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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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IV. Abs. Das Leben der Frucht.

Aus diesem allen erhellet, daß das grössere Wachsthum
von einem geringern Widerstande abhängt, und daß erst
alsdenn der untere Theil des Körpers sein Wachsthum
bekomme, wenn der obere fester geworden, und dem vom
Herzen ankommenden Blute einen grössern Widerstand
entgegen stellt.

Rühret endlich nicht das frühzeitige Wachsthum,
und die voreilige Reife des Kopfes von der geraden Länge
der carotidum (m), welche das Blut vom Herzen auf
das hurtigste aufnehmen, her?

§. 17.
Das geschwinde Wachsen der Frucht.

Es ist fast nicht glaublich, wie geschwinde die zarte
Frucht, überhaupt genommen, in der Gebärmutter her-
anwächst. Wir kennen nicht die wahre Grösse des er-
sten Fruchtkeimes in dem Eye; gewis aber ist es, daß
sie sehr geringe seyn müsse, da sie alle Erklärungen der
Vergrösserungsgläser zu Schanden macht. Von die-
ser Kleinigkeit wächst die Frucht innerhalb den neun
Monaten zu einem Gewichte von sechs bis acht Pfun-
den heran.

Um nun diese Betrachtung etwas näher zu beleuch-
ten, so wollen wir uns das Exempel eines bebrüteten
Hühnchens vor Augen stellen, und uns nicht mehr an
die unbekannte Anfänge des Thieres kehren. Es kann
also die Grösse des Hühnchens, wenn man das Ey an-
fänglich der Brütung unterwirft, nicht grösser als vier
Hunderttheile eines Zolles seyn, weil es sonst sichtbar seyn
müste. Eben dieses Hühnchen kriechet innerhalb fünf
und zwanzig Tagen aus dem Eye aus, indem es nun-
mehr vier Zoll lang ist, ein Verhältnis, wie 64 zu
64,000,000. nemlich wie Eins zur Million (a).

Die-
(m) L. VI. p. 181. u. s. w.
(a) Form. du poulet. II. p. 61. verglichen mit der p. 43.
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IV. Abſ. Das Leben der Frucht.

Aus dieſem allen erhellet, daß das groͤſſere Wachsthum
von einem geringern Widerſtande abhaͤngt, und daß erſt
alsdenn der untere Theil des Koͤrpers ſein Wachsthum
bekomme, wenn der obere feſter geworden, und dem vom
Herzen ankommenden Blute einen groͤſſern Widerſtand
entgegen ſtellt.

Ruͤhret endlich nicht das fruͤhzeitige Wachsthum,
und die voreilige Reife des Kopfes von der geraden Laͤnge
der carotidum (m), welche das Blut vom Herzen auf
das hurtigſte aufnehmen, her?

§. 17.
Das geſchwinde Wachſen der Frucht.

Es iſt faſt nicht glaublich, wie geſchwinde die zarte
Frucht, uͤberhaupt genommen, in der Gebaͤrmutter her-
anwaͤchſt. Wir kennen nicht die wahre Groͤſſe des er-
ſten Fruchtkeimes in dem Eye; gewis aber iſt es, daß
ſie ſehr geringe ſeyn muͤſſe, da ſie alle Erklaͤrungen der
Vergroͤſſerungsglaͤſer zu Schanden macht. Von die-
ſer Kleinigkeit waͤchſt die Frucht innerhalb den neun
Monaten zu einem Gewichte von ſechs bis acht Pfun-
den heran.

Um nun dieſe Betrachtung etwas naͤher zu beleuch-
ten, ſo wollen wir uns das Exempel eines bebruͤteten
Huͤhnchens vor Augen ſtellen, und uns nicht mehr an
die unbekannte Anfaͤnge des Thieres kehren. Es kann
alſo die Groͤſſe des Huͤhnchens, wenn man das Ey an-
faͤnglich der Bruͤtung unterwirft, nicht groͤſſer als vier
Hunderttheile eines Zolles ſeyn, weil es ſonſt ſichtbar ſeyn
muͤſte. Eben dieſes Huͤhnchen kriechet innerhalb fuͤnf
und zwanzig Tagen aus dem Eye aus, indem es nun-
mehr vier Zoll lang iſt, ein Verhaͤltnis, wie 64 zu
64,000,000. nemlich wie Eins zur Million (a).

Die-
(m) L. VI. p. 181. u. ſ. w.
(a) Form. du poulet. II. p. 61. verglichen mit der p. 43.
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[487[489]/0541] IV. Abſ. Das Leben der Frucht. Aus dieſem allen erhellet, daß das groͤſſere Wachsthum von einem geringern Widerſtande abhaͤngt, und daß erſt alsdenn der untere Theil des Koͤrpers ſein Wachsthum bekomme, wenn der obere feſter geworden, und dem vom Herzen ankommenden Blute einen groͤſſern Widerſtand entgegen ſtellt. Ruͤhret endlich nicht das fruͤhzeitige Wachsthum, und die voreilige Reife des Kopfes von der geraden Laͤnge der carotidum (m), welche das Blut vom Herzen auf das hurtigſte aufnehmen, her? §. 17. Das geſchwinde Wachſen der Frucht. Es iſt faſt nicht glaublich, wie geſchwinde die zarte Frucht, uͤberhaupt genommen, in der Gebaͤrmutter her- anwaͤchſt. Wir kennen nicht die wahre Groͤſſe des er- ſten Fruchtkeimes in dem Eye; gewis aber iſt es, daß ſie ſehr geringe ſeyn muͤſſe, da ſie alle Erklaͤrungen der Vergroͤſſerungsglaͤſer zu Schanden macht. Von die- ſer Kleinigkeit waͤchſt die Frucht innerhalb den neun Monaten zu einem Gewichte von ſechs bis acht Pfun- den heran. Um nun dieſe Betrachtung etwas naͤher zu beleuch- ten, ſo wollen wir uns das Exempel eines bebruͤteten Huͤhnchens vor Augen ſtellen, und uns nicht mehr an die unbekannte Anfaͤnge des Thieres kehren. Es kann alſo die Groͤſſe des Huͤhnchens, wenn man das Ey an- faͤnglich der Bruͤtung unterwirft, nicht groͤſſer als vier Hunderttheile eines Zolles ſeyn, weil es ſonſt ſichtbar ſeyn muͤſte. Eben dieſes Huͤhnchen kriechet innerhalb fuͤnf und zwanzig Tagen aus dem Eye aus, indem es nun- mehr vier Zoll lang iſt, ein Verhaͤltnis, wie 64 zu 64,000,000. nemlich wie Eins zur Million (a). Die- (m) L. VI. p. 181. u. ſ. w. (a) Form. du poulet. II. p. 61. verglichen mit der p. 43. H h 5

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 487[489]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/541>, abgerufen am 22.11.2024.