Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abs. Anfänge des Thieres.
nicht weil es grösser gewachsen, sondern weil die weichen
Theile eine Festigkeit bekommen.

Wenn daher das Gehirn, wenn das muskulöse
Fleisch flüßig war, so muß man darum nicht sagen, daß
es nicht organisch und ordentlich gebaut gewesen (m).

§. 28.
Folglich giebt es keine Erzeugung aus sich selbst
(epigenesis).

Folglich ist kein Theil an einem thierischen Körper
vor dem andern da, sondern es existiren alle auf einmal.
Wenn einige den Rükkgrad, das Gehirn (a) oder den
Rükken, oder auch das Herz (b) für den ersten Anfang
eines neuen Thieres halten, wenn Galen behauptet,
daß sich die Leber zu allererst bildet; wenn andere den
Bauch mit dem Kopfe, das Rükkenmark (c) und das
Gehirn zu den ersten Theilen machen, und die Bedin-
gung dabei seyn lassen, daß die übrige Theile daraus
entstehen, so glaube ich, diese berühmte Männer wollen
damit nichts anders sagen, als daß das Herz und Ge-
hirn zu einer solchen Zeit mit Augen gesehen werden kön-
nen, da die übrige Glieder noch im Verborgenen stek-
ken: so wie sich einige körperliche Theile in den ersten
Tagen der Frucht dergestalt entwikkeln, daß man sie
zu sehen bekömmt; andere später, jedoch vor der Ge-
burt, andere erst nach der Geburt, als die Haare des
männlichen Bartes, die Geweihe an dem Stirnknochen
des Hirsches, die Milchgänge der Brüste, die zweeten
Zähne (d) zum Vorschein kommen.

Wenn
(m) [Spaltenumbruch] Conf. p. 145.
(a) Das Gehirn Le CAMUS
p.
16. der Kopf zuerst. ALCMAE-
ON apud PLUTARCHUM Placit.
philos L. V.
(b) Die Aerzte apud PLU-
TARCHUM.
(c) [Spaltenumbruch] BURGGRAV Aer. aq. loc.
Francosurt p.
173. der Bauch mit
dem Kopfe apud CERSORINUM
de die natali c.
6. aus dem Gehirn
leitet alles her J. M. HUBE Ham-
burg. Magaz. T. XXIV.
(d) BOURGGRAV. l. c. p. 158.

II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres.
nicht weil es groͤſſer gewachſen, ſondern weil die weichen
Theile eine Feſtigkeit bekommen.

Wenn daher das Gehirn, wenn das muskuloͤſe
Fleiſch fluͤßig war, ſo muß man darum nicht ſagen, daß
es nicht organiſch und ordentlich gebaut geweſen (m).

§. 28.
Folglich giebt es keine Erzeugung aus ſich ſelbſt
(epigeneſis).

Folglich iſt kein Theil an einem thieriſchen Koͤrper
vor dem andern da, ſondern es exiſtiren alle auf einmal.
Wenn einige den Ruͤkkgrad, das Gehirn (a) oder den
Ruͤkken, oder auch das Herz (b) fuͤr den erſten Anfang
eines neuen Thieres halten, wenn Galen behauptet,
daß ſich die Leber zu allererſt bildet; wenn andere den
Bauch mit dem Kopfe, das Ruͤkkenmark (c) und das
Gehirn zu den erſten Theilen machen, und die Bedin-
gung dabei ſeyn laſſen, daß die uͤbrige Theile daraus
entſtehen, ſo glaube ich, dieſe beruͤhmte Maͤnner wollen
damit nichts anders ſagen, als daß das Herz und Ge-
hirn zu einer ſolchen Zeit mit Augen geſehen werden koͤn-
nen, da die uͤbrige Glieder noch im Verborgenen ſtek-
ken: ſo wie ſich einige koͤrperliche Theile in den erſten
Tagen der Frucht dergeſtalt entwikkeln, daß man ſie
zu ſehen bekoͤmmt; andere ſpaͤter, jedoch vor der Ge-
burt, andere erſt nach der Geburt, als die Haare des
maͤnnlichen Bartes, die Geweihe an dem Stirnknochen
des Hirſches, die Milchgaͤnge der Bruͤſte, die zweeten
Zaͤhne (d) zum Vorſchein kommen.

Wenn
(m) [Spaltenumbruch] Conf. p. 145.
(a) Das Gehirn Le CAMUS
p.
16. der Kopf zuerſt. ALCMAE-
ON apud PLUTARCHUM Placit.
philos L. V.
(b) Die Aerzte apud PLU-
TARCHUM.
(c) [Spaltenumbruch] BURGGRAV Aer. aq. loc.
Francoſurt p.
173. der Bauch mit
dem Kopfe apud CERSORINUM
de die natali c.
6. aus dem Gehirn
leitet alles her J. M. HUBE Ham-
burg. Magaz. T. XXIV.
(d) BOURGGRAV. l. c. p. 158.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0305" n="253"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Ab&#x017F;. Anfa&#x0364;nge des Thieres.</hi></fw><lb/>
nicht weil es gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er gewach&#x017F;en, &#x017F;ondern weil die weichen<lb/>
Theile eine Fe&#x017F;tigkeit bekommen.</p><lb/>
              <p>Wenn daher das Gehirn, wenn das muskulo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
Flei&#x017F;ch flu&#x0364;ßig war, &#x017F;o muß man darum nicht &#x017F;agen, daß<lb/>
es nicht organi&#x017F;ch und ordentlich gebaut gewe&#x017F;en <note place="foot" n="(m)"><cb/><hi rendition="#aq">Conf. p.</hi> 145.</note>.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 28.<lb/><hi rendition="#b">Folglich giebt es keine Erzeugung aus &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t</hi><lb/>
(<hi rendition="#aq">epigene&#x017F;is</hi>).</head><lb/>
              <p>Folglich i&#x017F;t kein Theil an einem thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;rper<lb/>
vor dem andern da, &#x017F;ondern es exi&#x017F;tiren alle auf einmal.<lb/>
Wenn einige den Ru&#x0364;kkgrad, das Gehirn <note place="foot" n="(a)">Das Gehirn <hi rendition="#aq">Le CAMUS<lb/>
p.</hi> 16. der Kopf zuer&#x017F;t. <hi rendition="#aq">ALCMAE-<lb/>
ON apud PLUTARCHUM Placit.<lb/>
philos L. V.</hi></note> oder den<lb/>
Ru&#x0364;kken, oder auch das Herz <note place="foot" n="(b)">Die Aerzte <hi rendition="#aq">apud PLU-<lb/>
TARCHUM.</hi></note> fu&#x0364;r den er&#x017F;ten Anfang<lb/>
eines neuen Thieres halten, wenn <hi rendition="#fr">Galen</hi> behauptet,<lb/>
daß &#x017F;ich die Leber zu allerer&#x017F;t bildet; wenn andere den<lb/>
Bauch mit dem Kopfe, das Ru&#x0364;kkenmark <note place="foot" n="(c)"><cb/><hi rendition="#aq">BURGGRAV Aer. aq. loc.<lb/>
Franco&#x017F;urt p.</hi> 173. der Bauch mit<lb/>
dem Kopfe <hi rendition="#aq">apud CERSORINUM<lb/>
de die natali c.</hi> 6. aus dem Gehirn<lb/>
leitet alles her <hi rendition="#aq">J. M. HUBE Ham-<lb/>
burg. Magaz. T. XXIV.</hi></note> und das<lb/>
Gehirn zu den er&#x017F;ten Theilen machen, und die Bedin-<lb/>
gung dabei &#x017F;eyn la&#x017F;&#x017F;en, daß die u&#x0364;brige Theile daraus<lb/>
ent&#x017F;tehen, &#x017F;o glaube ich, die&#x017F;e beru&#x0364;hmte Ma&#x0364;nner wollen<lb/>
damit nichts anders &#x017F;agen, als daß das Herz und Ge-<lb/>
hirn zu einer &#x017F;olchen Zeit mit Augen ge&#x017F;ehen werden ko&#x0364;n-<lb/>
nen, da die u&#x0364;brige Glieder noch im Verborgenen &#x017F;tek-<lb/>
ken: &#x017F;o wie &#x017F;ich einige ko&#x0364;rperliche Theile in den er&#x017F;ten<lb/>
Tagen der Frucht derge&#x017F;talt entwikkeln, daß man &#x017F;ie<lb/>
zu &#x017F;ehen beko&#x0364;mmt; andere &#x017F;pa&#x0364;ter, jedoch vor der Ge-<lb/>
burt, andere er&#x017F;t nach der Geburt, als die Haare des<lb/>
ma&#x0364;nnlichen Bartes, die Geweihe an dem Stirnknochen<lb/>
des Hir&#x017F;ches, die Milchga&#x0364;nge der Bru&#x0364;&#x017F;te, die zweeten<lb/>
Za&#x0364;hne <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">BOURGGRAV. l. c. p.</hi> 158.</note> zum Vor&#x017F;chein kommen.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0305] II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres. nicht weil es groͤſſer gewachſen, ſondern weil die weichen Theile eine Feſtigkeit bekommen. Wenn daher das Gehirn, wenn das muskuloͤſe Fleiſch fluͤßig war, ſo muß man darum nicht ſagen, daß es nicht organiſch und ordentlich gebaut geweſen (m). §. 28. Folglich giebt es keine Erzeugung aus ſich ſelbſt (epigeneſis). Folglich iſt kein Theil an einem thieriſchen Koͤrper vor dem andern da, ſondern es exiſtiren alle auf einmal. Wenn einige den Ruͤkkgrad, das Gehirn (a) oder den Ruͤkken, oder auch das Herz (b) fuͤr den erſten Anfang eines neuen Thieres halten, wenn Galen behauptet, daß ſich die Leber zu allererſt bildet; wenn andere den Bauch mit dem Kopfe, das Ruͤkkenmark (c) und das Gehirn zu den erſten Theilen machen, und die Bedin- gung dabei ſeyn laſſen, daß die uͤbrige Theile daraus entſtehen, ſo glaube ich, dieſe beruͤhmte Maͤnner wollen damit nichts anders ſagen, als daß das Herz und Ge- hirn zu einer ſolchen Zeit mit Augen geſehen werden koͤn- nen, da die uͤbrige Glieder noch im Verborgenen ſtek- ken: ſo wie ſich einige koͤrperliche Theile in den erſten Tagen der Frucht dergeſtalt entwikkeln, daß man ſie zu ſehen bekoͤmmt; andere ſpaͤter, jedoch vor der Ge- burt, andere erſt nach der Geburt, als die Haare des maͤnnlichen Bartes, die Geweihe an dem Stirnknochen des Hirſches, die Milchgaͤnge der Bruͤſte, die zweeten Zaͤhne (d) zum Vorſchein kommen. Wenn (m) Conf. p. 145. (a) Das Gehirn Le CAMUS p. 16. der Kopf zuerſt. ALCMAE- ON apud PLUTARCHUM Placit. philos L. V. (b) Die Aerzte apud PLU- TARCHUM. (c) BURGGRAV Aer. aq. loc. Francoſurt p. 173. der Bauch mit dem Kopfe apud CERSORINUM de die natali c. 6. aus dem Gehirn leitet alles her J. M. HUBE Ham- burg. Magaz. T. XXIV. (d) BOURGGRAV. l. c. p. 158.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/305
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/305>, abgerufen am 22.11.2024.