Früchte nicht anders als mit Mühe, und nicht so viel bekommen, als man wünscht; und es ist keine leichte Sache, ihr wahres Alter zu wissen; und endlich hat man nicht Gelegenheit, dieses Alter mit einem bebrüte- ten Eye in Vergleichung zu sezzen. Es ist also ein Hühn- chen von dreien Tagen vierzig Hunderttheile eines Zol- les (a), oder ein fünf und vierzigster Theil von dem künftigen Thiere, wenn man die Länge einer Henne für acht Zolle annimmt. Es würde aber die menschliche Frucht, welche etwa dem fünf und vierzigsten Theile ei- nes erwachsenen Menschen gleich kömmt, hundert und sechzig Hunderttheile eines Zolles betragen, und grösser, als anderthalb Zoll, folglich für unsere Absicht viel zu gros seyn, welches ein offenbarer Beweis ist, daß der dritte Tag eines Hühnchens mit dem vierzigsten Tage des Menschen überein kömmt, so daß ein und zwanzig Tage des Hühnchens, drei hundert und fünf Tage für den Menschen betragen.
Um also bei dem Hühnchen stehen zu bleiben, so lie- gen nach drei überlebten Tagen an einem Hünchen alle Knochen noch unter der Gestalt eines Gallerts (b), so wohl die langen als die breiten, verborgen, einige sind be- reits vollkommner als die andern, und gemeiniglich kann man die Wirbelbeine am deutlichsten sehen (c).
Eben diese Frucht hat bereits alle ihre Gefässe, wie- wohl das blosse Auge die allerwenigsten derselben sieht (d). Jndessen siehet die Vernunft leicht ein, daß das Hühn- chen auch in eben dieser Zeit schon ernährt, und aus ei- nem Tröpfgen Saamen gewachsen seyn muß (e), und
daß
(a)[Spaltenumbruch]Ibid. p. 47.
(b)Form. des os p. 50. Jn den neuern Versuchen vom Jahr 1763. habe ich die Hüfte bei der besten Brütung gesehen in der 125 Stunde, wie auch die Schienröhre und Spindel, jedoch unvollkomme- ner.
(c)[Spaltenumbruch]
Siehe die Kupfer MAL- PIGHII. den ersten Monat am Kinde weisse Anfänge der Wirbel- beine BOEHMER osteol. p. 201.
(d) Denn es ist weis in der 61 Stunde l. p. 88. & 75. 113.
(e) Von fast gar keiner Länge zu den 40 Hunderttheilen Zoll.
Die Frucht. XXIX. B.
Fruͤchte nicht anders als mit Muͤhe, und nicht ſo viel bekommen, als man wuͤnſcht; und es iſt keine leichte Sache, ihr wahres Alter zu wiſſen; und endlich hat man nicht Gelegenheit, dieſes Alter mit einem bebruͤte- ten Eye in Vergleichung zu ſezzen. Es iſt alſo ein Huͤhn- chen von dreien Tagen vierzig Hunderttheile eines Zol- les (a), oder ein fuͤnf und vierzigſter Theil von dem kuͤnftigen Thiere, wenn man die Laͤnge einer Henne fuͤr acht Zolle annimmt. Es wuͤrde aber die menſchliche Frucht, welche etwa dem fuͤnf und vierzigſten Theile ei- nes erwachſenen Menſchen gleich koͤmmt, hundert und ſechzig Hunderttheile eines Zolles betragen, und groͤſſer, als anderthalb Zoll, folglich fuͤr unſere Abſicht viel zu gros ſeyn, welches ein offenbarer Beweis iſt, daß der dritte Tag eines Huͤhnchens mit dem vierzigſten Tage des Menſchen uͤberein koͤmmt, ſo daß ein und zwanzig Tage des Huͤhnchens, drei hundert und fuͤnf Tage fuͤr den Menſchen betragen.
Um alſo bei dem Huͤhnchen ſtehen zu bleiben, ſo lie- gen nach drei uͤberlebten Tagen an einem Huͤnchen alle Knochen noch unter der Geſtalt eines Gallerts (b), ſo wohl die langen als die breiten, verborgen, einige ſind be- reits vollkommner als die andern, und gemeiniglich kann man die Wirbelbeine am deutlichſten ſehen (c).
Eben dieſe Frucht hat bereits alle ihre Gefaͤſſe, wie- wohl das bloſſe Auge die allerwenigſten derſelben ſieht (d). Jndeſſen ſiehet die Vernunft leicht ein, daß das Huͤhn- chen auch in eben dieſer Zeit ſchon ernaͤhrt, und aus ei- nem Troͤpfgen Saamen gewachſen ſeyn muß (e), und
daß
(a)[Spaltenumbruch]Ibid. p. 47.
(b)Form. des os p. 50. Jn den neuern Verſuchen vom Jahr 1763. habe ich die Huͤfte bei der beſten Bruͤtung geſehen in der 125 Stunde, wie auch die Schienroͤhre und Spindel, jedoch unvollkomme- ner.
(c)[Spaltenumbruch]
Siehe die Kupfer MAL- PIGHII. den erſten Monat am Kinde weiſſe Anfaͤnge der Wirbel- beine BOEHMER oſteol. p. 201.
(d) Denn es iſt weis in der 61 Stunde l. p. 88. & 75. 113.
(e) Von faſt gar keiner Laͤnge zu den 40 Hunderttheilen Zoll.
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[462[464]/0516]
Die Frucht. XXIX. B.
Fruͤchte nicht anders als mit Muͤhe, und nicht ſo viel
bekommen, als man wuͤnſcht; und es iſt keine leichte
Sache, ihr wahres Alter zu wiſſen; und endlich hat
man nicht Gelegenheit, dieſes Alter mit einem bebruͤte-
ten Eye in Vergleichung zu ſezzen. Es iſt alſo ein Huͤhn-
chen von dreien Tagen vierzig Hunderttheile eines Zol-
les (a), oder ein fuͤnf und vierzigſter Theil von dem
kuͤnftigen Thiere, wenn man die Laͤnge einer Henne fuͤr
acht Zolle annimmt. Es wuͤrde aber die menſchliche
Frucht, welche etwa dem fuͤnf und vierzigſten Theile ei-
nes erwachſenen Menſchen gleich koͤmmt, hundert und
ſechzig Hunderttheile eines Zolles betragen, und groͤſſer,
als anderthalb Zoll, folglich fuͤr unſere Abſicht viel zu
gros ſeyn, welches ein offenbarer Beweis iſt, daß der
dritte Tag eines Huͤhnchens mit dem vierzigſten Tage
des Menſchen uͤberein koͤmmt, ſo daß ein und zwanzig
Tage des Huͤhnchens, drei hundert und fuͤnf Tage fuͤr
den Menſchen betragen.
Um alſo bei dem Huͤhnchen ſtehen zu bleiben, ſo lie-
gen nach drei uͤberlebten Tagen an einem Huͤnchen alle
Knochen noch unter der Geſtalt eines Gallerts (b), ſo
wohl die langen als die breiten, verborgen, einige ſind be-
reits vollkommner als die andern, und gemeiniglich kann
man die Wirbelbeine am deutlichſten ſehen (c).
Eben dieſe Frucht hat bereits alle ihre Gefaͤſſe, wie-
wohl das bloſſe Auge die allerwenigſten derſelben ſieht (d).
Jndeſſen ſiehet die Vernunft leicht ein, daß das Huͤhn-
chen auch in eben dieſer Zeit ſchon ernaͤhrt, und aus ei-
nem Troͤpfgen Saamen gewachſen ſeyn muß (e), und
daß
(a)
Ibid. p. 47.
(b) Form. des os p. 50. Jn
den neuern Verſuchen vom Jahr
1763. habe ich die Huͤfte bei der
beſten Bruͤtung geſehen in der 125
Stunde, wie auch die Schienroͤhre
und Spindel, jedoch unvollkomme-
ner.
(c)
Siehe die Kupfer MAL-
PIGHII. den erſten Monat am
Kinde weiſſe Anfaͤnge der Wirbel-
beine BOEHMER oſteol. p. 201.
(d) Denn es iſt weis in der 61
Stunde l. p. 88. & 75. 113.
(e) Von faſt gar keiner Laͤnge
zu den 40 Hunderttheilen Zoll.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 462[464]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/516>, abgerufen am 22.11.2024.
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