So fallen den Hirschen jährlich um eine gewisse Zeit die Geweibe ab (c), nicht weil ihre Gefässe von der Kälte vere[n]gert werden, und ersterben (d), denn es werfen auch die Hirsche unter heissen Himmelsstrichen ihre Geweihe ab (e).
Man wird sich weniger wundern, ob die Sache gleich ebenfalls künstlich ist, daß alle Vögel, wenn ich nicht irre, jährlich zu ihrer Zeit die Federn verlieren, und mit ihren vorigen Farben wieder ersezzen (f), wo- fern man ihnen nicht durch die Kunst zu Hülfe kömmt, indem man ihnen gemeiniglich, anstatt der ausgerissenen bunten Federn (g), weisse wieder giebt, so wie die Jn- dianer, die Einwohner von Guyana, alle verlangte Farben an den Federn der Papagaien hervorzubringen wissen, welche nach dem Ausreissen der alten wieder wachsen (h).
Doch es hat auch die Natur nicht einmal dem Men- schen, oder denen mit selbigen verwanten Thieren das völlige Vermögen, sich wieder zu ergänzen, versagt. Ein jeder weis, daß sie oft einen grossen Abgang an Haut, und so gar mit dem Gefühle (i) wieder ersezzt, es mag die Haut nun von dem heissen Brande (k) oder
durch
(c)[Spaltenumbruch]
Daß die Gefässe, so von Blute schwellen, einen Ring ma- chen, welcher den gar zu festen Knochen losstöst. Mem. de Savans etrang. IV.
(d)STAHL de corn. cerv. de- cit. NEUMAN p. 12. 42.
(e)REAUMUR Memoire pour servir. a l'histoire des Insectes T. V. m. 2.
(f)WILLOUGHBY Ornithol. p. 4.
(g)SMITH ancient. and mo- derm. State of Waterfordshire p. 343.
(h) Sie nennen es tapiren. RE- AUNUR art. de faire eclore T. II. [Spaltenumbruch]
p. 242. die Farben am Kanarien- vogel (le panache) ändern sich. HERVIEUX p. 308.
(i) Da ein Stükk des Fingers verroren worden, gieng der Sinn des Gefühls verloren, kam aber nach etlichen Jahren vollkommen wieder. PERRAULT du toucher p. 88. so nach einiger Zeit HOF- MAN de sphacelo a causa in- terna.
(k) Der Hodensakk. FRANCO de hern p. 40. 41. GLANDORP specul. polyplus. obs. 38. 39. PA- NAROL. PENTECOST I. obs. 25. SCULTET obs. 28. TIMAEUS L. VI. obs. 332. BARTHOLINUS hist.
69.
Die Frucht. XXIX. B.
So fallen den Hirſchen jaͤhrlich um eine gewiſſe Zeit die Geweibe ab (c), nicht weil ihre Gefaͤſſe von der Kaͤlte vere[n]gert werden, und erſterben (d), denn es werfen auch die Hirſche unter heiſſen Himmelsſtrichen ihre Geweihe ab (e).
Man wird ſich weniger wundern, ob die Sache gleich ebenfalls kuͤnſtlich iſt, daß alle Voͤgel, wenn ich nicht irre, jaͤhrlich zu ihrer Zeit die Federn verlieren, und mit ihren vorigen Farben wieder erſezzen (f), wo- fern man ihnen nicht durch die Kunſt zu Huͤlfe koͤmmt, indem man ihnen gemeiniglich, anſtatt der ausgeriſſenen bunten Federn (g), weiſſe wieder giebt, ſo wie die Jn- dianer, die Einwohner von Guyana, alle verlangte Farben an den Federn der Papagaien hervorzubringen wiſſen, welche nach dem Ausreiſſen der alten wieder wachſen (h).
Doch es hat auch die Natur nicht einmal dem Men- ſchen, oder denen mit ſelbigen verwanten Thieren das voͤllige Vermoͤgen, ſich wieder zu ergaͤnzen, verſagt. Ein jeder weis, daß ſie oft einen groſſen Abgang an Haut, und ſo gar mit dem Gefuͤhle (i) wieder erſezzt, es mag die Haut nun von dem heiſſen Brande (k) oder
durch
(c)[Spaltenumbruch]
Daß die Gefaͤſſe, ſo von Blute ſchwellen, einen Ring ma- chen, welcher den gar zu feſten Knochen losſtoͤſt. Mem. de Savans étrang. IV.
(d)STAHL de corn. cerv. de- cit. NEUMAN p. 12. 42.
(e)REAUMUR Mémoire pour ſervir. à l’hiſtoire des Inſectes T. V. m. 2.
(f)WILLOUGHBY Ornithol. p. 4.
(g)SMITH ancient. and mo- derm. State of Waterfordshire p. 343.
(h) Sie nennen es tapiren. RE- AUNUR art. de faire éclore T. II. [Spaltenumbruch]
p. 242. die Farben am Kanarien- vogel (le panaché) aͤndern ſich. HERVIEUX p. 308.
(i) Da ein Stuͤkk des Fingers verroren worden, gieng der Sinn des Gefuͤhls verloren, kam aber nach etlichen Jahren vollkommen wieder. PERRAULT du toucher p. 88. ſo nach einiger Zeit HOF- MAN de ſphacelo a cauſa in- terna.
(k) Der Hodenſakk. FRANCO de hern p. 40. 41. GLANDORP ſpecul. polypluſ. obſ. 38. 39. PA- NAROL. PENTECOST I. obſ. 25. SCULTET obſ. 28. TIMAEUS L. VI. obſ. 332. BARTHOLINUS hiſt.
69.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0328"n="276"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die Frucht. <hirendition="#aq">XXIX.</hi> B.</hi></fw><lb/><p>So fallen den Hirſchen jaͤhrlich um eine gewiſſe Zeit<lb/>
die Geweibe ab <noteplace="foot"n="(c)"><cb/>
Daß die Gefaͤſſe, ſo von<lb/>
Blute ſchwellen, einen Ring ma-<lb/>
chen, welcher den gar zu feſten<lb/>
Knochen losſtoͤſt. <hirendition="#aq">Mem. de Savans<lb/>
étrang. IV.</hi></note>, nicht weil ihre Gefaͤſſe von der<lb/>
Kaͤlte vere<supplied>n</supplied>gert werden, und erſterben <noteplace="foot"n="(d)"><hirendition="#aq">STAHL de corn. cerv. de-<lb/>
cit. NEUMAN p.</hi> 12. 42.</note>, denn es<lb/>
werfen auch die Hirſche unter heiſſen Himmelsſtrichen<lb/>
ihre Geweihe ab <noteplace="foot"n="(e)"><hirendition="#aq">REAUMUR Mémoire pour<lb/>ſervir. à l’hiſtoire des Inſectes T.<lb/>
V. m.</hi> 2.</note>.</p><lb/><p>Man wird ſich weniger wundern, ob die Sache<lb/>
gleich ebenfalls kuͤnſtlich iſt, daß alle Voͤgel, wenn ich<lb/>
nicht irre, jaͤhrlich zu ihrer Zeit die Federn verlieren,<lb/>
und mit ihren vorigen Farben wieder erſezzen <noteplace="foot"n="(f)"><hirendition="#aq">WILLOUGHBY Ornithol.<lb/>
p.</hi> 4.</note>, wo-<lb/>
fern man ihnen nicht durch die Kunſt zu Huͤlfe koͤmmt,<lb/>
indem man ihnen gemeiniglich, anſtatt der ausgeriſſenen<lb/>
bunten Federn <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq">SMITH ancient. and mo-<lb/>
derm. State of Waterfordshire<lb/>
p.</hi> 343.</note>, weiſſe wieder giebt, ſo wie die Jn-<lb/>
dianer, die Einwohner von Guyana, alle verlangte<lb/>
Farben an den Federn der Papagaien hervorzubringen<lb/>
wiſſen, welche nach dem Ausreiſſen der alten wieder<lb/>
wachſen <noteplace="foot"n="(h)">Sie nennen es tapiren. <hirendition="#aq">RE-<lb/>
AUNUR art. de faire éclore T. II.<lb/><cb/>
p.</hi> 242. die Farben am Kanarien-<lb/>
vogel (<hirendition="#aq">le panaché</hi>) aͤndern ſich.<lb/><hirendition="#aq">HERVIEUX p.</hi> 308.</note>.</p><lb/><p>Doch es hat auch die Natur nicht einmal dem Men-<lb/>ſchen, oder denen mit ſelbigen verwanten Thieren das<lb/>
voͤllige Vermoͤgen, ſich wieder zu ergaͤnzen, verſagt.<lb/>
Ein jeder weis, daß ſie oft einen groſſen Abgang an<lb/>
Haut, und ſo gar mit dem Gefuͤhle <noteplace="foot"n="(i)">Da ein Stuͤkk des Fingers<lb/>
verroren worden, gieng der Sinn<lb/>
des Gefuͤhls verloren, kam aber<lb/>
nach etlichen Jahren vollkommen<lb/>
wieder. <hirendition="#aq">PERRAULT du toucher<lb/>
p.</hi> 88. ſo nach einiger Zeit <hirendition="#aq">HOF-<lb/>
MAN de ſphacelo a cauſa in-<lb/>
terna.</hi></note> wieder erſezzt,<lb/>
es mag die Haut nun von dem heiſſen Brande <notexml:id="a25"next="#a26"place="foot"n="(k)">Der Hodenſakk. <hirendition="#aq">FRANCO<lb/>
de hern p. 40. 41. GLANDORP<lb/>ſpecul. polypluſ. obſ. 38. 39. PA-<lb/>
NAROL. PENTECOST I. obſ. 25.<lb/>
SCULTET obſ. 28. TIMAEUS L.<lb/>
VI. obſ. 332. BARTHOLINUS hiſt.</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">69.</fw></note> oder<lb/><fwplace="bottom"type="catch">durch</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[276/0328]
Die Frucht. XXIX. B.
So fallen den Hirſchen jaͤhrlich um eine gewiſſe Zeit
die Geweibe ab (c), nicht weil ihre Gefaͤſſe von der
Kaͤlte verengert werden, und erſterben (d), denn es
werfen auch die Hirſche unter heiſſen Himmelsſtrichen
ihre Geweihe ab (e).
Man wird ſich weniger wundern, ob die Sache
gleich ebenfalls kuͤnſtlich iſt, daß alle Voͤgel, wenn ich
nicht irre, jaͤhrlich zu ihrer Zeit die Federn verlieren,
und mit ihren vorigen Farben wieder erſezzen (f), wo-
fern man ihnen nicht durch die Kunſt zu Huͤlfe koͤmmt,
indem man ihnen gemeiniglich, anſtatt der ausgeriſſenen
bunten Federn (g), weiſſe wieder giebt, ſo wie die Jn-
dianer, die Einwohner von Guyana, alle verlangte
Farben an den Federn der Papagaien hervorzubringen
wiſſen, welche nach dem Ausreiſſen der alten wieder
wachſen (h).
Doch es hat auch die Natur nicht einmal dem Men-
ſchen, oder denen mit ſelbigen verwanten Thieren das
voͤllige Vermoͤgen, ſich wieder zu ergaͤnzen, verſagt.
Ein jeder weis, daß ſie oft einen groſſen Abgang an
Haut, und ſo gar mit dem Gefuͤhle (i) wieder erſezzt,
es mag die Haut nun von dem heiſſen Brande (k) oder
durch
(c)
Daß die Gefaͤſſe, ſo von
Blute ſchwellen, einen Ring ma-
chen, welcher den gar zu feſten
Knochen losſtoͤſt. Mem. de Savans
étrang. IV.
(d) STAHL de corn. cerv. de-
cit. NEUMAN p. 12. 42.
(e) REAUMUR Mémoire pour
ſervir. à l’hiſtoire des Inſectes T.
V. m. 2.
(f) WILLOUGHBY Ornithol.
p. 4.
(g) SMITH ancient. and mo-
derm. State of Waterfordshire
p. 343.
(h) Sie nennen es tapiren. RE-
AUNUR art. de faire éclore T. II.
p. 242. die Farben am Kanarien-
vogel (le panaché) aͤndern ſich.
HERVIEUX p. 308.
(i) Da ein Stuͤkk des Fingers
verroren worden, gieng der Sinn
des Gefuͤhls verloren, kam aber
nach etlichen Jahren vollkommen
wieder. PERRAULT du toucher
p. 88. ſo nach einiger Zeit HOF-
MAN de ſphacelo a cauſa in-
terna.
(k) Der Hodenſakk. FRANCO
de hern p. 40. 41. GLANDORP
ſpecul. polypluſ. obſ. 38. 39. PA-
NAROL. PENTECOST I. obſ. 25.
SCULTET obſ. 28. TIMAEUS L.
VI. obſ. 332. BARTHOLINUS hiſt.
69.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/328>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.