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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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Die Frucht. XXIX B.

Es wird folglich an der zarten Frucht eines Hühn-
chens etwas weniger als sechsmal so viel Blut aus der
Aorte herausfliessen, und durch den ganzen Körper, und
dessen Anhängsel und Membranen herumlaufen. Und
dieses beträgt wiederum mehr, indem der berühmte Bois-
sier
das Verhältnis einer reifen Frucht zum Herzen an,
da es doch an der noch zarten Frucht viel grösser ist.

Jm Menschen hat die Aorte zwo Wurzeln, und ich
halte davor, daß das übrige alles gleich seyn wird (i).

Diesem füge man noch bei, daß in der Frucht alles
weich ist, daß der Leim sehr leicht der Sprizze nachgiebt, und
es bestehet ja der ganze Körper aus Leim; folglich wird
man Gründe genung haben, warum das Herz der Frucht
den Wiederstand der Schlagadern um ein Grosses über-
wältigt, und es läßt sich dieses Ueberwältigen schon aus
dem Wachsthume an sich erweislich machen.

Dieses Ueberwältigen geschieht auch bei Erwachse-
nen, und es wird vom Herzen das Blut nicht nur nach
der Achse fortbewegt, sondern auch die Schlagader nach
der senkrechten Linie ausgedehnt. Da aber das Zusam-
menziehen der Schlagadern der Ausdehnung gleich ist,
so gleichet es blos demjenigen Theile der Herzenskräfte
(k), welcher die Länge der Schlagader vergrössert.

Jn der Frucht ist das Uebergewicht des Herzens
vielmal grösser; indem ein solches Herz nicht nur mehr
Vermögen hat, sondern auch die Schlagadern schwächer
sind.

§. 12.
Die helfende Kräfte.

Jch schreibe den Kreislauf blos dem Herzen zu;
aber nicht demjenigen Umlauf, welcher die Frucht er-

nährt.
(i) Zwiefach SAUVAGES Embryolog. p. 4. daß mehr übergehe
BRYAN l. c. p. 13.
(k) L. VI. p. 209.
Die Frucht. XXIX B.

Es wird folglich an der zarten Frucht eines Huͤhn-
chens etwas weniger als ſechsmal ſo viel Blut aus der
Aorte herausflieſſen, und durch den ganzen Koͤrper, und
deſſen Anhaͤngſel und Membranen herumlaufen. Und
dieſes betraͤgt wiederum mehr, indem der beruͤhmte Boiſ-
ſier
das Verhaͤltnis einer reifen Frucht zum Herzen an,
da es doch an der noch zarten Frucht viel groͤſſer iſt.

Jm Menſchen hat die Aorte zwo Wurzeln, und ich
halte davor, daß das uͤbrige alles gleich ſeyn wird (i).

Dieſem fuͤge man noch bei, daß in der Frucht alles
weich iſt, daß der Leim ſehr leicht der Sprizze nachgiebt, und
es beſtehet ja der ganze Koͤrper aus Leim; folglich wird
man Gruͤnde genung haben, warum das Herz der Frucht
den Wiederſtand der Schlagadern um ein Groſſes uͤber-
waͤltigt, und es laͤßt ſich dieſes Ueberwaͤltigen ſchon aus
dem Wachsthume an ſich erweislich machen.

Dieſes Ueberwaͤltigen geſchieht auch bei Erwachſe-
nen, und es wird vom Herzen das Blut nicht nur nach
der Achſe fortbewegt, ſondern auch die Schlagader nach
der ſenkrechten Linie ausgedehnt. Da aber das Zuſam-
menziehen der Schlagadern der Ausdehnung gleich iſt,
ſo gleichet es blos demjenigen Theile der Herzenskraͤfte
(k), welcher die Laͤnge der Schlagader vergroͤſſert.

Jn der Frucht iſt das Uebergewicht des Herzens
vielmal groͤſſer; indem ein ſolches Herz nicht nur mehr
Vermoͤgen hat, ſondern auch die Schlagadern ſchwaͤcher
ſind.

§. 12.
Die helfende Kraͤfte.

Jch ſchreibe den Kreislauf blos dem Herzen zu;
aber nicht demjenigen Umlauf, welcher die Frucht er-

naͤhrt.
(i) Zwiefach SAUVAGES Embryolog. p. 4. daß mehr uͤbergehe
BRYAN l. c. p. 13.
(k) L. VI. p. 209.
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[472[474]/0526] Die Frucht. XXIX B. Es wird folglich an der zarten Frucht eines Huͤhn- chens etwas weniger als ſechsmal ſo viel Blut aus der Aorte herausflieſſen, und durch den ganzen Koͤrper, und deſſen Anhaͤngſel und Membranen herumlaufen. Und dieſes betraͤgt wiederum mehr, indem der beruͤhmte Boiſ- ſier das Verhaͤltnis einer reifen Frucht zum Herzen an, da es doch an der noch zarten Frucht viel groͤſſer iſt. Jm Menſchen hat die Aorte zwo Wurzeln, und ich halte davor, daß das uͤbrige alles gleich ſeyn wird (i). Dieſem fuͤge man noch bei, daß in der Frucht alles weich iſt, daß der Leim ſehr leicht der Sprizze nachgiebt, und es beſtehet ja der ganze Koͤrper aus Leim; folglich wird man Gruͤnde genung haben, warum das Herz der Frucht den Wiederſtand der Schlagadern um ein Groſſes uͤber- waͤltigt, und es laͤßt ſich dieſes Ueberwaͤltigen ſchon aus dem Wachsthume an ſich erweislich machen. Dieſes Ueberwaͤltigen geſchieht auch bei Erwachſe- nen, und es wird vom Herzen das Blut nicht nur nach der Achſe fortbewegt, ſondern auch die Schlagader nach der ſenkrechten Linie ausgedehnt. Da aber das Zuſam- menziehen der Schlagadern der Ausdehnung gleich iſt, ſo gleichet es blos demjenigen Theile der Herzenskraͤfte (k), welcher die Laͤnge der Schlagader vergroͤſſert. Jn der Frucht iſt das Uebergewicht des Herzens vielmal groͤſſer; indem ein ſolches Herz nicht nur mehr Vermoͤgen hat, ſondern auch die Schlagadern ſchwaͤcher ſind. §. 12. Die helfende Kraͤfte. Jch ſchreibe den Kreislauf blos dem Herzen zu; aber nicht demjenigen Umlauf, welcher die Frucht er- naͤhrt. (i) Zwiefach SAUVAGES Embryolog. p. 4. daß mehr uͤbergehe BRYAN l. c. p. 13. (k) L. VI. p. 209.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 472[474]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/526>, abgerufen am 22.11.2024.