sehr zweifelhaft zu seyn. Man erlaube mir hier noch zu sagen, daß es eine alte Theorie von den Nieren so mit sich bringe, zu glauben, die Niere trage etwas zur Liebe bei: wenigstens reize sie mit ihrem, etwas faulen Salz- wasser die Gefässe, den Saamen von sich zu geben(r); nach andern sollte sie überhaupt den Saamen selbst be- reiten (s): sie wäre bei verliebten Personen grösser, als bei andern (t), und bei verliebten Thieren hätte sie ei- nen übeln Geruch (u).
Dieses alles übergehen wir mit Stillschweigen, da sich nirgendwo, und in keinerlei Lebensalter der Urin mit dem Saamen vermischt, und es hat die Natur über- haupt mit vieler Sorgfalt dafür gesorgt, daß sich beide Säfte nicht unter einander mengen können, damit nicht der Urin den Saamen, wenn er heraus fliessen soll, und der Saamen nicht den Urin im Fortgehen hindern möge.
Es stimmen ferner die meisten überein, daß die Ne- bennieren einige Flüßigkeit hervor bringen. Einige ma- chen selbige zu einer Fettigkeit(x), nach andern ist sie harnhaft, und man sieht die Nebenniere für eine wirkli- che Niere an, deren Harngänge im erwachsenen Men- schen verschwinden (y), sie sollen in der Frucht, als Nie- ren, nur so viel auf einen Tag, an Urin absondern, daß solches drei Unzen, und drei Viertheil (z) auf den Tag betrüge. Andre machen es zu einem limphatischen Sas- te (a), der in diesen Drüsen entstünde, und durch ihre Poros resorbirt werde (b), oder durch einen Ausführungs- gang dahin komme (c), und es hätten diese Nebennieren
eine
(r)[Spaltenumbruch]GALEN. de utilit. part. L. XIV. c. 9.
(s)Ol. WORM. de usurenum. OELHAFEN. Mich. SENNERT. anat. HOFMAN apol. II. c. 142.
(t)SCHENK exerc. p. 529. GALIOTTO. LENTIL. Cent. II. p. 168.
(u)SENNERT.
(x)[Spaltenumbruch]SANDRIS. p. 139.
(y)DEIDIER physiol. p. 102.
(z)SAUVAGES embryol. p. 27. 28.
(a)FANTON p. 144.
(b)WELSCH. Diss. Lips. hab. 1651.
(c) Breßl. Samml. 1722. m. Febr. KULMI Erfindung.
P p 3
IV. Abſchn. die der Harn nimmt.
ſehr zweifelhaft zu ſeyn. Man erlaube mir hier noch zu ſagen, daß es eine alte Theorie von den Nieren ſo mit ſich bringe, zu glauben, die Niere trage etwas zur Liebe bei: wenigſtens reize ſie mit ihrem, etwas faulen Salz- waſſer die Gefaͤſſe, den Saamen von ſich zu geben(r); nach andern ſollte ſie uͤberhaupt den Saamen ſelbſt be- reiten (s): ſie waͤre bei verliebten Perſonen groͤſſer, als bei andern (t), und bei verliebten Thieren haͤtte ſie ei- nen uͤbeln Geruch (u).
Dieſes alles uͤbergehen wir mit Stillſchweigen, da ſich nirgendwo, und in keinerlei Lebensalter der Urin mit dem Saamen vermiſcht, und es hat die Natur uͤber- haupt mit vieler Sorgfalt dafuͤr geſorgt, daß ſich beide Saͤfte nicht unter einander mengen koͤnnen, damit nicht der Urin den Saamen, wenn er heraus flieſſen ſoll, und der Saamen nicht den Urin im Fortgehen hindern moͤge.
Es ſtimmen ferner die meiſten uͤberein, daß die Ne- bennieren einige Fluͤßigkeit hervor bringen. Einige ma- chen ſelbige zu einer Fettigkeit(x), nach andern iſt ſie harnhaft, und man ſieht die Nebenniere fuͤr eine wirkli- che Niere an, deren Harngaͤnge im erwachſenen Men- ſchen verſchwinden (y), ſie ſollen in der Frucht, als Nie- ren, nur ſo viel auf einen Tag, an Urin abſondern, daß ſolches drei Unzen, und drei Viertheil (z) auf den Tag betruͤge. Andre machen es zu einem limphatiſchen Saſ- te (a), der in dieſen Druͤſen entſtuͤnde, und durch ihre Poros reſorbirt werde (b), oder durch einen Ausfuͤhrungs- gang dahin komme (c), und es haͤtten dieſe Nebennieren
eine
(r)[Spaltenumbruch]GALEN. de utilit. part. L. XIV. c. 9.
(s)Ol. WORM. de uſurenum. OELHAFEN. Mich. SENNERT. anat. HOFMAN apol. II. c. 142.
(t)SCHENK exerc. p. 529. GALIOTTO. LENTIL. Cent. II. p. 168.
(u)SENNERT.
(x)[Spaltenumbruch]SANDRIS. p. 139.
(y)DEIDIER phyſiol. p. 102.
(z)SAUVAGES embryol. p. 27. 28.
(a)FANTON p. 144.
(b)WELSCH. Diſſ. Lipſ. hab. 1651.
(c) Breßl. Samml. 1722. m. Febr. KULMI Erfindung.
P p 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0633"n="597"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IV.</hi> Abſchn. die der Harn nimmt.</hi></fw><lb/>ſehr zweifelhaft zu ſeyn. Man erlaube mir hier noch zu<lb/>ſagen, daß es eine alte Theorie von den Nieren ſo mit<lb/>ſich bringe, zu glauben, die Niere trage etwas zur Liebe<lb/>
bei: wenigſtens reize ſie mit ihrem, etwas faulen Salz-<lb/>
waſſer die Gefaͤſſe, den Saamen von ſich zu geben<noteplace="foot"n="(r)"><cb/><hirendition="#aq">GALEN. de utilit. part. L.<lb/>
XIV. c.</hi> 9.</note>;<lb/>
nach andern ſollte ſie uͤberhaupt den Saamen ſelbſt be-<lb/>
reiten <noteplace="foot"n="(s)"><hirendition="#aq">Ol. WORM. de uſurenum.<lb/>
OELHAFEN. Mich. SENNERT.<lb/>
anat. HOFMAN apol. II. c.</hi> 142.</note>: ſie waͤre bei verliebten Perſonen groͤſſer, als<lb/>
bei andern <noteplace="foot"n="(t)"><hirendition="#aq">SCHENK exerc. p. 529.<lb/>
GALIOTTO. LENTIL. Cent. II.<lb/>
p.</hi> 168.</note>, und bei verliebten Thieren haͤtte ſie ei-<lb/>
nen uͤbeln Geruch <noteplace="foot"n="(u)"><hirendition="#aq">SENNERT.</hi></note>.</p><lb/><p>Dieſes alles uͤbergehen wir mit Stillſchweigen, da<lb/>ſich nirgendwo, und in keinerlei Lebensalter der Urin mit<lb/>
dem Saamen vermiſcht, und es hat die Natur uͤber-<lb/>
haupt mit vieler Sorgfalt dafuͤr geſorgt, daß ſich beide<lb/>
Saͤfte nicht unter einander mengen koͤnnen, damit nicht<lb/>
der Urin den Saamen, wenn er heraus flieſſen ſoll, und<lb/>
der Saamen nicht den Urin im Fortgehen hindern moͤge.</p><lb/><p>Es ſtimmen ferner die meiſten uͤberein, daß die Ne-<lb/>
bennieren einige Fluͤßigkeit hervor bringen. Einige ma-<lb/>
chen ſelbige zu einer Fettigkeit<noteplace="foot"n="(x)"><cb/><hirendition="#aq">SANDRIS. p.</hi> 139.</note>, nach andern iſt ſie<lb/>
harnhaft, und man ſieht die Nebenniere fuͤr eine wirkli-<lb/>
che Niere an, deren Harngaͤnge im erwachſenen Men-<lb/>ſchen verſchwinden <noteplace="foot"n="(y)"><hirendition="#aq">DEIDIER phyſiol. p.</hi> 102.</note>, ſie ſollen in der Frucht, als Nie-<lb/>
ren, nur ſo viel auf einen Tag, an Urin abſondern, daß<lb/>ſolches drei Unzen, und drei Viertheil <noteplace="foot"n="(z)"><hirendition="#aq">SAUVAGES embryol. p.</hi><lb/>
27. 28.</note> auf den Tag<lb/>
betruͤge. Andre machen es zu einem limphatiſchen Saſ-<lb/>
te <noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq">FANTON p.</hi> 144.</note>, der in dieſen Druͤſen entſtuͤnde, und durch ihre<lb/>
Poros reſorbirt werde <noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#aq">WELSCH. Diſſ. Lipſ. hab.</hi><lb/>
1651.</note>, oder durch einen Ausfuͤhrungs-<lb/>
gang dahin komme <noteplace="foot"n="(c)">Breßl. Samml. 1722. <hirendition="#aq">m.<lb/>
Febr. KULMI</hi> Erfindung.</note>, und es haͤtten dieſe Nebennieren<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P p 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">eine</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[597/0633]
IV. Abſchn. die der Harn nimmt.
ſehr zweifelhaft zu ſeyn. Man erlaube mir hier noch zu
ſagen, daß es eine alte Theorie von den Nieren ſo mit
ſich bringe, zu glauben, die Niere trage etwas zur Liebe
bei: wenigſtens reize ſie mit ihrem, etwas faulen Salz-
waſſer die Gefaͤſſe, den Saamen von ſich zu geben (r);
nach andern ſollte ſie uͤberhaupt den Saamen ſelbſt be-
reiten (s): ſie waͤre bei verliebten Perſonen groͤſſer, als
bei andern (t), und bei verliebten Thieren haͤtte ſie ei-
nen uͤbeln Geruch (u).
Dieſes alles uͤbergehen wir mit Stillſchweigen, da
ſich nirgendwo, und in keinerlei Lebensalter der Urin mit
dem Saamen vermiſcht, und es hat die Natur uͤber-
haupt mit vieler Sorgfalt dafuͤr geſorgt, daß ſich beide
Saͤfte nicht unter einander mengen koͤnnen, damit nicht
der Urin den Saamen, wenn er heraus flieſſen ſoll, und
der Saamen nicht den Urin im Fortgehen hindern moͤge.
Es ſtimmen ferner die meiſten uͤberein, daß die Ne-
bennieren einige Fluͤßigkeit hervor bringen. Einige ma-
chen ſelbige zu einer Fettigkeit (x), nach andern iſt ſie
harnhaft, und man ſieht die Nebenniere fuͤr eine wirkli-
che Niere an, deren Harngaͤnge im erwachſenen Men-
ſchen verſchwinden (y), ſie ſollen in der Frucht, als Nie-
ren, nur ſo viel auf einen Tag, an Urin abſondern, daß
ſolches drei Unzen, und drei Viertheil (z) auf den Tag
betruͤge. Andre machen es zu einem limphatiſchen Saſ-
te (a), der in dieſen Druͤſen entſtuͤnde, und durch ihre
Poros reſorbirt werde (b), oder durch einen Ausfuͤhrungs-
gang dahin komme (c), und es haͤtten dieſe Nebennieren
eine
(r)
GALEN. de utilit. part. L.
XIV. c. 9.
(s) Ol. WORM. de uſurenum.
OELHAFEN. Mich. SENNERT.
anat. HOFMAN apol. II. c. 142.
(t) SCHENK exerc. p. 529.
GALIOTTO. LENTIL. Cent. II.
p. 168.
(u) SENNERT.
(x)
SANDRIS. p. 139.
(y) DEIDIER phyſiol. p. 102.
(z) SAUVAGES embryol. p.
27. 28.
(a) FANTON p. 144.
(b) WELSCH. Diſſ. Lipſ. hab.
1651.
(c) Breßl. Samml. 1722. m.
Febr. KULMI Erfindung.
P p 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/633>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.