Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Magen. XIX. Buch.
Butter mischt, je langsamer verlassen sie den Magen,
und zwar so gar bis in den dritten Tag (b). Ein Stükk
vom Nezze gieng erst nach vierzig Tagen von unten ab (c),
und Fett erst nach vierzehn Monaten (d).

Bisweilen wirft man Fettigkeiten, wie geronnen Talg
durch Erbrechen aus (e), weil, wie ich mir vorstelle, die
herrschende Säure dasselbe gehärtet hatte. Man lieset,
daß Jemand eine braune entzündliche Materie von ver-
dorbner Chokolate (f) ausgeworffen.

Gemeiniglich aber zerfliesset doch das Fett allmälich
zu einem Safte von höchst unangenemen (g) Geschmak-
ke (h) und Geruche, welches Flammen fangen könnte (i):
und dahin gehören die brennende Speichel (k), das ent-
zündbare Erbrechen (l), welches die Alten weggebrochne
Galle nannten. Helmontius zeigt (m), daß es ver-
dorbne Speisen sind, die man gemeiniglich auf solche Art
von sich wegbricht. Jch habe mich daher niemals un-
terfangen, dem Beispiele sonst berümter Männer, son-
derlich ausser den Alpen nachzufolgen, welche in hizzigen
Krankheiten reichlich Oele den Kranken geben, oder
Wallrat in den Brustverstopfungen verordnen, weil ich
mehr, als zu viel erfaren habe, daß auch natürliche Bal-
same, die doch offenbar säurer sind, ranzig werden, und
sich auf die Luftröhre anhängen, woran sie eine würgen-
de Schärfe hervorbringen. Mit uns hegt der berümte
und erfarne Tissot (n) einerlei Gedanken. Uebrigens

macht
(b) [Spaltenumbruch] Eph. Nat. Cur. Vol. 10.
obs.
4.
(c) Alex. BENED. L. XIX. c. 5.
(d) TULP. L. III. c. 18.
(e) Eph. Nat. Cur. Dec. I.
ann. 3. obs. 253. HOFMANN de
remed-benign. abus.
(f) HOFMANN Med. Cons.
Cent. II. Dec. II. c.
4.
(g) Bittersalzig ist der Gallert,
in den sich Knochen durch die
Kraft des Magens fleischfressender
[Spaltenumbruch] Thiere verwandien REAUMUR
p.
480.
(h) In buteone REAUMUR
p.
480.
(i) BOERHAV. T. I. p. 254.
Elem. Chem. T. II. p.
113.
(k) p. 120.
(l) Eph. Nat. Cur. Dec. I.
ann. 3. obs.
154.
(m) Sylor. reitor. n. 23. 25.
(n) Febr. bilios. Lausann. p. 54.

Der Magen. XIX. Buch.
Butter miſcht, je langſamer verlaſſen ſie den Magen,
und zwar ſo gar bis in den dritten Tag (b). Ein Stuͤkk
vom Nezze gieng erſt nach vierzig Tagen von unten ab (c),
und Fett erſt nach vierzehn Monaten (d).

Bisweilen wirft man Fettigkeiten, wie geronnen Talg
durch Erbrechen aus (e), weil, wie ich mir vorſtelle, die
herrſchende Saͤure daſſelbe gehaͤrtet hatte. Man lieſet,
daß Jemand eine braune entzuͤndliche Materie von ver-
dorbner Chokolate (f) ausgeworffen.

Gemeiniglich aber zerflieſſet doch das Fett allmaͤlich
zu einem Safte von hoͤchſt unangenemen (g) Geſchmak-
ke (h) und Geruche, welches Flammen fangen koͤnnte (i):
und dahin gehoͤren die brennende Speichel (k), das ent-
zuͤndbare Erbrechen (l), welches die Alten weggebrochne
Galle nannten. Helmontius zeigt (m), daß es ver-
dorbne Speiſen ſind, die man gemeiniglich auf ſolche Art
von ſich wegbricht. Jch habe mich daher niemals un-
terfangen, dem Beiſpiele ſonſt beruͤmter Maͤnner, ſon-
derlich auſſer den Alpen nachzufolgen, welche in hizzigen
Krankheiten reichlich Oele den Kranken geben, oder
Wallrat in den Bruſtverſtopfungen verordnen, weil ich
mehr, als zu viel erfaren habe, daß auch natuͤrliche Bal-
ſame, die doch offenbar ſaͤurer ſind, ranzig werden, und
ſich auf die Luftroͤhre anhaͤngen, woran ſie eine wuͤrgen-
de Schaͤrfe hervorbringen. Mit uns hegt der beruͤmte
und erfarne Tiſſot (n) einerlei Gedanken. Uebrigens

macht
(b) [Spaltenumbruch] Eph. Nat. Cur. Vol. 10.
obſ.
4.
(c) Alex. BENED. L. XIX. c. 5.
(d) TULP. L. III. c. 18.
(e) Eph. Nat. Cur. Dec. I.
ann. 3. obſ. 253. HOFMANN de
remed-benign. abuſ.
(f) HOFMANN Med. Conſ.
Cent. II. Dec. II. c.
4.
(g) Bitterſalzig iſt der Gallert,
in den ſich Knochen durch die
Kraft des Magens fleiſchfreſſender
[Spaltenumbruch] Thiere verwandien REAUMUR
p.
480.
(h) In buteone REAUMUR
p.
480.
(i) BOERHAV. T. I. p. 254.
Elem. Chem. T. II. p.
113.
(k) p. 120.
(l) Eph. Nat. Cur. Dec. I.
ann. 3. obſ.
154.
(m) Sylor. reitor. n. 23. 25.
(n) Febr. bilioſ. Lauſann. p. 54.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0506" n="470[486]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Magen. <hi rendition="#aq">XIX.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
Butter mi&#x017F;cht, je lang&#x017F;amer verla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie den Magen,<lb/>
und zwar &#x017F;o gar bis in den dritten Tag <note place="foot" n="(b)"><cb/><hi rendition="#aq">Eph. Nat. Cur. Vol. 10.<lb/>
ob&#x017F;.</hi> 4.</note>. Ein Stu&#x0364;kk<lb/>
vom Nezze gieng er&#x017F;t nach vierzig Tagen von unten ab <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Alex. BENED. L. XIX. c.</hi> 5.</note>,<lb/>
und Fett er&#x017F;t nach vierzehn Monaten <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">TULP. L. III. c.</hi> 18.</note>.</p><lb/>
            <p>Bisweilen wirft man Fettigkeiten, wie geronnen Talg<lb/>
durch Erbrechen aus <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq">Eph. Nat. Cur. Dec. I.<lb/>
ann. 3. ob&#x017F;. 253. HOFMANN de<lb/>
remed-benign. abu&#x017F;.</hi></note>, weil, wie ich mir vor&#x017F;telle, die<lb/>
herr&#x017F;chende Sa&#x0364;ure da&#x017F;&#x017F;elbe geha&#x0364;rtet hatte. Man lie&#x017F;et,<lb/>
daß Jemand eine braune entzu&#x0364;ndliche Materie von ver-<lb/>
dorbner Chokolate <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">HOFMANN</hi> Med. Con&#x017F;.<lb/>
Cent. II. Dec. II. c.</hi> 4.</note> ausgeworffen.</p><lb/>
            <p>Gemeiniglich aber zerflie&#x017F;&#x017F;et doch das Fett allma&#x0364;lich<lb/>
zu einem Safte von ho&#x0364;ch&#x017F;t unangenemen <note place="foot" n="(g)">Bitter&#x017F;alzig i&#x017F;t der Gallert,<lb/>
in den &#x017F;ich Knochen durch die<lb/>
Kraft des Magens flei&#x017F;chfre&#x017F;&#x017F;ender<lb/><cb/>
Thiere verwandien <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">REAUMUR</hi><lb/>
p.</hi> 480.</note> Ge&#x017F;chmak-<lb/>
ke <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">In buteone <hi rendition="#g">REAUMUR</hi><lb/>
p.</hi> 480.</note> und Geruche, welches Flammen fangen ko&#x0364;nnte <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq">BOERHAV. T. I. p. 254.<lb/>
Elem. Chem. T. II. p.</hi> 113.</note>:<lb/>
und dahin geho&#x0364;ren die brennende Speichel <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 120.</note>, das ent-<lb/>
zu&#x0364;ndbare Erbrechen <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">Eph. Nat. Cur. Dec. I.<lb/>
ann. 3. ob&#x017F;.</hi> 154.</note>, welches die Alten weggebrochne<lb/>
Galle nannten. <hi rendition="#fr">Helmontius</hi> zeigt <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">Sylor. reitor. n.</hi> 23. 25.</note>, daß es ver-<lb/>
dorbne Spei&#x017F;en &#x017F;ind, die man gemeiniglich auf &#x017F;olche Art<lb/>
von &#x017F;ich wegbricht. Jch habe mich daher niemals un-<lb/>
terfangen, dem Bei&#x017F;piele &#x017F;on&#x017F;t beru&#x0364;mter Ma&#x0364;nner, &#x017F;on-<lb/>
derlich au&#x017F;&#x017F;er den Alpen nachzufolgen, welche in hizzigen<lb/>
Krankheiten reichlich Oele den Kranken geben, oder<lb/>
Wallrat in den Bru&#x017F;tver&#x017F;topfungen verordnen, weil ich<lb/>
mehr, als zu viel erfaren habe, daß auch natu&#x0364;rliche Bal-<lb/>
&#x017F;ame, die doch offenbar &#x017F;a&#x0364;urer &#x017F;ind, ranzig werden, und<lb/>
&#x017F;ich auf die Luftro&#x0364;hre anha&#x0364;ngen, woran &#x017F;ie eine wu&#x0364;rgen-<lb/>
de Scha&#x0364;rfe hervorbringen. Mit uns hegt der beru&#x0364;mte<lb/>
und erfarne <hi rendition="#fr">Ti&#x017F;&#x017F;ot</hi> <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">Febr. bilio&#x017F;. Lau&#x017F;ann. p.</hi> 54.</note> einerlei Gedanken. Uebrigens<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">macht</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[470[486]/0506] Der Magen. XIX. Buch. Butter miſcht, je langſamer verlaſſen ſie den Magen, und zwar ſo gar bis in den dritten Tag (b). Ein Stuͤkk vom Nezze gieng erſt nach vierzig Tagen von unten ab (c), und Fett erſt nach vierzehn Monaten (d). Bisweilen wirft man Fettigkeiten, wie geronnen Talg durch Erbrechen aus (e), weil, wie ich mir vorſtelle, die herrſchende Saͤure daſſelbe gehaͤrtet hatte. Man lieſet, daß Jemand eine braune entzuͤndliche Materie von ver- dorbner Chokolate (f) ausgeworffen. Gemeiniglich aber zerflieſſet doch das Fett allmaͤlich zu einem Safte von hoͤchſt unangenemen (g) Geſchmak- ke (h) und Geruche, welches Flammen fangen koͤnnte (i): und dahin gehoͤren die brennende Speichel (k), das ent- zuͤndbare Erbrechen (l), welches die Alten weggebrochne Galle nannten. Helmontius zeigt (m), daß es ver- dorbne Speiſen ſind, die man gemeiniglich auf ſolche Art von ſich wegbricht. Jch habe mich daher niemals un- terfangen, dem Beiſpiele ſonſt beruͤmter Maͤnner, ſon- derlich auſſer den Alpen nachzufolgen, welche in hizzigen Krankheiten reichlich Oele den Kranken geben, oder Wallrat in den Bruſtverſtopfungen verordnen, weil ich mehr, als zu viel erfaren habe, daß auch natuͤrliche Bal- ſame, die doch offenbar ſaͤurer ſind, ranzig werden, und ſich auf die Luftroͤhre anhaͤngen, woran ſie eine wuͤrgen- de Schaͤrfe hervorbringen. Mit uns hegt der beruͤmte und erfarne Tiſſot (n) einerlei Gedanken. Uebrigens macht (b) Eph. Nat. Cur. Vol. 10. obſ. 4. (c) Alex. BENED. L. XIX. c. 5. (d) TULP. L. III. c. 18. (e) Eph. Nat. Cur. Dec. I. ann. 3. obſ. 253. HOFMANN de remed-benign. abuſ. (f) HOFMANN Med. Conſ. Cent. II. Dec. II. c. 4. (g) Bitterſalzig iſt der Gallert, in den ſich Knochen durch die Kraft des Magens fleiſchfreſſender Thiere verwandien REAUMUR p. 480. (h) In buteone REAUMUR p. 480. (i) BOERHAV. T. I. p. 254. Elem. Chem. T. II. p. 113. (k) p. 120. (l) Eph. Nat. Cur. Dec. I. ann. 3. obſ. 154. (m) Sylor. reitor. n. 23. 25. (n) Febr. bilioſ. Lauſann. p. 54.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/506
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 470[486]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/506>, abgerufen am 22.11.2024.