den mögen, so wohl die flüßige als feste Theile schadlos zu halten.
§. 11. Die Erscheinungen bei dem Hunger.
Dieser ist eine unangeneme Empfindung, und eine gleichsam ezzende Art des Schmerzens, der blos im Ma- gen seinen Sizz hat.
Es treibt zugleich die höchst scharfgewordene Galle in den Magen zurükke (a), es verschwindet der Schlaf, es erfolgt eine Entkräftung (b), eine Ohnmacht (c), ein Gähnen, der Atem wird wegen Schärfe der Säfte stin- kend (d), es schält sich der ganze Mund ab, das Blut artet immer stärker aus, und es wird die Milch scharf und ranzig, und der Urin (e) nimmt einen unerträgli- chen Gestank an sich.
Endlich zerreissen die Gefässe, es ergiesset sich in den Magen Blut (f), und durch die Nase (g) und ins Ge- därme (h), der Schlund schwillt (i), man ist ausser sich, es erfolgt eine wirkliche Raserei (k), und bald später, bald früher der Tod selbst (l).
Diese Schmerzen sind aber so entsezzlich, daß man alle unnatürliche Narungsmittel versucht (m), und Rinder- sehnen (m), Leder (n), ganze Wagens, Schue, faule Kör-
per
(a)[Spaltenumbruch]MORGAGN. Adv. III. p. 55. GORTER de fame n. 23. gelbe Sucht und gallige Erbrechen. FANTON I. c. Jch habe selbst ge- sehen, daß der Magen im Hunde und Kazzen für Hunger mit Galle angefüllt gewesen.
(b)FANTON Diss. anat. p. 39.
(c)GAGE l. c. BOYLE of froft. app. p. 27. VIRIDET bon chyle p 299. 210. vom Soodbren- nen, wofern man nicht aß Miscell. Berl. T. VI. p. 81.
(d)[Spaltenumbruch]p. 167.
(e)Ibid.
(f)Ibid.
(g)Ibid.
(h)Ibid.
(i)Lond. Chron. 1759. p. 315.
(k)p. 163.
(l)Ibid.
(m)SCHELHAMMER p. CXXIV.
(m)SCHELHAMMER p. CXXIV.
(n)OEXMELIN Hist. des Avant. V. p. 154. Die Regienser in der Belagerung DIODOR L.
XIV.
Der Magen. XIX. Buch.
den moͤgen, ſo wohl die fluͤßige als feſte Theile ſchadlos zu halten.
§. 11. Die Erſcheinungen bei dem Hunger.
Dieſer iſt eine unangeneme Empfindung, und eine gleichſam ezzende Art des Schmerzens, der blos im Ma- gen ſeinen Sizz hat.
Es treibt zugleich die hoͤchſt ſcharfgewordene Galle in den Magen zuruͤkke (a), es verſchwindet der Schlaf, es erfolgt eine Entkraͤftung (b), eine Ohnmacht (c), ein Gaͤhnen, der Atem wird wegen Schaͤrfe der Saͤfte ſtin- kend (d), es ſchaͤlt ſich der ganze Mund ab, das Blut artet immer ſtaͤrker aus, und es wird die Milch ſcharf und ranzig, und der Urin (e) nimmt einen unertraͤgli- chen Geſtank an ſich.
Endlich zerreiſſen die Gefaͤſſe, es ergieſſet ſich in den Magen Blut (f), und durch die Naſe (g) und ins Ge- daͤrme (h), der Schlund ſchwillt (i), man iſt auſſer ſich, es erfolgt eine wirkliche Raſerei (k), und bald ſpaͤter, bald fruͤher der Tod ſelbſt (l).
Dieſe Schmerzen ſind aber ſo entſezzlich, daß man alle unnatuͤrliche Narungsmittel verſucht (m), und Rinder- ſehnen (m), Leder (n), ganze Wagens, Schue, faule Koͤr-
per
(a)[Spaltenumbruch]MORGAGN. Adv. III. p. 55. GORTER de fame n. 23. gelbe Sucht und gallige Erbrechen. FANTON I. c. Jch habe ſelbſt ge- ſehen, daß der Magen im Hunde und Kazzen fuͤr Hunger mit Galle angefuͤllt geweſen.
(b)FANTON Diſſ. anat. p. 39.
(c)GAGE l. c. BOYLE of froft. app. p. 27. VIRIDET bon chyle p 299. 210. vom Soodbren- nen, wofern man nicht aß Miſcell. Berl. T. VI. p. 81.
(d)[Spaltenumbruch]p. 167.
(e)Ibid.
(f)Ibid.
(g)Ibid.
(h)Ibid.
(i)Lond. Chron. 1759. p. 315.
(k)p. 163.
(l)Ibid.
(m)SCHELHAMMER p. CXXIV.
(m)SCHELHAMMER p. CXXIV.
(n)OEXMELIN Hiſt. des Avant. V. p. 154. Die Regienſer in der Belagerung DIODOR L.
XIV.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0296"n="260[276]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der Magen. <hirendition="#aq">XIX.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
den moͤgen, ſo wohl die fluͤßige als feſte Theile ſchadlos<lb/>
zu halten.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 11.<lb/><hirendition="#b">Die Erſcheinungen bei dem Hunger.</hi></head><lb/><p>Dieſer iſt eine unangeneme Empfindung, und eine<lb/>
gleichſam ezzende Art des Schmerzens, der blos im Ma-<lb/>
gen ſeinen Sizz hat.</p><lb/><p>Es treibt zugleich die hoͤchſt ſcharfgewordene Galle in<lb/>
den Magen zuruͤkke <noteplace="foot"n="(a)"><cb/><hirendition="#aq">MORGAGN. Adv. III. p.<lb/>
55. GORTER de fame n.</hi> 23. gelbe<lb/>
Sucht und gallige Erbrechen.<lb/><hirendition="#aq">FANTON I. c.</hi> Jch habe ſelbſt ge-<lb/>ſehen, daß der Magen im Hunde<lb/>
und Kazzen fuͤr Hunger mit Galle<lb/>
angefuͤllt geweſen.</note>, es verſchwindet der Schlaf, es<lb/>
erfolgt eine Entkraͤftung <noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">FANTON</hi> Diſſ. anat. p.</hi> 39.</note>, eine Ohnmacht <noteplace="foot"n="(c)"><hirendition="#aq">GAGE l. c. <hirendition="#g">BOYLE</hi> of<lb/>
froft. app. p. 27. VIRIDET bon<lb/>
chyle p</hi> 299. 210. vom Soodbren-<lb/>
nen, wofern man nicht aß <hirendition="#aq">Miſcell.<lb/>
Berl. T. VI. p.</hi> 81.</note>, ein<lb/>
Gaͤhnen, der Atem wird wegen Schaͤrfe der Saͤfte ſtin-<lb/>
kend <noteplace="foot"n="(d)"><cb/><hirendition="#aq">p.</hi> 167.</note>, es ſchaͤlt ſich der ganze Mund ab, das Blut<lb/>
artet immer ſtaͤrker aus, und es wird die Milch ſcharf<lb/>
und ranzig, und der Urin <noteplace="foot"n="(e)"><hirendition="#aq">Ibid.</hi></note> nimmt einen unertraͤgli-<lb/>
chen Geſtank an ſich.</p><lb/><p>Endlich zerreiſſen die Gefaͤſſe, es ergieſſet ſich in den<lb/>
Magen Blut <noteplace="foot"n="(f)"><hirendition="#aq">Ibid.</hi></note>, und durch die Naſe <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq">Ibid.</hi></note> und ins Ge-<lb/>
daͤrme <noteplace="foot"n="(h)"><hirendition="#aq">Ibid.</hi></note>, der Schlund ſchwillt <noteplace="foot"n="(i)"><hirendition="#aq">Lond. Chron. 1759. p.</hi> 315.</note>, man iſt auſſer ſich,<lb/>
es erfolgt eine wirkliche Raſerei <noteplace="foot"n="(k)"><hirendition="#aq">p.</hi> 163.</note>, und bald ſpaͤter, bald<lb/>
fruͤher der Tod ſelbſt <noteplace="foot"n="(l)"><hirendition="#aq">Ibid.</hi></note>.</p><lb/><p>Dieſe Schmerzen ſind aber ſo entſezzlich, daß man<lb/>
alle unnatuͤrliche Narungsmittel verſucht <noteplace="foot"n="(m)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">SCHELHAMMER</hi> p.<lb/>
CXXIV.</hi></note>, und Rinder-<lb/>ſehnen <noteplace="foot"n="(m)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">SCHELHAMMER</hi> p.<lb/>
CXXIV.</hi></note>, Leder <notexml:id="f47"next="#f48"place="foot"n="(n)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">OEXMELIN</hi> Hiſt. des<lb/>
Avant. V. p.</hi> 154. Die Regienſer<lb/>
in der Belagerung <hirendition="#aq">DIODOR L.</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">XIV.</hi></fw></note>, ganze Wagens, Schue, faule Koͤr-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">per</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[260[276]/0296]
Der Magen. XIX. Buch.
den moͤgen, ſo wohl die fluͤßige als feſte Theile ſchadlos
zu halten.
§. 11.
Die Erſcheinungen bei dem Hunger.
Dieſer iſt eine unangeneme Empfindung, und eine
gleichſam ezzende Art des Schmerzens, der blos im Ma-
gen ſeinen Sizz hat.
Es treibt zugleich die hoͤchſt ſcharfgewordene Galle in
den Magen zuruͤkke (a), es verſchwindet der Schlaf, es
erfolgt eine Entkraͤftung (b), eine Ohnmacht (c), ein
Gaͤhnen, der Atem wird wegen Schaͤrfe der Saͤfte ſtin-
kend (d), es ſchaͤlt ſich der ganze Mund ab, das Blut
artet immer ſtaͤrker aus, und es wird die Milch ſcharf
und ranzig, und der Urin (e) nimmt einen unertraͤgli-
chen Geſtank an ſich.
Endlich zerreiſſen die Gefaͤſſe, es ergieſſet ſich in den
Magen Blut (f), und durch die Naſe (g) und ins Ge-
daͤrme (h), der Schlund ſchwillt (i), man iſt auſſer ſich,
es erfolgt eine wirkliche Raſerei (k), und bald ſpaͤter, bald
fruͤher der Tod ſelbſt (l).
Dieſe Schmerzen ſind aber ſo entſezzlich, daß man
alle unnatuͤrliche Narungsmittel verſucht (m), und Rinder-
ſehnen (m), Leder (n), ganze Wagens, Schue, faule Koͤr-
per
(a)
MORGAGN. Adv. III. p.
55. GORTER de fame n. 23. gelbe
Sucht und gallige Erbrechen.
FANTON I. c. Jch habe ſelbſt ge-
ſehen, daß der Magen im Hunde
und Kazzen fuͤr Hunger mit Galle
angefuͤllt geweſen.
(b) FANTON Diſſ. anat. p. 39.
(c) GAGE l. c. BOYLE of
froft. app. p. 27. VIRIDET bon
chyle p 299. 210. vom Soodbren-
nen, wofern man nicht aß Miſcell.
Berl. T. VI. p. 81.
(d)
p. 167.
(e) Ibid.
(f) Ibid.
(g) Ibid.
(h) Ibid.
(i) Lond. Chron. 1759. p. 315.
(k) p. 163.
(l) Ibid.
(m) SCHELHAMMER p.
CXXIV.
(m) SCHELHAMMER p.
CXXIV.
(n) OEXMELIN Hiſt. des
Avant. V. p. 154. Die Regienſer
in der Belagerung DIODOR L.
XIV.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 260[276]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/296>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.