schaffenheit hätten, entgegen sezzen. Alle Grundstoffe der Körper sind feste, jedoch ungemein klein, und sie kom- men den Atomen ganz nahe; wofern man die Freiheit hat sich phisische Atomen zu gedenken (a). Daß solche aber mit ihres gleichen zusammenhängen, oder gegen- theils von denselben getrennt sind, dieses rühret von frem- den und oft sehr geringen Ursachen her (b).
Ueberläßt man sie sich selbst, so glaubt man, daß sie sich alle einander anziehen, so daß zu einem völligen und recht festen Zusammenhange weiter nichts erforderlich zu seyn scheint, als ein ganz nahes Berühren der Grundstoffe, welche nun keine andere Materie mehr von einander trennet.
Es ist also die gröste Ursache von einer Flüßigkeit vorhanden, wenn die zwischen den Grundstoffen einge- schlossene Materie, vollkommen flüßig, und vollkommen beweglich ist, so daß sie die festen Stoffe nicht in Ruhe bleiben läßt, und ihnen folglich nicht die Erlaubnis ver- stattet, sich einander anzuziehen.
Folglich ist das Feuer die Ursache von dem flüßi- gen Wesen, und wenn es sich von dem Körperchen trennt, so überläßt es Dinge, die noch so flüßig waren, so gleich ihrer Neigung sich einander anzuziehen.
So wurde das Quecksilber selbst, vermittelst einer heftigen Kälte zu Petersburg (c), welcher man noch durch die Kunst zu verfeinern wuste, zu einem steifen Metalle. Oft verwandeln kleine Grade der Wärme (d) flüßige Körper in feste Körper (e).
Einige
(a)[Spaltenumbruch]
Flüßige Sachen unterschei- den sich blos vom Pulver durch ihre Theile, die über alle Sinne zart sind. MUSCHENBROECK essais de phys. 362.
(b) Wie leicht sich das Flüßige ins Feste verwandele. P. v. MUS- SCHENBROECK l. c. n. 695.
(c)[Spaltenumbruch]
Jn des ber. BRAUNI Bü- chelchen de vi frigoris &c.
(d) Vom Anisöle BOYLE hist. fluid. firmitatis.
(e)HILL. mat. medec. p. 515.
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
ſchaffenheit haͤtten, entgegen ſezzen. Alle Grundſtoffe der Koͤrper ſind feſte, jedoch ungemein klein, und ſie kom- men den Atomen ganz nahe; wofern man die Freiheit hat ſich phiſiſche Atomen zu gedenken (a). Daß ſolche aber mit ihres gleichen zuſammenhaͤngen, oder gegen- theils von denſelben getrennt ſind, dieſes ruͤhret von frem- den und oft ſehr geringen Urſachen her (b).
Ueberlaͤßt man ſie ſich ſelbſt, ſo glaubt man, daß ſie ſich alle einander anziehen, ſo daß zu einem voͤlligen und recht feſten Zuſammenhange weiter nichts erforderlich zu ſeyn ſcheint, als ein ganz nahes Beruͤhren der Grundſtoffe, welche nun keine andere Materie mehr von einander trennet.
Es iſt alſo die groͤſte Urſache von einer Fluͤßigkeit vorhanden, wenn die zwiſchen den Grundſtoffen einge- ſchloſſene Materie, vollkommen fluͤßig, und vollkommen beweglich iſt, ſo daß ſie die feſten Stoffe nicht in Ruhe bleiben laͤßt, und ihnen folglich nicht die Erlaubnis ver- ſtattet, ſich einander anzuziehen.
Folglich iſt das Feuer die Urſache von dem fluͤßi- gen Weſen, und wenn es ſich von dem Koͤrperchen trennt, ſo uͤberlaͤßt es Dinge, die noch ſo fluͤßig waren, ſo gleich ihrer Neigung ſich einander anzuziehen.
So wurde das Queckſilber ſelbſt, vermittelſt einer heftigen Kaͤlte zu Petersburg (c), welcher man noch durch die Kunſt zu verfeinern wuſte, zu einem ſteifen Metalle. Oft verwandeln kleine Grade der Waͤrme (d) fluͤßige Koͤrper in feſte Koͤrper (e).
Einige
(a)[Spaltenumbruch]
Fluͤßige Sachen unterſchei- den ſich blos vom Pulver durch ihre Theile, die uͤber alle Sinne zart ſind. MUSCHENBROECK eſſais de phyſ. 362.
(b) Wie leicht ſich das Fluͤßige ins Feſte verwandele. P. v. MUS- SCHENBROECK l. c. n. 695.
(c)[Spaltenumbruch]
Jn des ber. BRAUNI Buͤ- chelchen de vi frigoris &c.
(d) Vom Anisoͤle BOYLE hiſt. fluid. firmitatis.
(e)HILL. mat. medec. p. 515.
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[441[443]/0495]
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
ſchaffenheit haͤtten, entgegen ſezzen. Alle Grundſtoffe
der Koͤrper ſind feſte, jedoch ungemein klein, und ſie kom-
men den Atomen ganz nahe; wofern man die Freiheit
hat ſich phiſiſche Atomen zu gedenken (a). Daß ſolche
aber mit ihres gleichen zuſammenhaͤngen, oder gegen-
theils von denſelben getrennt ſind, dieſes ruͤhret von frem-
den und oft ſehr geringen Urſachen her (b).
Ueberlaͤßt man ſie ſich ſelbſt, ſo glaubt man, daß ſie ſich
alle einander anziehen, ſo daß zu einem voͤlligen und recht
feſten Zuſammenhange weiter nichts erforderlich zu ſeyn
ſcheint, als ein ganz nahes Beruͤhren der Grundſtoffe,
welche nun keine andere Materie mehr von einander
trennet.
Es iſt alſo die groͤſte Urſache von einer Fluͤßigkeit
vorhanden, wenn die zwiſchen den Grundſtoffen einge-
ſchloſſene Materie, vollkommen fluͤßig, und vollkommen
beweglich iſt, ſo daß ſie die feſten Stoffe nicht in Ruhe
bleiben laͤßt, und ihnen folglich nicht die Erlaubnis ver-
ſtattet, ſich einander anzuziehen.
Folglich iſt das Feuer die Urſache von dem fluͤßi-
gen Weſen, und wenn es ſich von dem Koͤrperchen trennt,
ſo uͤberlaͤßt es Dinge, die noch ſo fluͤßig waren, ſo gleich
ihrer Neigung ſich einander anzuziehen.
So wurde das Queckſilber ſelbſt, vermittelſt einer
heftigen Kaͤlte zu Petersburg (c), welcher man noch
durch die Kunſt zu verfeinern wuſte, zu einem ſteifen
Metalle. Oft verwandeln kleine Grade der Waͤrme (d)
fluͤßige Koͤrper in feſte Koͤrper (e).
Einige
(a)
Fluͤßige Sachen unterſchei-
den ſich blos vom Pulver durch
ihre Theile, die uͤber alle Sinne
zart ſind. MUSCHENBROECK
eſſais de phyſ. 362.
(b) Wie leicht ſich das Fluͤßige
ins Feſte verwandele. P. v. MUS-
SCHENBROECK l. c. n. 695.
(c)
Jn des ber. BRAUNI Buͤ-
chelchen de vi frigoris &c.
(d) Vom Anisoͤle BOYLE hiſt.
fluid. firmitatis.
(e) HILL. mat. medec. p. 515.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 441[443]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/495>, abgerufen am 22.11.2024.
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