zerriebene Speise in den Magen, welche die noch viel wei- chere Kräfte dieses Sakkes ganz und gar nicht klein ma- chen könnten. Folglich würden wir viele Speisen weg- lassen müssen, und wir würden die meisten schlecht ver- dauen, wenn uns nicht die Natur den Beistand der Zäh- ne dazu verliehen hätte. Ausserdem bedienen sich Thie- re der Zähne auch anstatt der Waffen, ihre Beute zu tödten, und sich damit zu wehren, einige auch, um ihren Raub damit feste zu halten, damit er nicht, weil er ein Leben hat, und nur allmälich in den Schlund gebracht werden kann, wieder aus dem Munde entwische. Die- ses findet gemeiniglich bei den Fischen (i), als am Hech- te, statt, dessen gekrümmte Zähne rükkwerts gebogen sind, und den aus dem Munde entfliehenden Raub mit einer bewundernswürdigen Festigkeit anhalten. Endlich gief- sen die holen Zähne einiger Thiere, entweder ein tödli- ches Gift in die verwundete Beute aus (k) oder sie ver- treten die Stelle einer Röhre durch welche das Thier den Narungssaft in sich saugt (l)
Daher hat die Natur fast allen Thieren Zähne gege- ben, den vierfüßigen vom warmen Blute, wie ich davor halte durchgängig: den meisten vom kalten Blüte; oder sie hat den Thieren wenigstens rauhe und gezakkte Kinn- laden; die so gut als Zähne sind, mitgeteilt (m) sogar die Zunge selbst mit Zähnen bewafnet, und mit diesem
Ge-
(i)[Spaltenumbruch]CARDAN p. 264. J. SYL- VIUS RONDELET L. III. c. 7. VALISNERI T. III. p. 448. KLEIN Miss. IV. p. 4. in der Schlange. HODIERNA apud SEVERINUM viper. p. 255. im rana piscatrix Phil. trans. n. 492.
(k) Jn der Klapperschlange BIRCH l. p. 479. 480 &c.
(l)SWAMMERDAM in verme [Spaltenumbruch]
sicario tab 28 f. 5. in der Muschel Kamboul finden sich 20000 Zähne im Unterkiefer und sechs Reihen im obern. ADAMSON p. 17.
(m) Jm Frosche JACOBAEUS p. 80. ROESEL Frösehe p. 35. der Schildkröte. CALDESI. p. 18. auch die Seekuh hat zwei feste Knochen mit Furchen an statt der Zähne. Nov. Comm. Acad. Petr. T. I. p. 302.
H. Phisiol. 6. V. C
I. Abſchnitt Das Kauen.
zerriebene Speiſe in den Magen, welche die noch viel wei- chere Kraͤfte dieſes Sakkes ganz und gar nicht klein ma- chen koͤnnten. Folglich wuͤrden wir viele Speiſen weg- laſſen muͤſſen, und wir wuͤrden die meiſten ſchlecht ver- dauen, wenn uns nicht die Natur den Beiſtand der Zaͤh- ne dazu verliehen haͤtte. Auſſerdem bedienen ſich Thie- re der Zaͤhne auch anſtatt der Waffen, ihre Beute zu toͤdten, und ſich damit zu wehren, einige auch, um ihren Raub damit feſte zu halten, damit er nicht, weil er ein Leben hat, und nur allmaͤlich in den Schlund gebracht werden kann, wieder aus dem Munde entwiſche. Die- ſes findet gemeiniglich bei den Fiſchen (i), als am Hech- te, ſtatt, deſſen gekruͤmmte Zaͤhne ruͤkkwerts gebogen ſind, und den aus dem Munde entfliehenden Raub mit einer bewundernswuͤrdigen Feſtigkeit anhalten. Endlich gief- ſen die holen Zaͤhne einiger Thiere, entweder ein toͤdli- ches Gift in die verwundete Beute aus (k) oder ſie ver- treten die Stelle einer Roͤhre durch welche das Thier den Narungsſaft in ſich ſaugt (l)
Daher hat die Natur faſt allen Thieren Zaͤhne gege- ben, den vierfuͤßigen vom warmen Blute, wie ich davor halte durchgaͤngig: den meiſten vom kalten Bluͤte; oder ſie hat den Thieren wenigſtens rauhe und gezakkte Kinn- laden; die ſo gut als Zaͤhne ſind, mitgeteilt (m) ſogar die Zunge ſelbſt mit Zaͤhnen bewafnet, und mit dieſem
Ge-
(i)[Spaltenumbruch]CARDAN p. 264. J. SYL- VIUS RONDELET L. III. c. 7. VALISNERI T. III. p. 448. KLEIN Miſſ. IV. p. 4. in der Schlange. HODIERNA apud SEVERINUM viper. p. 255. im rana piſcatrix Phil. tranſ. n. 492.
(k) Jn der Klapperſchlange BIRCH l. p. 479. 480 &c.
(l)SWAMMERDAM in verme [Spaltenumbruch]
ſicario tab 28 f. 5. in der Muſchel Kamboul finden ſich 20000 Zaͤhne im Unterkiefer und ſechs Reihen im obern. ADAMSON p. 17.
(m) Jm Froſche JACOBAEUS p. 80. ROESEL Fröſehe p. 35. der Schildkroͤte. CALDESI. p. 18. auch die Seekuh hat zwei feſte Knochen mit Furchen an ſtatt der Zaͤhne. Nov. Comm. Acad. Petr. T. I. p. 302.
H. Phiſiol. 6. V. C
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0053"n="33"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Abſchnitt Das Kauen.</hi></fw><lb/>
zerriebene Speiſe in den Magen, welche die noch viel wei-<lb/>
chere Kraͤfte dieſes Sakkes ganz und gar nicht klein ma-<lb/>
chen koͤnnten. Folglich wuͤrden wir viele Speiſen weg-<lb/>
laſſen muͤſſen, und wir wuͤrden die meiſten ſchlecht ver-<lb/>
dauen, wenn uns nicht die Natur den Beiſtand der <hirendition="#fr">Zaͤh-<lb/>
ne</hi> dazu verliehen haͤtte. Auſſerdem bedienen ſich Thie-<lb/>
re der Zaͤhne auch anſtatt der Waffen, ihre Beute zu<lb/>
toͤdten, und ſich damit zu wehren, einige auch, um ihren<lb/>
Raub damit feſte zu halten, damit er nicht, weil er ein<lb/>
Leben hat, und nur allmaͤlich in den Schlund gebracht<lb/>
werden kann, wieder aus dem Munde entwiſche. Die-<lb/>ſes findet gemeiniglich bei den Fiſchen <noteplace="foot"n="(i)"><cb/><hirendition="#aq">CARDAN p. 264. J. SYL-<lb/>
VIUS RONDELET L. III. c. 7.<lb/>
VALISNERI T. III. p. 448. KLEIN<lb/>
Miſſ. IV. p.</hi> 4. in der Schlange.<lb/><hirendition="#aq">HODIERNA apud SEVERINUM<lb/>
viper. p.</hi> 255. im <hirendition="#aq">rana piſcatrix<lb/>
Phil. tranſ. n.</hi> 492.</note>, als am Hech-<lb/>
te, ſtatt, deſſen gekruͤmmte Zaͤhne ruͤkkwerts gebogen ſind,<lb/>
und den aus dem Munde entfliehenden Raub mit einer<lb/>
bewundernswuͤrdigen Feſtigkeit anhalten. Endlich gief-<lb/>ſen die holen Zaͤhne einiger Thiere, entweder ein toͤdli-<lb/>
ches Gift in die verwundete Beute aus <noteplace="foot"n="(k)">Jn der Klapperſchlange<lb/><hirendition="#aq">BIRCH l. p. 479. 480 &c.</hi></note> oder ſie ver-<lb/>
treten die Stelle einer Roͤhre durch welche das Thier den<lb/>
Narungsſaft in ſich ſaugt <noteplace="foot"n="(l)"><hirendition="#aq">SWAMMERDAM in verme<lb/><cb/>ſicario tab 28 f.</hi> 5. in der Muſchel<lb/><hirendition="#aq">Kamboul</hi> finden ſich 20000 Zaͤhne<lb/>
im Unterkiefer und ſechs Reihen<lb/>
im obern. <hirendition="#aq">ADAMSON p.</hi> 17.</note></p><lb/><p>Daher hat die Natur faſt allen Thieren Zaͤhne gege-<lb/>
ben, den vierfuͤßigen vom warmen Blute, wie ich davor<lb/>
halte durchgaͤngig: den meiſten vom kalten Bluͤte; oder<lb/>ſie hat den Thieren wenigſtens rauhe und gezakkte Kinn-<lb/>
laden; die ſo gut als Zaͤhne ſind, mitgeteilt <noteplace="foot"n="(m)">Jm Froſche <hirendition="#aq">JACOBAEUS<lb/>
p. 80. ROESEL Fröſehe p.</hi> 35. der<lb/>
Schildkroͤte. <hirendition="#aq">CALDESI. p.</hi> 18. auch<lb/>
die Seekuh hat zwei feſte Knochen<lb/>
mit Furchen an ſtatt der Zaͤhne.<lb/><hirendition="#aq">Nov. Comm. Acad. Petr. T. I. p.</hi> 302.</note>ſogar<lb/>
die Zunge ſelbſt mit Zaͤhnen bewafnet, und mit dieſem<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ge-</fw><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">H. Phiſiol. 6. V.</hi> C</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[33/0053]
I. Abſchnitt Das Kauen.
zerriebene Speiſe in den Magen, welche die noch viel wei-
chere Kraͤfte dieſes Sakkes ganz und gar nicht klein ma-
chen koͤnnten. Folglich wuͤrden wir viele Speiſen weg-
laſſen muͤſſen, und wir wuͤrden die meiſten ſchlecht ver-
dauen, wenn uns nicht die Natur den Beiſtand der Zaͤh-
ne dazu verliehen haͤtte. Auſſerdem bedienen ſich Thie-
re der Zaͤhne auch anſtatt der Waffen, ihre Beute zu
toͤdten, und ſich damit zu wehren, einige auch, um ihren
Raub damit feſte zu halten, damit er nicht, weil er ein
Leben hat, und nur allmaͤlich in den Schlund gebracht
werden kann, wieder aus dem Munde entwiſche. Die-
ſes findet gemeiniglich bei den Fiſchen (i), als am Hech-
te, ſtatt, deſſen gekruͤmmte Zaͤhne ruͤkkwerts gebogen ſind,
und den aus dem Munde entfliehenden Raub mit einer
bewundernswuͤrdigen Feſtigkeit anhalten. Endlich gief-
ſen die holen Zaͤhne einiger Thiere, entweder ein toͤdli-
ches Gift in die verwundete Beute aus (k) oder ſie ver-
treten die Stelle einer Roͤhre durch welche das Thier den
Narungsſaft in ſich ſaugt (l)
Daher hat die Natur faſt allen Thieren Zaͤhne gege-
ben, den vierfuͤßigen vom warmen Blute, wie ich davor
halte durchgaͤngig: den meiſten vom kalten Bluͤte; oder
ſie hat den Thieren wenigſtens rauhe und gezakkte Kinn-
laden; die ſo gut als Zaͤhne ſind, mitgeteilt (m) ſogar
die Zunge ſelbſt mit Zaͤhnen bewafnet, und mit dieſem
Ge-
(i)
CARDAN p. 264. J. SYL-
VIUS RONDELET L. III. c. 7.
VALISNERI T. III. p. 448. KLEIN
Miſſ. IV. p. 4. in der Schlange.
HODIERNA apud SEVERINUM
viper. p. 255. im rana piſcatrix
Phil. tranſ. n. 492.
(k) Jn der Klapperſchlange
BIRCH l. p. 479. 480 &c.
(l) SWAMMERDAM in verme
ſicario tab 28 f. 5. in der Muſchel
Kamboul finden ſich 20000 Zaͤhne
im Unterkiefer und ſechs Reihen
im obern. ADAMSON p. 17.
(m) Jm Froſche JACOBAEUS
p. 80. ROESEL Fröſehe p. 35. der
Schildkroͤte. CALDESI. p. 18. auch
die Seekuh hat zwei feſte Knochen
mit Furchen an ſtatt der Zaͤhne.
Nov. Comm. Acad. Petr. T. I. p. 302.
H. Phiſiol. 6. V. C
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/53>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.