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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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II. Abs. Anfänge des Thieres.
erzeugen sich, nach diesem Schriftsteller, aus der cellulösen
Materie des Rückgrades die Gliegmassen. Und so wä-
ren auch an einem erwachsenen Menschen, die aller-
kleinsten Gefässe (x) die Sinus des Gehirns, und alle
Schlagadern der Gehirnhäute, und alle Gänge, ohne
besondre Membranen zu haben.

Nun habe ich zwar von diesen Sachen viele mit
Augen gesehen, und gewis, es hat das Ansehen, daß
das Herz aus einer gerinnenden Flüßigkeit, so wie das
ganze Thier bestehe.

Allein darum hat doch der anfängliche Leim, der
sich zu einem Thiere ausbildet, ob er gleich eine Bauan-
lage und kleine Theile nicht zu haben scheint, diese den-
noch gleich anfänglich. Jch habe öfters diesen Gallert
blos durch Weingeist zum Stehen gebracht, so daß nun-
mehr dasjenige, was weiter nichts, als ein Gallert zu
seyn schien, zu Gefässen und Eingeweiden wurde. Jch
will damit nicht sagen, daß die wesentliche Kraft in dem
Alkohol eine unförmliche Materie in einen organischen
Bau gebracht habe; sondern es hörte einzig und allein
die Durchsichtigkeit auf, die Enden wurden ein wenig
steifer oder fester, und daher die Grenze eines Einge-
weides besser abgezeichnet, folglich kam der Bau des
nächsten cellulösen Gewebes zum Vorschein, den die
Durchsichtigkeit bisher eingehüllet hatte, und das weiche
Wesen nicht in Linien einzufassen verstattete.

Jch bin gewis, daß dasjenige, was dieser berühm-
te Mann Gänge nennt, wirkliche Gefässe sind. So
ist an dem kernigen Brei der Eierdotterhaut (y) die
Figur der Blutader noch unentwikkelt, ob sie sich gleich
allmählich, wenn die Falten sich besser entwikkeln, in
eine entfaltete Membran verwandelt, woran nunmehro
die Wände der Gefässe offenbar zu sehen sind.

Daß
(x) p. 111.
(y) Form. du poulet. II. p. 173. 177.
N 4

II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres.
erzeugen ſich, nach dieſem Schriftſteller, aus der celluloͤſen
Materie des Ruͤckgrades die Gliegmaſſen. Und ſo waͤ-
ren auch an einem erwachſenen Menſchen, die aller-
kleinſten Gefaͤſſe (x) die Sinus des Gehirns, und alle
Schlagadern der Gehirnhaͤute, und alle Gaͤnge, ohne
beſondre Membranen zu haben.

Nun habe ich zwar von dieſen Sachen viele mit
Augen geſehen, und gewis, es hat das Anſehen, daß
das Herz aus einer gerinnenden Fluͤßigkeit, ſo wie das
ganze Thier beſtehe.

Allein darum hat doch der anfaͤngliche Leim, der
ſich zu einem Thiere ausbildet, ob er gleich eine Bauan-
lage und kleine Theile nicht zu haben ſcheint, dieſe den-
noch gleich anfaͤnglich. Jch habe oͤfters dieſen Gallert
blos durch Weingeiſt zum Stehen gebracht, ſo daß nun-
mehr dasjenige, was weiter nichts, als ein Gallert zu
ſeyn ſchien, zu Gefaͤſſen und Eingeweiden wurde. Jch
will damit nicht ſagen, daß die weſentliche Kraft in dem
Alkohol eine unfoͤrmliche Materie in einen organiſchen
Bau gebracht habe; ſondern es hoͤrte einzig und allein
die Durchſichtigkeit auf, die Enden wurden ein wenig
ſteifer oder feſter, und daher die Grenze eines Einge-
weides beſſer abgezeichnet, folglich kam der Bau des
naͤchſten celluloͤſen Gewebes zum Vorſchein, den die
Durchſichtigkeit bisher eingehuͤllet hatte, und das weiche
Weſen nicht in Linien einzufaſſen verſtattete.

Jch bin gewis, daß dasjenige, was dieſer beruͤhm-
te Mann Gaͤnge nennt, wirkliche Gefaͤſſe ſind. So
iſt an dem kernigen Brei der Eierdotterhaut (y) die
Figur der Blutader noch unentwikkelt, ob ſie ſich gleich
allmaͤhlich, wenn die Falten ſich beſſer entwikkeln, in
eine entfaltete Membran verwandelt, woran nunmehro
die Waͤnde der Gefaͤſſe offenbar zu ſehen ſind.

Daß
(x) p. 111.
(y) Form. du poulet. II. p. 173. 177.
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[199/0251] II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres. erzeugen ſich, nach dieſem Schriftſteller, aus der celluloͤſen Materie des Ruͤckgrades die Gliegmaſſen. Und ſo waͤ- ren auch an einem erwachſenen Menſchen, die aller- kleinſten Gefaͤſſe (x) die Sinus des Gehirns, und alle Schlagadern der Gehirnhaͤute, und alle Gaͤnge, ohne beſondre Membranen zu haben. Nun habe ich zwar von dieſen Sachen viele mit Augen geſehen, und gewis, es hat das Anſehen, daß das Herz aus einer gerinnenden Fluͤßigkeit, ſo wie das ganze Thier beſtehe. Allein darum hat doch der anfaͤngliche Leim, der ſich zu einem Thiere ausbildet, ob er gleich eine Bauan- lage und kleine Theile nicht zu haben ſcheint, dieſe den- noch gleich anfaͤnglich. Jch habe oͤfters dieſen Gallert blos durch Weingeiſt zum Stehen gebracht, ſo daß nun- mehr dasjenige, was weiter nichts, als ein Gallert zu ſeyn ſchien, zu Gefaͤſſen und Eingeweiden wurde. Jch will damit nicht ſagen, daß die weſentliche Kraft in dem Alkohol eine unfoͤrmliche Materie in einen organiſchen Bau gebracht habe; ſondern es hoͤrte einzig und allein die Durchſichtigkeit auf, die Enden wurden ein wenig ſteifer oder feſter, und daher die Grenze eines Einge- weides beſſer abgezeichnet, folglich kam der Bau des naͤchſten celluloͤſen Gewebes zum Vorſchein, den die Durchſichtigkeit bisher eingehuͤllet hatte, und das weiche Weſen nicht in Linien einzufaſſen verſtattete. Jch bin gewis, daß dasjenige, was dieſer beruͤhm- te Mann Gaͤnge nennt, wirkliche Gefaͤſſe ſind. So iſt an dem kernigen Brei der Eierdotterhaut (y) die Figur der Blutader noch unentwikkelt, ob ſie ſich gleich allmaͤhlich, wenn die Falten ſich beſſer entwikkeln, in eine entfaltete Membran verwandelt, woran nunmehro die Waͤnde der Gefaͤſſe offenbar zu ſehen ſind. Daß (x) p. 111. (y) Form. du poulet. II. p. 173. 177. N 4

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/251>, abgerufen am 23.11.2024.