die Russen (a) in dem Mehl und den Häuten der Sten- gel des Krautes Bärenklau (Sphondylium maximum), eine Materie entdekkt, sich nach Belieben eine lustige Raserei zu verschaffen.
Uebrigens lieben auch die Vögel Wein (b), und es gewönen sich die vierfüßigen Thiere dazu.
Die Griechen schrieben die Erfindung des Weins dem Bacchus zu, einem Mann, der nicht viel älter, als der Trojanische Krieg war, wofern er ein Sohn der Se- mele und des Jupiters gewesen, dessen Söhne und En- kel die Stadt Troja entweder belagerten, oder beschüzzt haben (c).
Doch es ist die Sache an sich schon älter, nach dem Berichte der heiligen Schrift, und nicht jünger, als die Sündflut des Noa (d), wo sie nicht gar noch älter, als diese ist.
Man drükket nämlich aus den frischen und süssen Beeren einen Saft aus, welcher noch nicht berauschend ist, so lange er Most heist. Eben dieser Most, der sich selbst in verschloßnen Gefässen, mit der Luft, wovon er durchgängig angeschwängert ist, überlassen worden, geräth von selbst in eine innerliche Bewegung, er brauset (e), er- hizzt sich, stöst einen berauschenden Dunst von sich, wor- innen die Kraft des Unsinnes verborgen zu sem scheint (f), und läst hernach einen Sazz fallen, wird nunmehr klar und säuerlich, und zum Trinken tauglich, und bekömmt
als-
(a)[Spaltenumbruch]GMELIN flor. sibir. T. II.
(b)MALOUIN Chym. Medic. T. I. p 382.
(c)Add. I. ALMELOVEEN nov. antiq. p. 83.
(d)Genes. c. IX. v. 20.
(e)Conf. BOERHAAVE Elem. Chem. T. II. p. 166. seqq. STAHL Fund. Chem. T. II. p. 124. seq. [Spaltenumbruch]
BECCHER Phys. subt. L. I. Sect. V. c 2. HALES vegetable stat. c. 6. TANNEBERG de ferment. p. 20. 21.
(f)Conf. BECCHER Phys. sub- terr. 164. auch einige Mineralwas- ser berauschen mit ihrem Dunste. Von Wassern Altwasser Primit. Polon. T. II. p. 253.
H. Phisiol. 6. B. A a
III. Abſchnitt. Speiſe und Trank.
die Ruſſen (a) in dem Mehl und den Haͤuten der Sten- gel des Krautes Baͤrenklau (Sphondylium maximum), eine Materie entdekkt, ſich nach Belieben eine luſtige Raſerei zu verſchaffen.
Uebrigens lieben auch die Voͤgel Wein (b), und es gewoͤnen ſich die vierfuͤßigen Thiere dazu.
Die Griechen ſchrieben die Erfindung des Weins dem Bacchus zu, einem Mann, der nicht viel aͤlter, als der Trojaniſche Krieg war, wofern er ein Sohn der Se- mele und des Jupiters geweſen, deſſen Soͤhne und En- kel die Stadt Troja entweder belagerten, oder beſchuͤzzt haben (c).
Doch es iſt die Sache an ſich ſchon aͤlter, nach dem Berichte der heiligen Schrift, und nicht juͤnger, als die Suͤndflut des Noa (d), wo ſie nicht gar noch aͤlter, als dieſe iſt.
Man druͤkket naͤmlich aus den friſchen und ſuͤſſen Beeren einen Saft aus, welcher noch nicht berauſchend iſt, ſo lange er Moſt heiſt. Eben dieſer Moſt, der ſich ſelbſt in verſchloßnen Gefaͤſſen, mit der Luft, wovon er durchgaͤngig angeſchwaͤngert iſt, uͤberlaſſen worden, geraͤth von ſelbſt in eine innerliche Bewegung, er brauſet (e), er- hizzt ſich, ſtoͤſt einen berauſchenden Dunſt von ſich, wor- innen die Kraft des Unſinnes verborgen zu ſem ſcheint (f), und laͤſt hernach einen Sazz fallen, wird nunmehr klar und ſaͤuerlich, und zum Trinken tauglich, und bekoͤmmt
als-
(a)[Spaltenumbruch]GMELIN flor. ſibir. T. II.
(b)MALOUIN Chym. Medic. T. I. p 382.
(c)Add. I. ALMELOVEEN nov. antiq. p. 83.
(d)Geneſ. c. IX. v. 20.
(e)Conf. BOERHAAVE Elem. Chem. T. II. p. 166. ſeqq. STAHL Fund. Chem. T. II. p. 124. ſeq. [Spaltenumbruch]
BECCHER Phyſ. ſubt. L. I. Sect. V. c 2. HALES vegetable ſtat. c. 6. TANNEBERG de ferment. p. 20. 21.
(f)Conf. BECCHER Phyſ. ſub- terr. 164. auch einige Mineralwaſ- ſer berauſchen mit ihrem Dunſte. Von Waſſern Altwaſſer Primit. Polon. T. II. p. 253.
H. Phiſiol. 6. B. A a
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[353[369]/0389]
III. Abſchnitt. Speiſe und Trank.
die Ruſſen (a) in dem Mehl und den Haͤuten der Sten-
gel des Krautes Baͤrenklau (Sphondylium maximum),
eine Materie entdekkt, ſich nach Belieben eine luſtige
Raſerei zu verſchaffen.
Uebrigens lieben auch die Voͤgel Wein (b), und es
gewoͤnen ſich die vierfuͤßigen Thiere dazu.
Die Griechen ſchrieben die Erfindung des Weins
dem Bacchus zu, einem Mann, der nicht viel aͤlter, als
der Trojaniſche Krieg war, wofern er ein Sohn der Se-
mele und des Jupiters geweſen, deſſen Soͤhne und En-
kel die Stadt Troja entweder belagerten, oder beſchuͤzzt
haben (c).
Doch es iſt die Sache an ſich ſchon aͤlter, nach dem
Berichte der heiligen Schrift, und nicht juͤnger, als die
Suͤndflut des Noa (d), wo ſie nicht gar noch aͤlter, als
dieſe iſt.
Man druͤkket naͤmlich aus den friſchen und ſuͤſſen
Beeren einen Saft aus, welcher noch nicht berauſchend
iſt, ſo lange er Moſt heiſt. Eben dieſer Moſt, der ſich
ſelbſt in verſchloßnen Gefaͤſſen, mit der Luft, wovon er
durchgaͤngig angeſchwaͤngert iſt, uͤberlaſſen worden, geraͤth
von ſelbſt in eine innerliche Bewegung, er brauſet (e), er-
hizzt ſich, ſtoͤſt einen berauſchenden Dunſt von ſich, wor-
innen die Kraft des Unſinnes verborgen zu ſem ſcheint (f),
und laͤſt hernach einen Sazz fallen, wird nunmehr klar
und ſaͤuerlich, und zum Trinken tauglich, und bekoͤmmt
als-
(a)
GMELIN flor. ſibir. T. II.
(b) MALOUIN Chym. Medic.
T. I. p 382.
(c) Add. I. ALMELOVEEN
nov. antiq. p. 83.
(d) Geneſ. c. IX. v. 20.
(e) Conf. BOERHAAVE Elem.
Chem. T. II. p. 166. ſeqq. STAHL
Fund. Chem. T. II. p. 124. ſeq.
BECCHER Phyſ. ſubt. L. I. Sect.
V. c 2. HALES vegetable ſtat.
c. 6. TANNEBERG de ferment.
p. 20. 21.
(f) Conf. BECCHER Phyſ. ſub-
terr. 164. auch einige Mineralwaſ-
ſer berauſchen mit ihrem Dunſte.
Von Waſſern Altwaſſer Primit.
Polon. T. II. p. 253.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 353[369]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/389>, abgerufen am 22.11.2024.
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