Was die Gifte betrift, so ist die Sache noch nicht zur Gewisheit gebracht; daß aber einiges Gift mit ins Blut übergehe, scheinet gewis zu seyn, nach den wieder- holten Versuchen, und diese bestätigen es, daß man das Natterngift(i) bis auf ganze Quentchen austrinken, und das Fleisch von ganzen Nattern mit Gift und allem ver- zehren könne. Raubvögel, und selbst die Schweine, le- ben ohne Nachtheil von Nattern (k). Und dennoch ist das Wesen dieses Giftes so hizzig, daß der kleinste Tropf- fen, wenn er ins Blut getröpfelt wird, ein grosses Thier plötzlich tödtet (k*); blos weil es jezzt mit seiner vollen Kraft ins Blut kömmt, die sonst die Natur eines Thie- res, durch die Säfte des Magen und des Gedärmes zu mildern pflegt. Es läst sich eine Jnfusion des greulichen Giftes von Makassar ohne Schaden trinken (l). Auf eben solche Weise ist auch der Saft von der weissen Nie- sewurz, womit man Pfeile bestreicht, ein augenblikkliches Gift, wiewohl nur der allerkleinste Tropfen in das Blut eines Hirsches kömmt (m). Allezeit ist es ein hizziges oder scharfes, aber doch hippokratisches Mittel, wenn man es durch den Mund zu sich nimmt.
Doch es bezeigt das Gift der Pest, ob es gleich weder in den Magen noch ins Gedärme kömmt (n), sei- ne schreckliche Wirkungen, und es haben Hunde Pfla- ster (o), die mit dem Pesteiter beflekkt waren, ohne Nach- theil verschlungen, da sie doch von der Galle eines an der
Pest
(i)[Spaltenumbruch]SEVERIN viper. p. 7. und vormals CELSUS, LUCANUS, REDI de viper. p. 166.
(k*) Vom Gifte der Klapper- schlange starb der erste Hund inner- halb einer Sekunde, der andere innerhalb funfzehn Sekunden.
(l)REDI letter. nicht eben so das Jndianische Gift, dessen sich [Spaltenumbruch]Cl. BROCKLESRY bediente; denn dieses tödtete, auch durch den Mund genommen, die Vögel. phil. trans. n. 483.
(m)CRATO a CRAFTH. Ep. 52. p. 226. mit dem Thorakraute beschmierte Pfeile sind am giftig- sten. GESNER quadruped. p. 1073.
(n)SCHREIBER de peste obs. 6.
(o)DEIDIER de peste, des tum. p. 388. 389.
F 4
II. Abſchn. Verrichtungen des duͤnnen.
Was die Gifte betrift, ſo iſt die Sache noch nicht zur Gewisheit gebracht; daß aber einiges Gift mit ins Blut uͤbergehe, ſcheinet gewis zu ſeyn, nach den wieder- holten Verſuchen, und dieſe beſtaͤtigen es, daß man das Natterngift(i) bis auf ganze Quentchen austrinken, und das Fleiſch von ganzen Nattern mit Gift und allem ver- zehren koͤnne. Raubvoͤgel, und ſelbſt die Schweine, le- ben ohne Nachtheil von Nattern (k). Und dennoch iſt das Weſen dieſes Giftes ſo hizzig, daß der kleinſte Tropf- fen, wenn er ins Blut getroͤpfelt wird, ein groſſes Thier ploͤtzlich toͤdtet (k*); blos weil es jezzt mit ſeiner vollen Kraft ins Blut koͤmmt, die ſonſt die Natur eines Thie- res, durch die Saͤfte des Magen und des Gedaͤrmes zu mildern pflegt. Es laͤſt ſich eine Jnfuſion des greulichen Giftes von Makaſſar ohne Schaden trinken (l). Auf eben ſolche Weiſe iſt auch der Saft von der weiſſen Nie- ſewurz, womit man Pfeile beſtreicht, ein augenblikkliches Gift, wiewohl nur der allerkleinſte Tropfen in das Blut eines Hirſches koͤmmt (m). Allezeit iſt es ein hizziges oder ſcharfes, aber doch hippokratiſches Mittel, wenn man es durch den Mund zu ſich nimmt.
Doch es bezeigt das Gift der Peſt, ob es gleich weder in den Magen noch ins Gedaͤrme koͤmmt (n), ſei- ne ſchreckliche Wirkungen, und es haben Hunde Pfla- ſter (o), die mit dem Peſteiter beflekkt waren, ohne Nach- theil verſchlungen, da ſie doch von der Galle eines an der
Peſt
(i)[Spaltenumbruch]SEVERIN viper. p. 7. und vormals CELSUS, LUCANUS, REDI de viper. p. 166.
(k*) Vom Gifte der Klapper- ſchlange ſtarb der erſte Hund inner- halb einer Sekunde, der andere innerhalb funfzehn Sekunden.
(l)REDI letter. nicht eben ſo das Jndianiſche Gift, deſſen ſich [Spaltenumbruch]Cl. BROCKLESRY bediente; denn dieſes toͤdtete, auch durch den Mund genommen, die Voͤgel. phil. tranſ. n. 483.
(m)CRATO a CRAFTH. Ep. 52. p. 226. mit dem Thorakraute beſchmierte Pfeile ſind am giftig- ſten. GESNER quadruped. p. 1073.
(n)SCHREIBER de peſte obſ. 6.
(o)DEIDIER de peſte, des tum. p. 388. 389.
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Was die Gifte betrift, ſo iſt die Sache noch nicht
zur Gewisheit gebracht; daß aber einiges Gift mit ins
Blut uͤbergehe, ſcheinet gewis zu ſeyn, nach den wieder-
holten Verſuchen, und dieſe beſtaͤtigen es, daß man das
Natterngift (i) bis auf ganze Quentchen austrinken, und
das Fleiſch von ganzen Nattern mit Gift und allem ver-
zehren koͤnne. Raubvoͤgel, und ſelbſt die Schweine, le-
ben ohne Nachtheil von Nattern (k). Und dennoch iſt
das Weſen dieſes Giftes ſo hizzig, daß der kleinſte Tropf-
fen, wenn er ins Blut getroͤpfelt wird, ein groſſes Thier
ploͤtzlich toͤdtet (k*); blos weil es jezzt mit ſeiner vollen
Kraft ins Blut koͤmmt, die ſonſt die Natur eines Thie-
res, durch die Saͤfte des Magen und des Gedaͤrmes zu
mildern pflegt. Es laͤſt ſich eine Jnfuſion des greulichen
Giftes von Makaſſar ohne Schaden trinken (l). Auf
eben ſolche Weiſe iſt auch der Saft von der weiſſen Nie-
ſewurz, womit man Pfeile beſtreicht, ein augenblikkliches
Gift, wiewohl nur der allerkleinſte Tropfen in das Blut
eines Hirſches koͤmmt (m). Allezeit iſt es ein hizziges oder
ſcharfes, aber doch hippokratiſches Mittel, wenn man
es durch den Mund zu ſich nimmt.
Doch es bezeigt das Gift der Peſt, ob es gleich
weder in den Magen noch ins Gedaͤrme koͤmmt (n), ſei-
ne ſchreckliche Wirkungen, und es haben Hunde Pfla-
ſter (o), die mit dem Peſteiter beflekkt waren, ohne Nach-
theil verſchlungen, da ſie doch von der Galle eines an der
Peſt
(i)
SEVERIN viper. p. 7. und
vormals CELSUS, LUCANUS,
REDI de viper. p. 166.
(k) MUSITAN. Chirurg p. 81.
BOYLE util. phil. Exper. 142.
143. &c.
(k*) Vom Gifte der Klapper-
ſchlange ſtarb der erſte Hund inner-
halb einer Sekunde, der andere
innerhalb funfzehn Sekunden.
(l) REDI letter. nicht eben ſo
das Jndianiſche Gift, deſſen ſich
Cl. BROCKLESRY bediente; denn
dieſes toͤdtete, auch durch den Mund
genommen, die Voͤgel. phil. tranſ.
n. 483.
(m) CRATO a CRAFTH. Ep.
52. p. 226. mit dem Thorakraute
beſchmierte Pfeile ſind am giftig-
ſten. GESNER quadruped. p. 1073.
(n) SCHREIBER de peſte
obſ. 6.
(o) DEIDIER de peſte, des tum.
p. 388. 389.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/123>, abgerufen am 21.11.2024.
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