man der Natur gehorcht. Jch lese, daß man in der Ausmerglung, nach Austern, welches eine sehr gelinde Speise ist (k), und in der Schwindsucht nach Erdbeern (l) ein nüzzliches Verlangen bezeigt hat.
Jn der Bauchwassersucht bediente sich Jemand des Bieres, weil ich glaube, als eines harntreibenden Mit- tels, begierigst, und die Krankheit wurde dadurch geho- ben (m).
§. 2. Dem Menschen schmekket alles.
Wenn man aus dem Appetite des Menschen von der Speise urteilen darf, welche die Natur für den Menschen bestimmt hat, so folgt daraus, daß ein Mensch fast zu allen Arten von Speisen geboren sei, weil auf der Erde und dem Wasser fast keine einzige Art von Pflanzen und Thieren vorkömmt, die nicht dieses oder jenes Volk unter seine Speise genommen hätte, nicht einmal die gif- tige Schwämme noch eben so giftige Thiere (a) oder sol- che Speisen ausgenommen, für die unsre Natur, ihres Gestanks wegen, einen Abscheu trägt (b).
Da also bisweilen die Frage aufgeworfen worden (c), ob der Mensch zu Pflanzen oder zugleich zum Fleischessen geboren sei, so liesse sich solches schon aus dem Verlangen der Natur entscheiden.
Doch es stimmt auch das übrige damit überein. Der Bau des Menschen ist zwischen den fleischfreßigen und
Pflan-
(k)[Spaltenumbruch]TULP. II. c. 8.
(l)DANIEL l. c. p. 88.
(m)PECHLIN I. obs. 63.
(a) Die Japaner Hist. des Ja- panois p. 162. giftiger Schwämme die Russen.
(b)Conf. bald darauf n. 5.
(c) Wider Fleischessen WAL- LIS Phil. trans. n. 269. Auctor. tr, [Spaltenumbruch]
de l'egalite not. 4. und neulich COGCHI de victu pythagorico Wider das Pflanzenessen ANDRY des alimens I. p. 19. TYSON Phil. trans. n. 269. ARBUTHNOT of alim. BLACHI oder I. PLAN- CUS vir. cel. de victu pythago- rico.
III. Abſchnitt. Speiſe und Trank.
man der Natur gehorcht. Jch leſe, daß man in der Ausmerglung, nach Auſtern, welches eine ſehr gelinde Speiſe iſt (k), und in der Schwindſucht nach Erdbeern (l) ein nuͤzzliches Verlangen bezeigt hat.
Jn der Bauchwaſſerſucht bediente ſich Jemand des Bieres, weil ich glaube, als eines harntreibenden Mit- tels, begierigſt, und die Krankheit wurde dadurch geho- ben (m).
§. 2. Dem Menſchen ſchmekket alles.
Wenn man aus dem Appetite des Menſchen von der Speiſe urteilen darf, welche die Natur fuͤr den Menſchen beſtimmt hat, ſo folgt daraus, daß ein Menſch faſt zu allen Arten von Speiſen geboren ſei, weil auf der Erde und dem Waſſer faſt keine einzige Art von Pflanzen und Thieren vorkoͤmmt, die nicht dieſes oder jenes Volk unter ſeine Speiſe genommen haͤtte, nicht einmal die gif- tige Schwaͤmme noch eben ſo giftige Thiere (a) oder ſol- che Speiſen ausgenommen, fuͤr die unſre Natur, ihres Geſtanks wegen, einen Abſcheu traͤgt (b).
Da alſo bisweilen die Frage aufgeworfen worden (c), ob der Menſch zu Pflanzen oder zugleich zum Fleiſcheſſen geboren ſei, ſo lieſſe ſich ſolches ſchon aus dem Verlangen der Natur entſcheiden.
Doch es ſtimmt auch das uͤbrige damit uͤberein. Der Bau des Menſchen iſt zwiſchen den fleiſchfreßigen und
Pflan-
(k)[Spaltenumbruch]TULP. II. c. 8.
(l)DANIEL l. c. p. 88.
(m)PECHLIN I. obſ. 63.
(a) Die Japaner Hiſt. des Ja- panois p. 162. giftiger Schwaͤmme die Ruſſen.
(b)Conf. bald darauf n. 5.
(c) Wider Fleiſcheſſen WAL- LIS Phil. tranſ. n. 269. Auctor. tr, [Spaltenumbruch]
de l’egalité not. 4. und neulich COGCHI de victu pythagorico Wider das Pflanzeneſſen ANDRY des alimens I. p. 19. TYSON Phil. tranſ. n. 269. ARBUTHNOT of alim. BLACHI oder I. PLAN- CUS vir. cel. de victu pythago- rico.
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[271[287]/0307]
III. Abſchnitt. Speiſe und Trank.
man der Natur gehorcht. Jch leſe, daß man in der
Ausmerglung, nach Auſtern, welches eine ſehr gelinde
Speiſe iſt (k), und in der Schwindſucht nach Erdbeern (l)
ein nuͤzzliches Verlangen bezeigt hat.
Jn der Bauchwaſſerſucht bediente ſich Jemand des
Bieres, weil ich glaube, als eines harntreibenden Mit-
tels, begierigſt, und die Krankheit wurde dadurch geho-
ben (m).
§. 2.
Dem Menſchen ſchmekket alles.
Wenn man aus dem Appetite des Menſchen von der
Speiſe urteilen darf, welche die Natur fuͤr den Menſchen
beſtimmt hat, ſo folgt daraus, daß ein Menſch faſt zu
allen Arten von Speiſen geboren ſei, weil auf der Erde
und dem Waſſer faſt keine einzige Art von Pflanzen
und Thieren vorkoͤmmt, die nicht dieſes oder jenes Volk
unter ſeine Speiſe genommen haͤtte, nicht einmal die gif-
tige Schwaͤmme noch eben ſo giftige Thiere (a) oder ſol-
che Speiſen ausgenommen, fuͤr die unſre Natur, ihres
Geſtanks wegen, einen Abſcheu traͤgt (b).
Da alſo bisweilen die Frage aufgeworfen worden (c),
ob der Menſch zu Pflanzen oder zugleich zum Fleiſcheſſen
geboren ſei, ſo lieſſe ſich ſolches ſchon aus dem Verlangen
der Natur entſcheiden.
Doch es ſtimmt auch das uͤbrige damit uͤberein. Der
Bau des Menſchen iſt zwiſchen den fleiſchfreßigen und
Pflan-
(k)
TULP. II. c. 8.
(l) DANIEL l. c. p. 88.
(m) PECHLIN I. obſ. 63.
(a) Die Japaner Hiſt. des Ja-
panois p. 162. giftiger Schwaͤmme
die Ruſſen.
(b) Conf. bald darauf n. 5.
(c) Wider Fleiſcheſſen WAL-
LIS Phil. tranſ. n. 269. Auctor. tr,
de l’egalité not. 4. und neulich
COGCHI de victu pythagorico
Wider das Pflanzeneſſen ANDRY
des alimens I. p. 19. TYSON
Phil. tranſ. n. 269. ARBUTHNOT
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 271[287]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/307>, abgerufen am 24.11.2024.
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