Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Gedärme. XXIV. Buch.
menziehen ein Stükkchen von dem Winkel des Darmes
raubt, und also vornehmlich die wellenförmige Figur der
Därme den Fortgang der Speise aufhält.

Man muß sich aber die Sache nicht so vorstellen,
als ob nach der Reihe ein Zoll Speise nach dem an-
dern(o) vom Magen zum Hintern fortgeschoben werde.
Es fallen Pausen dazwischen ein (p): und es werden
viele Stükke des Darmes (q), die von einander unter-
schieden sind, zu eben derselben Zeit hie und da zusam-
mengezogen, sie stossen die Speise weiter, und wenn ei-
nige erschlaffen, so ruhen andre wieder.

Um aber diese Schwierigkeiten zu überwinden, und
damit die peristaltische Bewegung über die offenbar bei-
gemischte antiperistaltische Bewegung die Oberhand be-
kommen könne, so müssen mehrere Ursachen zusammen-
kommen.

Es überwältigt die Stärke des Magens den Wi-
derstand des Zwölffingerdarms, und es läßt sich der
Ring eines schwellenden Darmes(r), welcher zu dem
Magen führt, viel mühsamer bezwingen, als die Bie-
gung des fortgehenden Zwölffingerdarms.

Dahingegen begiebt sich der Koth des dünnen Ge-
därmes zulezzt in dem losern und weitern Grimmdarm,
wie sich ein Bach in einen See stürzt, und es läßt die
Klappe des Grimmdarms, von der wir bald reden wer-
den, alles vom Magen kommende durch, und sie ver-
sagt zugleich die Rükkehr dem Kothe (s), der sich vom
Grimmdarm nach dem Krummdarm zurükke zu steigen
bestrebt.

Auf diese Art siehet man, daß die peristaltische Be-
wegung ihren festen Anfang im Magen habe, und sie
stößt die Speise von demselben leichter gegen den Hin-

tern
(o) [Spaltenumbruch] RUSSEL l. c.
(p) p. 43.
(q) SCHWARTZ p. 42. Exper.
rostr.
346. 362. 389.
(r) [Spaltenumbruch] p. 10. L. XVII. p. 135. 277.
278.
(s) S. III.

Das Gedaͤrme. XXIV. Buch.
menziehen ein Stuͤkkchen von dem Winkel des Darmes
raubt, und alſo vornehmlich die wellenfoͤrmige Figur der
Daͤrme den Fortgang der Speiſe aufhaͤlt.

Man muß ſich aber die Sache nicht ſo vorſtellen,
als ob nach der Reihe ein Zoll Speiſe nach dem an-
dern(o) vom Magen zum Hintern fortgeſchoben werde.
Es fallen Pauſen dazwiſchen ein (p): und es werden
viele Stuͤkke des Darmes (q), die von einander unter-
ſchieden ſind, zu eben derſelben Zeit hie und da zuſam-
mengezogen, ſie ſtoſſen die Speiſe weiter, und wenn ei-
nige erſchlaffen, ſo ruhen andre wieder.

Um aber dieſe Schwierigkeiten zu uͤberwinden, und
damit die periſtaltiſche Bewegung uͤber die offenbar bei-
gemiſchte antiperiſtaltiſche Bewegung die Oberhand be-
kommen koͤnne, ſo muͤſſen mehrere Urſachen zuſammen-
kommen.

Es uͤberwaͤltigt die Staͤrke des Magens den Wi-
derſtand des Zwoͤlffingerdarms, und es laͤßt ſich der
Ring eines ſchwellenden Darmes(r), welcher zu dem
Magen fuͤhrt, viel muͤhſamer bezwingen, als die Bie-
gung des fortgehenden Zwoͤlffingerdarms.

Dahingegen begiebt ſich der Koth des duͤnnen Ge-
daͤrmes zulezzt in dem loſern und weitern Grimmdarm,
wie ſich ein Bach in einen See ſtuͤrzt, und es laͤßt die
Klappe des Grimmdarms, von der wir bald reden wer-
den, alles vom Magen kommende durch, und ſie ver-
ſagt zugleich die Ruͤkkehr dem Kothe (s), der ſich vom
Grimmdarm nach dem Krummdarm zuruͤkke zu ſteigen
beſtrebt.

Auf dieſe Art ſiehet man, daß die periſtaltiſche Be-
wegung ihren feſten Anfang im Magen habe, und ſie
ſtoͤßt die Speiſe von demſelben leichter gegen den Hin-

tern
(o) [Spaltenumbruch] RUSSEL l. c.
(p) p. 43.
(q) SCHWARTZ p. 42. Exper.
roſtr.
346. 362. 389.
(r) [Spaltenumbruch] p. 10. L. XVII. p. 135. 277.
278.
(s) S. III.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0186" n="150"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Geda&#x0364;rme. <hi rendition="#aq">XXIV.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
menziehen ein Stu&#x0364;kkchen von dem Winkel des Darmes<lb/>
raubt, und al&#x017F;o vornehmlich die wellenfo&#x0364;rmige Figur der<lb/>
Da&#x0364;rme den Fortgang der Spei&#x017F;e aufha&#x0364;lt.</p><lb/>
              <p>Man muß &#x017F;ich aber die Sache nicht &#x017F;o vor&#x017F;tellen,<lb/>
als ob nach der Reihe ein Zoll Spei&#x017F;e nach dem an-<lb/>
dern<note place="foot" n="(o)"><cb/><hi rendition="#aq">RUSSEL l. c.</hi></note> vom Magen zum Hintern fortge&#x017F;choben werde.<lb/>
Es fallen Pau&#x017F;en dazwi&#x017F;chen ein <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 43.</note>: und es werden<lb/>
viele Stu&#x0364;kke des Darmes <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#aq">SCHWARTZ p. 42. Exper.<lb/>
ro&#x017F;tr.</hi> 346. 362. 389.</note>, die von einander unter-<lb/>
&#x017F;chieden &#x017F;ind, zu eben der&#x017F;elben Zeit hie und da zu&#x017F;am-<lb/>
mengezogen, &#x017F;ie &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en die Spei&#x017F;e weiter, und wenn ei-<lb/>
nige er&#x017F;chlaffen, &#x017F;o ruhen andre wieder.</p><lb/>
              <p>Um aber die&#x017F;e Schwierigkeiten zu u&#x0364;berwinden, und<lb/>
damit die peri&#x017F;talti&#x017F;che Bewegung u&#x0364;ber die offenbar bei-<lb/>
gemi&#x017F;chte antiperi&#x017F;talti&#x017F;che Bewegung die Oberhand be-<lb/>
kommen ko&#x0364;nne, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en mehrere Ur&#x017F;achen zu&#x017F;ammen-<lb/>
kommen.</p><lb/>
              <p>Es u&#x0364;berwa&#x0364;ltigt die Sta&#x0364;rke des Magens den Wi-<lb/>
der&#x017F;tand des Zwo&#x0364;lffingerdarms, und es la&#x0364;ßt &#x017F;ich der<lb/>
Ring eines &#x017F;chwellenden Darmes<note place="foot" n="(r)"><cb/><hi rendition="#aq">p. 10. L. XVII. p.</hi> 135. 277.<lb/>
278.</note>, welcher zu dem<lb/>
Magen fu&#x0364;hrt, viel mu&#x0364;h&#x017F;amer bezwingen, als die Bie-<lb/>
gung des fortgehenden Zwo&#x0364;lffingerdarms.</p><lb/>
              <p>Dahingegen begiebt &#x017F;ich der Koth des du&#x0364;nnen Ge-<lb/>
da&#x0364;rmes zulezzt in dem lo&#x017F;ern und weitern Grimmdarm,<lb/>
wie &#x017F;ich ein Bach in einen See &#x017F;tu&#x0364;rzt, und es la&#x0364;ßt die<lb/>
Klappe des Grimmdarms, von der wir bald reden wer-<lb/>
den, alles vom Magen kommende durch, und &#x017F;ie ver-<lb/>
&#x017F;agt zugleich die Ru&#x0364;kkehr dem Kothe <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">S. III.</hi></note>, der &#x017F;ich vom<lb/>
Grimmdarm nach dem Krummdarm zuru&#x0364;kke zu &#x017F;teigen<lb/>
be&#x017F;trebt.</p><lb/>
              <p>Auf die&#x017F;e Art &#x017F;iehet man, daß die peri&#x017F;talti&#x017F;che Be-<lb/>
wegung ihren fe&#x017F;ten Anfang im Magen habe, und &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;to&#x0364;ßt die Spei&#x017F;e von dem&#x017F;elben leichter gegen den Hin-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tern</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0186] Das Gedaͤrme. XXIV. Buch. menziehen ein Stuͤkkchen von dem Winkel des Darmes raubt, und alſo vornehmlich die wellenfoͤrmige Figur der Daͤrme den Fortgang der Speiſe aufhaͤlt. Man muß ſich aber die Sache nicht ſo vorſtellen, als ob nach der Reihe ein Zoll Speiſe nach dem an- dern (o) vom Magen zum Hintern fortgeſchoben werde. Es fallen Pauſen dazwiſchen ein (p): und es werden viele Stuͤkke des Darmes (q), die von einander unter- ſchieden ſind, zu eben derſelben Zeit hie und da zuſam- mengezogen, ſie ſtoſſen die Speiſe weiter, und wenn ei- nige erſchlaffen, ſo ruhen andre wieder. Um aber dieſe Schwierigkeiten zu uͤberwinden, und damit die periſtaltiſche Bewegung uͤber die offenbar bei- gemiſchte antiperiſtaltiſche Bewegung die Oberhand be- kommen koͤnne, ſo muͤſſen mehrere Urſachen zuſammen- kommen. Es uͤberwaͤltigt die Staͤrke des Magens den Wi- derſtand des Zwoͤlffingerdarms, und es laͤßt ſich der Ring eines ſchwellenden Darmes (r), welcher zu dem Magen fuͤhrt, viel muͤhſamer bezwingen, als die Bie- gung des fortgehenden Zwoͤlffingerdarms. Dahingegen begiebt ſich der Koth des duͤnnen Ge- daͤrmes zulezzt in dem loſern und weitern Grimmdarm, wie ſich ein Bach in einen See ſtuͤrzt, und es laͤßt die Klappe des Grimmdarms, von der wir bald reden wer- den, alles vom Magen kommende durch, und ſie ver- ſagt zugleich die Ruͤkkehr dem Kothe (s), der ſich vom Grimmdarm nach dem Krummdarm zuruͤkke zu ſteigen beſtrebt. Auf dieſe Art ſiehet man, daß die periſtaltiſche Be- wegung ihren feſten Anfang im Magen habe, und ſie ſtoͤßt die Speiſe von demſelben leichter gegen den Hin- tern (o) RUSSEL l. c. (p) p. 43. (q) SCHWARTZ p. 42. Exper. roſtr. 346. 362. 389. (r) p. 10. L. XVII. p. 135. 277. 278. (s) S. III.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/186
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/186>, abgerufen am 27.11.2024.