daß er von der Erſchuͤtte-
rung der Muſkeln hervorgelokkt
werde, geſteht BORDEU p. 278
279.
(p) Dies geſteht BORDEU re-
cherches p. 39.
(q)
Mem de chir T. III. p. 445.
Eſſ. of a Societ. at Edimb. T. II.
n. 13. Siehe das Exempel BAR-
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Diſſ. ſur la malad. des os II. p. 93.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/113>, abgerufen am 21.11.2024.
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