Wir müssen dieses aber mit einiger Sorgfalt betrach- ten, indem nicht immer eine Milch der andern ähnlich ist. So verändert sich in einerley Thiere die Milch nach der Eigenschaft der Weyde bald so, bald anders. Wie sehr ist nicht die wäßrige und blaue Milch der nordischen Kühe von der Milch des dürren Spaniens(w), so we- niger Wadikke hat, und von der butterreichen Milch unserer Alpenkühe unterschieden. So geben die Kühe auf der Jnsel Sarnia eine Menge Ram, der die Hälfte von der Milch ausmacht. Da er von andern Kühen kaum den zwölften Theil, jedoch im Maymonathe und Junius mehr beträgt (x). Doch man hat auch in der ersten Milch von vier Pfunden anderthalb Unzen Milch- ram, und in der übrigen Milch von eben so viel Pfun- den vier Unzen erhalten (y).
Es findet sich bei den Weibern und andern weibli- chen Thieren nach der Geburt zu allererst eine wäßrige Milch (z), welche ganz dünne ist, und einer Wadikke nahe kömmt(a); ihr Ram ist weniger fett, und in klei- nerer Menge (b), und auch weniger Butter: sie enthält dagegen mehr Wasser (c), und lässet auch weniger Flokken fallen (d). An sich ist sie schärfer, und dünstet einen urinösen Geruch von sich, wenn man Laugensalz darun- ter mischt (e). Man könnte sagen, daß sie eine Art von Salmiak enthielte, und sie verursacht daher auch ein Er- brechen (g).
Hierauf wird die Muttermilch allmählich immer dik- ker, und um desto kräftiger, je mehr Zeit nach der Ge- burt verflossen ist, indem überhaupt Kinder, die vor kur-
zem
(w)[Spaltenumbruch]CARDAN. subtil. in L. VIII. p. 261.
(x)YOUNG. p. 11. 12.
(y)p. 14.
(z) Eine schwammige Dichtig- keit der Milch PALLAD. nov. a partu colostra fiunt. PLIN. L. XI. p. 637.
(a)[Spaltenumbruch]HARVEY gener. p. 199.
(b)DOLDE p. 11. de colostr.
(c)p. 13.
(d)p. 11. 12. salzige Milch BIK- KER. p. 23.
(e)p. 12. 13.
(g)HARVEY p. 204. MAURI- CEAU p. 256.
Weibliche Theile. XXVIII. Buch.
Wir muͤſſen dieſes aber mit einiger Sorgfalt betrach- ten, indem nicht immer eine Milch der andern aͤhnlich iſt. So veraͤndert ſich in einerley Thiere die Milch nach der Eigenſchaft der Weyde bald ſo, bald anders. Wie ſehr iſt nicht die waͤßrige und blaue Milch der nordiſchen Kuͤhe von der Milch des duͤrren Spaniens(w), ſo we- niger Wadikke hat, und von der butterreichen Milch unſerer Alpenkuͤhe unterſchieden. So geben die Kuͤhe auf der Jnſel Sarnia eine Menge Ram, der die Haͤlfte von der Milch ausmacht. Da er von andern Kuͤhen kaum den zwoͤlften Theil, jedoch im Maymonathe und Junius mehr betraͤgt (x). Doch man hat auch in der erſten Milch von vier Pfunden anderthalb Unzen Milch- ram, und in der uͤbrigen Milch von eben ſo viel Pfun- den vier Unzen erhalten (y).
Es findet ſich bei den Weibern und andern weibli- chen Thieren nach der Geburt zu allererſt eine waͤßrige Milch (z), welche ganz duͤnne iſt, und einer Wadikke nahe koͤmmt(a); ihr Ram iſt weniger fett, und in klei- nerer Menge (b), und auch weniger Butter: ſie enthaͤlt dagegen mehr Waſſer (c), und laͤſſet auch weniger Flokken fallen (d). An ſich iſt ſie ſchaͤrfer, und duͤnſtet einen urinoͤſen Geruch von ſich, wenn man Laugenſalz darun- ter miſcht (e). Man koͤnnte ſagen, daß ſie eine Art von Salmiak enthielte, und ſie verurſacht daher auch ein Er- brechen (g).
Hierauf wird die Muttermilch allmaͤhlich immer dik- ker, und um deſto kraͤftiger, je mehr Zeit nach der Ge- burt verfloſſen iſt, indem uͤberhaupt Kinder, die vor kur-
zem
(w)[Spaltenumbruch]CARDAN. ſubtil. in L. VIII. p. 261.
(x)YOUNG. p. 11. 12.
(y)p. 14.
(z) Eine ſchwammige Dichtig- keit der Milch PALLAD. nov. a partu coloſtra fiunt. PLIN. L. XI. p. 637.
(a)[Spaltenumbruch]HARVEY gener. p. 199.
(b)DOLDE p. 11. de coloſtr.
(c)p. 13.
(d)p. 11. 12. ſalzige Milch BIK- KER. p. 23.
(e)p. 12. 13.
(g)HARVEY p. 204. MAURI- CEAU p. 256.
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iſt. So veraͤndert ſich in einerley Thiere die Milch nach
der Eigenſchaft der Weyde bald ſo, bald anders. Wie
ſehr iſt nicht die waͤßrige und blaue Milch der nordiſchen
Kuͤhe von der Milch des duͤrren Spaniens (w), ſo we-
niger Wadikke hat, und von der butterreichen Milch
unſerer Alpenkuͤhe unterſchieden. So geben die Kuͤhe
auf der Jnſel Sarnia eine Menge Ram, der die Haͤlfte
von der Milch ausmacht. Da er von andern Kuͤhen
kaum den zwoͤlften Theil, jedoch im Maymonathe und
Junius mehr betraͤgt (x). Doch man hat auch in der
erſten Milch von vier Pfunden anderthalb Unzen Milch-
ram, und in der uͤbrigen Milch von eben ſo viel Pfun-
den vier Unzen erhalten (y).
Es findet ſich bei den Weibern und andern weibli-
chen Thieren nach der Geburt zu allererſt eine waͤßrige
Milch (z), welche ganz duͤnne iſt, und einer Wadikke
nahe koͤmmt (a); ihr Ram iſt weniger fett, und in klei-
nerer Menge (b), und auch weniger Butter: ſie enthaͤlt
dagegen mehr Waſſer (c), und laͤſſet auch weniger Flokken
fallen (d). An ſich iſt ſie ſchaͤrfer, und duͤnſtet einen
urinoͤſen Geruch von ſich, wenn man Laugenſalz darun-
ter miſcht (e). Man koͤnnte ſagen, daß ſie eine Art von
Salmiak enthielte, und ſie verurſacht daher auch ein Er-
brechen (g).
Hierauf wird die Muttermilch allmaͤhlich immer dik-
ker, und um deſto kraͤftiger, je mehr Zeit nach der Ge-
burt verfloſſen iſt, indem uͤberhaupt Kinder, die vor kur-
zem
(w)
CARDAN. ſubtil. in L.
VIII. p. 261.
(x) YOUNG. p. 11. 12.
(y) p. 14.
(z) Eine ſchwammige Dichtig-
keit der Milch PALLAD. nov. a
partu coloſtra fiunt. PLIN. L. XI.
p. 637.
(a)
HARVEY gener. p. 199.
(b) DOLDE p. 11. de coloſtr.
(c) p. 13.
(d) p. 11. 12. ſalzige Milch BIK-
KER. p. 23.
(e) p. 12. 13.
(g) HARVEY p. 204. MAURI-
CEAU p. 256.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 900. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/936>, abgerufen am 22.11.2024.
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