Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Frucht. XXIX. B.
cher gleichsam käsig (p) oder auch ein flüßiges Wesen
sei (q). So gar denn ist also noch der Bau organisch,
wenn alles weich und flüßig einem vorkömmt, welcher
die Sache nur so obenhin ansieht (r). Man hat ein
anderes, und vollkommen ähnliches Beispiel davon an
der Puppe der Ameisen; denn dieses ist bereits eine
wirkl che Ameise, ob ihr Körper gleich nur noch aus
Milch und Flüßigkeit besteht. Doch es zeigen sich auch
die Theile eines Sommervogels, wenn derselbe noch
Raupe ist, in einem weichen Zustande (s).

So lese ich, daß sich die Uferaasfliege ebenfalls
durch eine schnelle Zeitigung aus ihrer Nimphe heraus-
zieht (t); und daß die Flügel bereits in dem Wurme (u),
in der Raupe (x), in der Puppe (y) (z) nur blos noch,
wie ein Fächer gefaltet (a), nebst den Füssen vorhanden
sind (b).

Man hat dieses nicht blos an den Jnsekten so ge-
funden. Jch habe durch zusammenhängende Erfah-
rungen mit Augen gesehen, daß erst ein Hühnchen dem
blossen Auge, als eine Art von Wurm, mit einem un-
geheuren Bruche vorkömmt, welcher aus dem Gedärme
getreten (c), ohne irgend eine Spur von Schnabel,
oder Gliedern, von Eingeweiden oder vom Herzen fin-
den zu können.

Daß
(p) [Spaltenumbruch] REAUMUR T. VI. Mem.
dernier in musca aranea BONNET
corps organises II. p 181. LY-
ONNET Physical belustig.
(q) BONNET corps. organises
II. p.
188
(r) IV. p. 256.
(s) Bloedel II. p 47. 87. Es
leugnet zwar der berühmte WOLF
daß einerlei Körper was flüßiges
und doch oraanisches seyn könne.
Deutsch. p 133. Doch es stekkt
der Streit im Worte flüßig, denn
dieses läßt Wolf, nicht in des
GRAVEZADE Bedeutung gelten.
Wir nennen das flüßig, welches
[Spaltenumbruch] im gemeinen Siune Theilchen be-
sizzt, so sich leicht trennen, und
leicht wieder in die vorige Masse
bringen lassen.
(t) REAUMUR T. VI. Unter
den blassen Augen der Puppe stek-
ken die netten Augen der Wasser-
jungfer VI. p. 407.
(u) Bloedel dietti p. 9.
(x) T. 13. f. 4. II. p. 45.
(y) T. 13.
(z) T. 8.
(a) p. 14. t. 8. 13. II. p. 45.
(b) p. 26.
(c) Form du poulet. II. p. 182.

Die Frucht. XXIX. B.
cher gleichſam kaͤſig (p) oder auch ein fluͤßiges Weſen
ſei (q). So gar denn iſt alſo noch der Bau organiſch,
wenn alles weich und fluͤßig einem vorkoͤmmt, welcher
die Sache nur ſo obenhin anſieht (r). Man hat ein
anderes, und vollkommen aͤhnliches Beiſpiel davon an
der Puppe der Ameiſen; denn dieſes iſt bereits eine
wirkl che Ameiſe, ob ihr Koͤrper gleich nur noch aus
Milch und Fluͤßigkeit beſteht. Doch es zeigen ſich auch
die Theile eines Sommervogels, wenn derſelbe noch
Raupe iſt, in einem weichen Zuſtande (s).

So leſe ich, daß ſich die Uferaasfliege ebenfalls
durch eine ſchnelle Zeitigung aus ihrer Nimphe heraus-
zieht (t); und daß die Fluͤgel bereits in dem Wurme (u),
in der Raupe (x), in der Puppe (y) (z) nur blos noch,
wie ein Faͤcher gefaltet (a), nebſt den Fuͤſſen vorhanden
ſind (b).

Man hat dieſes nicht blos an den Jnſekten ſo ge-
funden. Jch habe durch zuſammenhaͤngende Erfah-
rungen mit Augen geſehen, daß erſt ein Huͤhnchen dem
bloſſen Auge, als eine Art von Wurm, mit einem un-
geheuren Bruche vorkoͤmmt, welcher aus dem Gedaͤrme
getreten (c), ohne irgend eine Spur von Schnabel,
oder Gliedern, von Eingeweiden oder vom Herzen fin-
den zu koͤnnen.

Daß
(p) [Spaltenumbruch] REAUMUR T. VI. Mem.
dernier in muſca aranea BONNET
corps organiſés II. p 181. LY-
ONNET Phyſical beluſtig.
(q) BONNET corps. organiſes
II. p.
188
(r) IV. p. 256.
(s) Blœdel II. p 47. 87. Es
leugnet zwar der beruͤhmte WOLF
daß einerlei Koͤrper was fluͤßiges
und doch oraaniſches ſeyn koͤnne.
Deutſch. p 133. Doch es ſtekkt
der Streit im Worte fluͤßig, denn
dieſes laͤßt Wolf, nicht in des
GRAVEZADE Bedeutung gelten.
Wir nennen das fluͤßig, welches
[Spaltenumbruch] im gemeinen Siune Theilchen be-
ſizzt, ſo ſich leicht trennen, und
leicht wieder in die vorige Maſſe
bringen laſſen.
(t) REAUMUR T. VI. Unter
den blaſſen Augen der Puppe ſtek-
ken die netten Augen der Waſſer-
jungfer VI. p. 407.
(u) Blœdel dietti p. 9.
(x) T. 13. f. 4. II. p. 45.
(y) T. 13.
(z) T. 8.
(a) p. 14. t. 8. 13. II. p. 45.
(b) p. 26.
(c) Form du poulet. II. p. 182.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0300" n="248"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Frucht. <hi rendition="#aq">XXIX.</hi> B.</hi></fw><lb/>
cher gleich&#x017F;am ka&#x0364;&#x017F;ig <note place="foot" n="(p)"><cb/><hi rendition="#aq">REAUMUR T. VI. Mem.<lb/>
dernier in mu&#x017F;ca aranea BONNET<lb/>
corps organi&#x017F;és II. p 181. LY-<lb/>
ONNET Phy&#x017F;ical belu&#x017F;tig.</hi></note> oder auch ein flu&#x0364;ßiges We&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ei <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#aq">BONNET corps. organi&#x017F;es<lb/>
II. p.</hi> 188</note>. So gar denn i&#x017F;t al&#x017F;o noch der Bau organi&#x017F;ch,<lb/>
wenn alles weich und flu&#x0364;ßig einem vorko&#x0364;mmt, welcher<lb/>
die Sache nur &#x017F;o obenhin an&#x017F;ieht <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq">IV. p.</hi> 256.</note>. Man hat ein<lb/>
anderes, und vollkommen a&#x0364;hnliches Bei&#x017F;piel davon an<lb/>
der Puppe der Amei&#x017F;en; denn die&#x017F;es i&#x017F;t bereits eine<lb/>
wirkl che Amei&#x017F;e, ob ihr Ko&#x0364;rper gleich nur noch aus<lb/>
Milch und Flu&#x0364;ßigkeit be&#x017F;teht. Doch es zeigen &#x017F;ich auch<lb/>
die Theile eines Sommervogels, wenn der&#x017F;elbe noch<lb/>
Raupe i&#x017F;t, in einem weichen Zu&#x017F;tande <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">Bl&#x0153;del II. p</hi> 47. 87. Es<lb/>
leugnet zwar der beru&#x0364;hmte <hi rendition="#aq">WOLF</hi><lb/>
daß einerlei Ko&#x0364;rper was flu&#x0364;ßiges<lb/>
und doch oraani&#x017F;ches &#x017F;eyn ko&#x0364;nne.<lb/>
Deut&#x017F;ch. <hi rendition="#aq">p</hi> 133. Doch es &#x017F;tekkt<lb/>
der Streit im Worte flu&#x0364;ßig, denn<lb/>
die&#x017F;es la&#x0364;ßt <hi rendition="#fr">Wolf,</hi> nicht in des<lb/><hi rendition="#aq">GRAVEZADE</hi> Bedeutung gelten.<lb/>
Wir nennen das flu&#x0364;ßig, welches<lb/><cb/>
im gemeinen Siune Theilchen be-<lb/>
&#x017F;izzt, &#x017F;o &#x017F;ich leicht trennen, und<lb/>
leicht wieder in die vorige Ma&#x017F;&#x017F;e<lb/>
bringen la&#x017F;&#x017F;en.</note>.</p><lb/>
              <p>So le&#x017F;e ich, daß &#x017F;ich die Uferaasfliege ebenfalls<lb/>
durch eine &#x017F;chnelle Zeitigung aus ihrer Nimphe heraus-<lb/>
zieht <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq">REAUMUR T. VI.</hi> Unter<lb/>
den bla&#x017F;&#x017F;en Augen der Puppe &#x017F;tek-<lb/>
ken die netten Augen der Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
jungfer <hi rendition="#aq">VI. p.</hi> 407.</note>; und daß die Flu&#x0364;gel bereits in dem Wurme <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">Bl&#x0153;del dietti p.</hi> 9.</note>,<lb/>
in der Raupe <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#aq">T. 13. f. 4. II. p.</hi> 45.</note>, in der Puppe <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">T.</hi> 13.</note> <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq">T.</hi> 8.</note> nur blos noch,<lb/>
wie ein Fa&#x0364;cher gefaltet <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">p. 14. t. 8. 13. II. p.</hi> 45.</note>, neb&#x017F;t den Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en vorhanden<lb/>
&#x017F;ind <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 26.</note>.</p><lb/>
              <p>Man hat die&#x017F;es nicht blos an den Jn&#x017F;ekten &#x017F;o ge-<lb/>
funden. Jch habe durch zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngende Erfah-<lb/>
rungen mit Augen ge&#x017F;ehen, daß er&#x017F;t ein Hu&#x0364;hnchen dem<lb/>
blo&#x017F;&#x017F;en Auge, als eine Art von Wurm, mit einem un-<lb/>
geheuren Bruche vorko&#x0364;mmt, welcher aus dem Geda&#x0364;rme<lb/>
getreten <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Form du poulet. II. p.</hi> 182.</note>, ohne irgend eine Spur von Schnabel,<lb/>
oder Gliedern, von Eingeweiden oder vom Herzen fin-<lb/>
den zu ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0300] Die Frucht. XXIX. B. cher gleichſam kaͤſig (p) oder auch ein fluͤßiges Weſen ſei (q). So gar denn iſt alſo noch der Bau organiſch, wenn alles weich und fluͤßig einem vorkoͤmmt, welcher die Sache nur ſo obenhin anſieht (r). Man hat ein anderes, und vollkommen aͤhnliches Beiſpiel davon an der Puppe der Ameiſen; denn dieſes iſt bereits eine wirkl che Ameiſe, ob ihr Koͤrper gleich nur noch aus Milch und Fluͤßigkeit beſteht. Doch es zeigen ſich auch die Theile eines Sommervogels, wenn derſelbe noch Raupe iſt, in einem weichen Zuſtande (s). So leſe ich, daß ſich die Uferaasfliege ebenfalls durch eine ſchnelle Zeitigung aus ihrer Nimphe heraus- zieht (t); und daß die Fluͤgel bereits in dem Wurme (u), in der Raupe (x), in der Puppe (y) (z) nur blos noch, wie ein Faͤcher gefaltet (a), nebſt den Fuͤſſen vorhanden ſind (b). Man hat dieſes nicht blos an den Jnſekten ſo ge- funden. Jch habe durch zuſammenhaͤngende Erfah- rungen mit Augen geſehen, daß erſt ein Huͤhnchen dem bloſſen Auge, als eine Art von Wurm, mit einem un- geheuren Bruche vorkoͤmmt, welcher aus dem Gedaͤrme getreten (c), ohne irgend eine Spur von Schnabel, oder Gliedern, von Eingeweiden oder vom Herzen fin- den zu koͤnnen. Daß (p) REAUMUR T. VI. Mem. dernier in muſca aranea BONNET corps organiſés II. p 181. LY- ONNET Phyſical beluſtig. (q) BONNET corps. organiſes II. p. 188 (r) IV. p. 256. (s) Blœdel II. p 47. 87. Es leugnet zwar der beruͤhmte WOLF daß einerlei Koͤrper was fluͤßiges und doch oraaniſches ſeyn koͤnne. Deutſch. p 133. Doch es ſtekkt der Streit im Worte fluͤßig, denn dieſes laͤßt Wolf, nicht in des GRAVEZADE Bedeutung gelten. Wir nennen das fluͤßig, welches im gemeinen Siune Theilchen be- ſizzt, ſo ſich leicht trennen, und leicht wieder in die vorige Maſſe bringen laſſen. (t) REAUMUR T. VI. Unter den blaſſen Augen der Puppe ſtek- ken die netten Augen der Waſſer- jungfer VI. p. 407. (u) Blœdel dietti p. 9. (x) T. 13. f. 4. II. p. 45. (y) T. 13. (z) T. 8. (a) p. 14. t. 8. 13. II. p. 45. (b) p. 26. (c) Form du poulet. II. p. 182.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/300
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/300>, abgerufen am 23.11.2024.