Hieraus erhellet leicht, daß, da dieser Muskel beide Enden an einem beweglichen Theil anfängt, da die Ver- bindung mit der harten Membran des weichen Gau- mens, ausserdem noch das obere Ende feste hält, und das untere vermöge des Anhängens am Schildknorpel seine Versicherung findet, ich sage, daß darum fast beide En- den gleich beweglich sein müssen, nur daß derjenige Bo- gen am beweglichsten ist, in welchem der rechte Muskel mit dem linken an dem weichen Gaumen zusammen läuft.
Wenn dieser Muskel also, seiner eignen Natur ge- mäs, wirket, so ziehet er den weichen Gaumen herab, entfernt ihn von den Nasenlöchern, ziehet selbigen näher gegen die Zunge, hält folglich die in dieser Gegend be- findliche Speise, von der Nase, kraft des dazwischen lie- genden Seegels ab, presset solche in den Schlundkopf herab, und sorgt davor, daß sie nicht wieder in den Mund zurükk trete, wenn er das Gaumenseegel gegen die Zunge gleichsam aufzieht. Zugleich hebt er den Schlundkopf in die Höhe, er erweitert denselben, ziehet ihn gegen die niedergetriebne Speise heran, und trägt das Seinige zur Umkehrung des Kehldekkels mit bei.
Wäre aber das eine Ende eben dieses Muskels fester, und es würde der Luftröhrenkopf vermöge seiner Kräfte niedergezogen, so könnte er nur einzig und allein das Gaumenseegel wegziehen, und an die Zunge anlegen.
Wäre im Gegentheil das Gaumenseegel, vermittelst des Aufhebers des weichen Gaumens, über sich in die Höhe gezogen, und Schlundkopf und Luftröhrenkopf in seinem schlaffen Zustande, so könnte er alsdann den Schlundkopf und zugleich den Luftröhrenkopf, gleichsam an den knochigen Gaumen in die Höhe ziehen (u).
Er
(u) Dergleichen hat ALBINUS COURCELLES.
Weg zum Magen. XVIII. Buch.
Hieraus erhellet leicht, daß, da dieſer Muſkel beide Enden an einem beweglichen Theil anfaͤngt, da die Ver- bindung mit der harten Membran des weichen Gau- mens, auſſerdem noch das obere Ende feſte haͤlt, und das untere vermoͤge des Anhaͤngens am Schildknorpel ſeine Verſicherung findet, ich ſage, daß darum faſt beide En- den gleich beweglich ſein muͤſſen, nur daß derjenige Bo- gen am beweglichſten iſt, in welchem der rechte Muſkel mit dem linken an dem weichen Gaumen zuſammen laͤuft.
Wenn dieſer Muſkel alſo, ſeiner eignen Natur ge- maͤs, wirket, ſo ziehet er den weichen Gaumen herab, entfernt ihn von den Naſenloͤchern, ziehet ſelbigen naͤher gegen die Zunge, haͤlt folglich die in dieſer Gegend be- findliche Speiſe, von der Naſe, kraft des dazwiſchen lie- genden Seegels ab, preſſet ſolche in den Schlundkopf herab, und ſorgt davor, daß ſie nicht wieder in den Mund zuruͤkk trete, wenn er das Gaumenſeegel gegen die Zunge gleichſam aufzieht. Zugleich hebt er den Schlundkopf in die Hoͤhe, er erweitert denſelben, ziehet ihn gegen die niedergetriebne Speiſe heran, und traͤgt das Seinige zur Umkehrung des Kehldekkels mit bei.
Waͤre aber das eine Ende eben dieſes Muſkels feſter, und es wuͤrde der Luftroͤhrenkopf vermoͤge ſeiner Kraͤfte niedergezogen, ſo koͤnnte er nur einzig und allein das Gaumenſeegel wegziehen, und an die Zunge anlegen.
Waͤre im Gegentheil das Gaumenſeegel, vermittelſt des Aufhebers des weichen Gaumens, uͤber ſich in die Hoͤhe gezogen, und Schlundkopf und Luftroͤhrenkopf in ſeinem ſchlaffen Zuſtande, ſo koͤnnte er alsdann den Schlundkopf und zugleich den Luftroͤhrenkopf, gleichſam an den knochigen Gaumen in die Hoͤhe ziehen (u).
Er
(u) Dergleichen hat ALBINUS COURCELLES.
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Weg zum Magen. XVIII. Buch.
Hieraus erhellet leicht, daß, da dieſer Muſkel beide
Enden an einem beweglichen Theil anfaͤngt, da die Ver-
bindung mit der harten Membran des weichen Gau-
mens, auſſerdem noch das obere Ende feſte haͤlt, und das
untere vermoͤge des Anhaͤngens am Schildknorpel ſeine
Verſicherung findet, ich ſage, daß darum faſt beide En-
den gleich beweglich ſein muͤſſen, nur daß derjenige Bo-
gen am beweglichſten iſt, in welchem der rechte Muſkel
mit dem linken an dem weichen Gaumen zuſammen laͤuft.
Wenn dieſer Muſkel alſo, ſeiner eignen Natur ge-
maͤs, wirket, ſo ziehet er den weichen Gaumen herab,
entfernt ihn von den Naſenloͤchern, ziehet ſelbigen naͤher
gegen die Zunge, haͤlt folglich die in dieſer Gegend be-
findliche Speiſe, von der Naſe, kraft des dazwiſchen lie-
genden Seegels ab, preſſet ſolche in den Schlundkopf
herab, und ſorgt davor, daß ſie nicht wieder in den
Mund zuruͤkk trete, wenn er das Gaumenſeegel gegen
die Zunge gleichſam aufzieht. Zugleich hebt er den
Schlundkopf in die Hoͤhe, er erweitert denſelben, ziehet
ihn gegen die niedergetriebne Speiſe heran, und traͤgt
das Seinige zur Umkehrung des Kehldekkels mit bei.
Waͤre aber das eine Ende eben dieſes Muſkels feſter,
und es wuͤrde der Luftroͤhrenkopf vermoͤge ſeiner Kraͤfte
niedergezogen, ſo koͤnnte er nur einzig und allein das
Gaumenſeegel wegziehen, und an die Zunge anlegen.
Waͤre im Gegentheil das Gaumenſeegel, vermittelſt
des Aufhebers des weichen Gaumens, uͤber ſich in die
Hoͤhe gezogen, und Schlundkopf und Luftroͤhrenkopf in
ſeinem ſchlaffen Zuſtande, ſo koͤnnte er alsdann den
Schlundkopf und zugleich den Luftroͤhrenkopf, gleichſam
an den knochigen Gaumen in die Hoͤhe ziehen (u).
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(u) Dergleichen hat ALBINUS COURCELLES.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/142>, abgerufen am 21.11.2024.
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