im Saamen verborgen liegender Saft, diese Ehre an- maassen dörfe.
Seit den ältesten Zeiten haben die morgenländische Prinzen die Gewohnheit gehabt, viele Frauenspersonen zu ihrer Wollust zu unterhalten. Hier verursachte das Mistrauen, und schon in den ältesten Zeiten auch die, mit der Untreue eines Weibes auf den Mann zurükkfal- lende Schande(b), daß man zur Hütung, so vieler rei- zenden Schönheiten, Halbmänner gebrauchte, von denen man für eine unerlaubte Liebe nichts zu fürchten hätte.
Eben so alt, und vielleicht noch älter ist, nach mei- ner Meinung auch das Verschneiden der männlichen Thiere, wodurch die ersten Menschen bei einigen wilden Thieren die zu grosse Wildheit zu entkräften, bei andern aber die Annehmlichkeit des Geschmakkes zu vermehren gesucht.
Es geschieht dieses Verschneiden durch das Ausreis- sen, oder wenigstens durch das Quetschen der Hoden (c), und durch die Schwächung derjenigen Gefässe (c*), wel- che zu den Hoden hingehen.
Und dennoch lieset man hin und wieder, daß wenn gleich die Hoden zerstöret, oder doch unnüzze geworden, der Mensch doch sowohl verliebte Reize (c+) als die Thiere
empfin-
(b)[Spaltenumbruch]
Jm Buche HIOB, das äl- teste, weil es des göttlichen Gesez- zes nicht erwähnt.
(c)WEPFER. l. c. KOLBE Re- lat. du Cap. I. p. 295. ROYLE util. phil. exper. p. 296.
(c*) Man zwingt an den Läm- mern die Saamengefässe zu zer- reissen GALLO agricult. p. 239. verdrehen sie am Hengst SERRES. p. 367. und Lämmern Idem p. 384. [Spaltenumbruch]
zerreissen die Saamengefässe mit den Zähnen ELLIS. april. p. 50. 51. STUTGARD. Auszüge pag. 125. Ehedem PALLADIUS, die soge- nannte nervi eremasteres würden mit Zangen zerquetscht.
(c+) Die Verschnittne steifen die Ruthe PLAZZON. p. 52. Ver- schnittne, die die Ruthe behalten, haben noch Begierden HALLE Thiere p. 90. Journ. med. ann. 1758.
D d d 5
II. Abſchn. und deren Saamen.
im Saamen verborgen liegender Saft, dieſe Ehre an- maaſſen doͤrfe.
Seit den aͤlteſten Zeiten haben die morgenlaͤndiſche Prinzen die Gewohnheit gehabt, viele Frauensperſonen zu ihrer Wolluſt zu unterhalten. Hier verurſachte das Mistrauen, und ſchon in den aͤlteſten Zeiten auch die, mit der Untreue eines Weibes auf den Mann zuruͤkkfal- lende Schande(b), daß man zur Huͤtung, ſo vieler rei- zenden Schoͤnheiten, Halbmaͤnner gebrauchte, von denen man fuͤr eine unerlaubte Liebe nichts zu fuͤrchten haͤtte.
Eben ſo alt, und vielleicht noch aͤlter iſt, nach mei- ner Meinung auch das Verſchneiden der maͤnnlichen Thiere, wodurch die erſten Menſchen bei einigen wilden Thieren die zu groſſe Wildheit zu entkraͤften, bei andern aber die Annehmlichkeit des Geſchmakkes zu vermehren geſucht.
Es geſchieht dieſes Verſchneiden durch das Ausreiſ- ſen, oder wenigſtens durch das Quetſchen der Hoden (c), und durch die Schwaͤchung derjenigen Gefaͤſſe (c*), wel- che zu den Hoden hingehen.
Und dennoch lieſet man hin und wieder, daß wenn gleich die Hoden zerſtoͤret, oder doch unnuͤzze geworden, der Menſch doch ſowohl verliebte Reize (c†) als die Thiere
empfin-
(b)[Spaltenumbruch]
Jm Buche HIOB, das aͤl- teſte, weil es des goͤttlichen Geſez- zes nicht erwaͤhnt.
(c)WEPFER. l. c. KOLBE Re- lat. du Cap. I. p. 295. ROYLE util. phil. exper. p. 296.
(c*) Man zwingt an den Laͤm- mern die Saamengefaͤſſe zu zer- reiſſen GALLO agricult. p. 239. verdrehen ſie am Hengſt SERRES. p. 367. und Laͤmmern Idem p. 384. [Spaltenumbruch]
zerreiſſen die Saamengefaͤſſe mit den Zaͤhnen ELLIS. april. p. 50. 51. STUTGARD. Auszuͤge pag. 125. Ehedem PALLADIUS, die ſoge- nannte nervi eremaſteres wuͤrden mit Zangen zerquetſcht.
(c†) Die Verſchnittne ſteifen die Ruthe PLAZZON. p. 52. Ver- ſchnittne, die die Ruthe behalten, haben noch Begierden HALLE Thiere p. 90. Journ. med. ann. 1758.
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II. Abſchn. und deren Saamen.
im Saamen verborgen liegender Saft, dieſe Ehre an-
maaſſen doͤrfe.
Seit den aͤlteſten Zeiten haben die morgenlaͤndiſche
Prinzen die Gewohnheit gehabt, viele Frauensperſonen
zu ihrer Wolluſt zu unterhalten. Hier verurſachte das
Mistrauen, und ſchon in den aͤlteſten Zeiten auch die,
mit der Untreue eines Weibes auf den Mann zuruͤkkfal-
lende Schande (b), daß man zur Huͤtung, ſo vieler rei-
zenden Schoͤnheiten, Halbmaͤnner gebrauchte, von denen
man fuͤr eine unerlaubte Liebe nichts zu fuͤrchten haͤtte.
Eben ſo alt, und vielleicht noch aͤlter iſt, nach mei-
ner Meinung auch das Verſchneiden der maͤnnlichen
Thiere, wodurch die erſten Menſchen bei einigen wilden
Thieren die zu groſſe Wildheit zu entkraͤften, bei andern
aber die Annehmlichkeit des Geſchmakkes zu vermehren
geſucht.
Es geſchieht dieſes Verſchneiden durch das Ausreiſ-
ſen, oder wenigſtens durch das Quetſchen der Hoden (c),
und durch die Schwaͤchung derjenigen Gefaͤſſe (c*), wel-
che zu den Hoden hingehen.
Und dennoch lieſet man hin und wieder, daß wenn
gleich die Hoden zerſtoͤret, oder doch unnuͤzze geworden,
der Menſch doch ſowohl verliebte Reize (c†) als die Thiere
empfin-
(b)
Jm Buche HIOB, das aͤl-
teſte, weil es des goͤttlichen Geſez-
zes nicht erwaͤhnt.
(c) WEPFER. l. c. KOLBE Re-
lat. du Cap. I. p. 295. ROYLE
util. phil. exper. p. 296.
(c*) Man zwingt an den Laͤm-
mern die Saamengefaͤſſe zu zer-
reiſſen GALLO agricult. p. 239.
verdrehen ſie am Hengſt SERRES.
p. 367. und Laͤmmern Idem p. 384.
zerreiſſen die Saamengefaͤſſe mit
den Zaͤhnen ELLIS. april. p. 50. 51.
STUTGARD. Auszuͤge pag. 125.
Ehedem PALLADIUS, die ſoge-
nannte nervi eremaſteres wuͤrden
mit Zangen zerquetſcht.
(c†) Die Verſchnittne ſteifen
die Ruthe PLAZZON. p. 52. Ver-
ſchnittne, die die Ruthe behalten,
haben noch Begierden HALLE
Thiere p. 90. Journ. med. ann.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 793. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/829>, abgerufen am 22.11.2024.
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