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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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II. Abschn. Die Harnblase.
gang zusammen drükkte, über den Schaamknochen hin-
aus getrieben worden.

Es nimmt indessen diese Länge der Blase dergestalt
ab, daß sie nicht mehr über den Schaamknochen hinaus-
steigt, und man will, daß sie im dritten Jahre um drei
Zoll, im zwölften Jahre kaum anderthalb Zoll vorliegen(g),
im achtzehnten aber unter dem Schaamknochen verstekkt
liegen soll (h). Jch habe indessen die Länge der Blase
bis zur Mannbarkeit, und bis zum sechszehnten Jahre
so groß gefunden, daß sie weit über den Schaamknochen
hinauf stieg.

Gegentheils, da die Blase in erwachsenen Menschen
kürzer ist, und das Bekken tiefer liegt, ferner, da eine
leere Blase bis auf die kleinste Grösse eines Eies, oder
einer Nuß einkriecht, so ist dieses die Ursache, daß die
leere Blase in erwachsenen Personen entweder den Rand
des Schaamknochens nicht erreicht (i), oder sich in ziem-
lichem Abstande unter selbigen, wie ich mehrmalen an-
gemerkt, endigt. Es muß daher in solchem Alter das
Darmfell entweder nicht zur Blase hinauf steigen, oder
auch herunter sinken (k), und die Blase ihren ganzen
Vordertheil unter dem Darmfelle auf dem Schaamkno-
chen liegen haben.

Die Blase verläßt auch ihre Stelle, und neiget sich
ziemlich oft auf die linke Seite über (l), welches bereits
die Alten beobachteten, so wie sie sich bei einem Menschen,
welcher auf dem Rükken liegt, hinterwärts niedersenkt (m).
Sie entwischt, und macht unter dem Schaambogen ei-

nen
(g) [Spaltenumbruch] HEUERMAN. Oper. Chit.
II. p. 143. et Physiol. T. IV. p.
125.
(h) Ebendas.
(i) Kaum gehet die leere darü-
ber CHESELDEN. p. 4. t. 1. 2.
PARSONS. p.
16.
(k) Le DRAN. supplem. p. 11.
(l) CELS. L. IV. c. 1. FAL-
CONET. de sec, later. praefer.
[Spaltenumbruch] TARIN. de lithot. add. BUCH-
NER. miscell. 1729. p.
52.
(m) PALUCCI p. 15. Jn einem
erwachsenen Menschen wird die
Blase vom Bekken aufgenommen,
und sie steiget selten über den
Schaamknochen hinauf. CAMPER.
pag.
10.

II. Abſchn. Die Harnblaſe.
gang zuſammen druͤkkte, uͤber den Schaamknochen hin-
aus getrieben worden.

Es nimmt indeſſen dieſe Laͤnge der Blaſe dergeſtalt
ab, daß ſie nicht mehr uͤber den Schaamknochen hinaus-
ſteigt, und man will, daß ſie im dritten Jahre um drei
Zoll, im zwoͤlften Jahre kaum anderthalb Zoll vorliegen(g),
im achtzehnten aber unter dem Schaamknochen verſtekkt
liegen ſoll (h). Jch habe indeſſen die Laͤnge der Blaſe
bis zur Mannbarkeit, und bis zum ſechszehnten Jahre
ſo groß gefunden, daß ſie weit uͤber den Schaamknochen
hinauf ſtieg.

Gegentheils, da die Blaſe in erwachſenen Menſchen
kuͤrzer iſt, und das Bekken tiefer liegt, ferner, da eine
leere Blaſe bis auf die kleinſte Groͤſſe eines Eies, oder
einer Nuß einkriecht, ſo iſt dieſes die Urſache, daß die
leere Blaſe in erwachſenen Perſonen entweder den Rand
des Schaamknochens nicht erreicht (i), oder ſich in ziem-
lichem Abſtande unter ſelbigen, wie ich mehrmalen an-
gemerkt, endigt. Es muß daher in ſolchem Alter das
Darmfell entweder nicht zur Blaſe hinauf ſteigen, oder
auch herunter ſinken (k), und die Blaſe ihren ganzen
Vordertheil unter dem Darmfelle auf dem Schaamkno-
chen liegen haben.

Die Blaſe verlaͤßt auch ihre Stelle, und neiget ſich
ziemlich oft auf die linke Seite uͤber (l), welches bereits
die Alten beobachteten, ſo wie ſie ſich bei einem Menſchen,
welcher auf dem Ruͤkken liegt, hinterwaͤrts niederſenkt (m).
Sie entwiſcht, und macht unter dem Schaambogen ei-

nen
(g) [Spaltenumbruch] HEUERMAN. Oper. Chit.
II. p. 143. et Phyſiol. T. IV. p.
125.
(h) Ebendaſ.
(i) Kaum gehet die leere daruͤ-
ber CHESELDEN. p. 4. t. 1. 2.
PARSONS. p.
16.
(k) Le DRAN. ſupplem. p. 11.
(l) CELS. L. IV. c. 1. FAL-
CONET. de ſec, later. præfer.
[Spaltenumbruch] TARIN. de lithot. add. BUCH-
NER. miſcell. 1729. p.
52.
(m) PALUCCI p. 15. Jn einem
erwachſenen Menſchen wird die
Blaſe vom Bekken aufgenommen,
und ſie ſteiget ſelten uͤber den
Schaamknochen hinauf. CAMPER.
pag.
10.
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[447/0483] II. Abſchn. Die Harnblaſe. gang zuſammen druͤkkte, uͤber den Schaamknochen hin- aus getrieben worden. Es nimmt indeſſen dieſe Laͤnge der Blaſe dergeſtalt ab, daß ſie nicht mehr uͤber den Schaamknochen hinaus- ſteigt, und man will, daß ſie im dritten Jahre um drei Zoll, im zwoͤlften Jahre kaum anderthalb Zoll vorliegen (g), im achtzehnten aber unter dem Schaamknochen verſtekkt liegen ſoll (h). Jch habe indeſſen die Laͤnge der Blaſe bis zur Mannbarkeit, und bis zum ſechszehnten Jahre ſo groß gefunden, daß ſie weit uͤber den Schaamknochen hinauf ſtieg. Gegentheils, da die Blaſe in erwachſenen Menſchen kuͤrzer iſt, und das Bekken tiefer liegt, ferner, da eine leere Blaſe bis auf die kleinſte Groͤſſe eines Eies, oder einer Nuß einkriecht, ſo iſt dieſes die Urſache, daß die leere Blaſe in erwachſenen Perſonen entweder den Rand des Schaamknochens nicht erreicht (i), oder ſich in ziem- lichem Abſtande unter ſelbigen, wie ich mehrmalen an- gemerkt, endigt. Es muß daher in ſolchem Alter das Darmfell entweder nicht zur Blaſe hinauf ſteigen, oder auch herunter ſinken (k), und die Blaſe ihren ganzen Vordertheil unter dem Darmfelle auf dem Schaamkno- chen liegen haben. Die Blaſe verlaͤßt auch ihre Stelle, und neiget ſich ziemlich oft auf die linke Seite uͤber (l), welches bereits die Alten beobachteten, ſo wie ſie ſich bei einem Menſchen, welcher auf dem Ruͤkken liegt, hinterwaͤrts niederſenkt (m). Sie entwiſcht, und macht unter dem Schaambogen ei- nen (g) HEUERMAN. Oper. Chit. II. p. 143. et Phyſiol. T. IV. p. 125. (h) Ebendaſ. (i) Kaum gehet die leere daruͤ- ber CHESELDEN. p. 4. t. 1. 2. PARSONS. p. 16. (k) Le DRAN. ſupplem. p. 11. (l) CELS. L. IV. c. 1. FAL- CONET. de ſec, later. præfer. TARIN. de lithot. add. BUCH- NER. miſcell. 1729. p. 52. (m) PALUCCI p. 15. Jn einem erwachſenen Menſchen wird die Blaſe vom Bekken aufgenommen, und ſie ſteiget ſelten uͤber den Schaamknochen hinauf. CAMPER. pag. 10.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/483>, abgerufen am 22.11.2024.