Jn hizzigen Fiebern(c), sonderlich aber bei Perso- nen, die am Steine, und der Harnverhaltung krank liegen, nimmt er einen sehr grossen Gestank an sich, so daß er mit seinem Geruche (d) grossen Schaden anrich- tet, und eine leichte Lungenentzündung hervorbringt.
Jndessen geschicht es doch, und ich erinnere mich, dergleichen Geruch wahrgenommen zu haben, daß der Bleiche und schleimige Urin bei Leuten, die den Stein haben (e), säuerlich gerochen, der Harn der Kühe nimmt einen Moschgeruch an sich, sobald das meiste Wasser da- von verraucht ist (f).
§. 7. Seine Schärfe. 1. Die alkalische Schärfe.
Wir übergehen hier die Menschenfrucht, die zarten Kinder, und den rohen Urin. Jn etwas mehr erwach- senen Menschen muß schon der Urin scharf seyn, und ei- nen ekelhaften, wie man sagt, salzigen Geschmakk ha- ben: seine Schärfe ist aber von einer zusammen gesezzten Art. Er ist ohne Geschmakk in schweren Fiebern, und er deutet in der Pest selbst, den nahen Tod an (a).
Jn dem Urine hat dasjenige Salz, welches von ihm seinen Namen bekommen, den Vorzug. Ehemals nannte Rufus(c) diesen Geschmakk salpetrig, welches hier so viel als laugenhaft bedeuten soll: denn es verwandelte sich das nitrum der Alten mit einem Oele in Seife. Nun ist zwar ein frischer Urin (d) niemals mit dem alkalischen [Spaltenumbruch](b)
Salze
(c)[Spaltenumbruch]SWIETEN comm. I. p. 131. nicht stets schlecht HAEN rat. me- dend. VIII. p. 48.
(d)BOERHAAVE prax. med. I. p. 178. Elem chem. II. p. 306.
(e)PALUCCI p. 182.
(f)RUTTY synops. p. 457.
(a) Ein Unwissender schloß aus süssem Urine auf die Pest FON- SECA de excrement. p. 115.
(c)Appell I. p. 44.
(d)SCHNAPER. n. 31. BOER- HAAVE Elem. chem. T. II. proc. 92. 94.
(b) An seiner eignen Frau ein Mann beim TITSING. van t'steensnyden pag. 44 Siehe auch TACHENIUS Hipp. Chem.
Die Harnwege. XXVI. Buch.
Jn hizzigen Fiebern(c), ſonderlich aber bei Perſo- nen, die am Steine, und der Harnverhaltung krank liegen, nimmt er einen ſehr groſſen Geſtank an ſich, ſo daß er mit ſeinem Geruche (d) groſſen Schaden anrich- tet, und eine leichte Lungenentzuͤndung hervorbringt.
Jndeſſen geſchicht es doch, und ich erinnere mich, dergleichen Geruch wahrgenommen zu haben, daß der Bleiche und ſchleimige Urin bei Leuten, die den Stein haben (e), ſaͤuerlich gerochen, der Harn der Kuͤhe nimmt einen Moſchgeruch an ſich, ſobald das meiſte Waſſer da- von verraucht iſt (f).
§. 7. Seine Schaͤrfe. 1. Die alkaliſche Schaͤrfe.
Wir uͤbergehen hier die Menſchenfrucht, die zarten Kinder, und den rohen Urin. Jn etwas mehr erwach- ſenen Menſchen muß ſchon der Urin ſcharf ſeyn, und ei- nen ekelhaften, wie man ſagt, ſalzigen Geſchmakk ha- ben: ſeine Schaͤrfe iſt aber von einer zuſammen geſezzten Art. Er iſt ohne Geſchmakk in ſchweren Fiebern, und er deutet in der Peſt ſelbſt, den nahen Tod an (a).
Jn dem Urine hat dasjenige Salz, welches von ihm ſeinen Namen bekommen, den Vorzug. Ehemals nannte Rufus(c) dieſen Geſchmakk ſalpetrig, welches hier ſo viel als laugenhaft bedeuten ſoll: denn es verwandelte ſich das nitrum der Alten mit einem Oele in Seife. Nun iſt zwar ein friſcher Urin (d) niemals mit dem alkaliſchen [Spaltenumbruch](b)
Salze
(c)[Spaltenumbruch]SWIETEN comm. I. p. 131. nicht ſtets ſchlecht HAEN rat. me- dend. VIII. p. 48.
(d)BOERHAAVE prax. med. I. p. 178. Elem chem. II. p. 306.
(e)PALUCCI p. 182.
(f)RUTTY ſynopſ. p. 457.
(a) Ein Unwiſſender ſchloß aus ſuͤſſem Urine auf die Peſt FON- SECA de excrement. p. 115.
(c)Appell I. p. 44.
(d)SCHNAPER. n. 31. BOER- HAAVE Elem. chem. T. II. proc. 92. 94.
(b) An ſeiner eignen Frau ein Mann beim TITSING. van t’ſteenſnyden pag. 44 Siehe auch TACHENIUS Hipp. Chem.
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Die Harnwege. XXVI. Buch.
Jn hizzigen Fiebern (c), ſonderlich aber bei Perſo-
nen, die am Steine, und der Harnverhaltung krank
liegen, nimmt er einen ſehr groſſen Geſtank an ſich, ſo
daß er mit ſeinem Geruche (d) groſſen Schaden anrich-
tet, und eine leichte Lungenentzuͤndung hervorbringt.
Jndeſſen geſchicht es doch, und ich erinnere mich,
dergleichen Geruch wahrgenommen zu haben, daß der
Bleiche und ſchleimige Urin bei Leuten, die den Stein
haben (e), ſaͤuerlich gerochen, der Harn der Kuͤhe nimmt
einen Moſchgeruch an ſich, ſobald das meiſte Waſſer da-
von verraucht iſt (f).
§. 7.
Seine Schaͤrfe. 1. Die alkaliſche Schaͤrfe.
Wir uͤbergehen hier die Menſchenfrucht, die zarten
Kinder, und den rohen Urin. Jn etwas mehr erwach-
ſenen Menſchen muß ſchon der Urin ſcharf ſeyn, und ei-
nen ekelhaften, wie man ſagt, ſalzigen Geſchmakk ha-
ben: ſeine Schaͤrfe iſt aber von einer zuſammen geſezzten
Art. Er iſt ohne Geſchmakk in ſchweren Fiebern, und
er deutet in der Peſt ſelbſt, den nahen Tod an (a).
Jn dem Urine hat dasjenige Salz, welches von ihm
ſeinen Namen bekommen, den Vorzug. Ehemals nannte
Rufus (c) dieſen Geſchmakk ſalpetrig, welches hier ſo
viel als laugenhaft bedeuten ſoll: denn es verwandelte
ſich das nitrum der Alten mit einem Oele in Seife. Nun
iſt zwar ein friſcher Urin (d) niemals mit dem alkaliſchen
Salze
(b)
(c)
SWIETEN comm. I. p. 131.
nicht ſtets ſchlecht HAEN rat. me-
dend. VIII. p. 48.
(d) BOERHAAVE prax. med.
I. p. 178. Elem chem. II. p. 306.
(e) PALUCCI p. 182.
(f) RUTTY ſynopſ. p. 457.
(a) Ein Unwiſſender ſchloß aus
ſuͤſſem Urine auf die Peſt FON-
SECA de excrement. p. 115.
(c) Appell I. p. 44.
(d) SCHNAPER. n. 31. BOER-
HAAVE Elem. chem. T. II. proc.
92. 94.
(b) An ſeiner eignen Frau ein
Mann beim TITSING. van
t’ſteenſnyden pag. 44 Siehe auch
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/542>, abgerufen am 22.11.2024.
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