gegen die linke Seite bestimmen. Doch ich gestehe es, es thun mir berühmte Männer kein solches Gnügen, wenn sie von demjenigen Unterschiede Rechenschaft zu geben gedenken, da die Lungenschlagader, blos in der Frucht, die Aorte an Grösse übertrift.
Sie nehmen überhaupt an, daß etwa der dritte Theil von dem Blute der Holader durch das eirunde Loch fließt. Sie lehren, daß das übrige Blut dieser Blutader nach der Lungenschlagader abgehe, und daß von diesem Blute wiederum der dritte Theil, durch den Schlagadergang verloren gehe. Nach dieser Berech- nung müste die Lungenschlagader kleiner, als die Aorte seyn (a). Es sey nämlich das Blut der Holader gleich 6; so gehen durch das eirunde Loch zween Theile fort, und es bleiben deren vier übrig. Von diesen vier Thei- len verlaufen sich zwei, Zweidrittheile durch die Schlag- adern der Lunge: folglich bleiben, und strömen durch den Schlagadergang ein, Eindrittheil. Folglich bekömmt die Aorte zween Theile, so durch das eirunde Loch gehen, und zwei, Zweidrittheile, so durch die Lunge umlaufen, und also vier, Zweidrittheile. Es enthält aber die Lungenschlagader dasjenige Blut des rechten Herzohres, welches durch das eirunde Loch nicht durchgegangen, folg- lich vier weniger, als die Aorte, und dieses stimmt mit den Erscheinungen uicht überein. Denn diese geben die Aorte immer, als kleiner an.
Sie geben der compacten Lunge Schuld, und sie würden vielleicht etwas sagen, wofern sich dieses Einge- weide, vermöge einiger Krankheit, in ein festes Wesen verwandelt hätte.
Nun entsteht aber die Lunge spät, und sie ist allezeit compact in der Frucht. Die Natur hätte diesem Ein-
gewei-
(a)[Spaltenumbruch]
Richtig sagt davon MERY Anc. mem. l. c. Mem. de 1699. [Spaltenumbruch]p. 32. de la circulation p. 9. 49.
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
gegen die linke Seite beſtimmen. Doch ich geſtehe es, es thun mir beruͤhmte Maͤnner kein ſolches Gnuͤgen, wenn ſie von demjenigen Unterſchiede Rechenſchaft zu geben gedenken, da die Lungenſchlagader, blos in der Frucht, die Aorte an Groͤſſe uͤbertrift.
Sie nehmen uͤberhaupt an, daß etwa der dritte Theil von dem Blute der Holader durch das eirunde Loch fließt. Sie lehren, daß das uͤbrige Blut dieſer Blutader nach der Lungenſchlagader abgehe, und daß von dieſem Blute wiederum der dritte Theil, durch den Schlagadergang verloren gehe. Nach dieſer Berech- nung muͤſte die Lungenſchlagader kleiner, als die Aorte ſeyn (a). Es ſey naͤmlich das Blut der Holader gleich 6; ſo gehen durch das eirunde Loch zween Theile fort, und es bleiben deren vier uͤbrig. Von dieſen vier Thei- len verlaufen ſich zwei, Zweidrittheile durch die Schlag- adern der Lunge: folglich bleiben, und ſtroͤmen durch den Schlagadergang ein, Eindrittheil. Folglich bekoͤmmt die Aorte zween Theile, ſo durch das eirunde Loch gehen, und zwei, Zweidrittheile, ſo durch die Lunge umlaufen, und alſo vier, Zweidrittheile. Es enthaͤlt aber die Lungenſchlagader dasjenige Blut des rechten Herzohres, welches durch das eirunde Loch nicht durchgegangen, folg- lich vier weniger, als die Aorte, und dieſes ſtimmt mit den Erſcheinungen uicht uͤberein. Denn dieſe geben die Aorte immer, als kleiner an.
Sie geben der compacten Lunge Schuld, und ſie wuͤrden vielleicht etwas ſagen, wofern ſich dieſes Einge- weide, vermoͤge einiger Krankheit, in ein feſtes Weſen verwandelt haͤtte.
Nun entſteht aber die Lunge ſpaͤt, und ſie iſt allezeit compact in der Frucht. Die Natur haͤtte dieſem Ein-
gewei-
(a)[Spaltenumbruch]
Richtig ſagt davon MERY Anc. mem. l. c. Mem. de 1699. [Spaltenumbruch]p. 32. de la circulation p. 9. 49.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0707"n="653[655]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IV.</hi> Abſ. Das Leben der Frucht.</hi></fw><lb/>
gegen die linke Seite beſtimmen. Doch ich geſtehe es,<lb/>
es thun mir beruͤhmte Maͤnner kein ſolches Gnuͤgen,<lb/>
wenn ſie von demjenigen Unterſchiede Rechenſchaft zu<lb/>
geben gedenken, da die Lungenſchlagader, blos in der<lb/>
Frucht, die Aorte an Groͤſſe uͤbertrift.</p><lb/><p>Sie nehmen uͤberhaupt an, daß etwa der dritte<lb/>
Theil von dem Blute der Holader durch das eirunde<lb/>
Loch fließt. Sie lehren, daß das uͤbrige Blut dieſer<lb/>
Blutader nach der Lungenſchlagader abgehe, und daß<lb/>
von dieſem Blute wiederum der dritte Theil, durch den<lb/>
Schlagadergang verloren gehe. Nach dieſer Berech-<lb/>
nung muͤſte die Lungenſchlagader kleiner, als die Aorte<lb/>ſeyn <noteplace="foot"n="(a)"><cb/>
Richtig ſagt davon <hirendition="#aq">MERY<lb/>
Anc. mem. l. c. Mem. de</hi> 1699.<lb/><cb/><hirendition="#aq">p. 32. de la circulation p.</hi> 9. 49.</note>. Es ſey naͤmlich das Blut der Holader gleich<lb/>
6; ſo gehen durch das eirunde Loch zween Theile fort,<lb/>
und es bleiben deren vier uͤbrig. Von dieſen vier Thei-<lb/>
len verlaufen ſich zwei, Zweidrittheile durch die Schlag-<lb/>
adern der Lunge: folglich bleiben, und ſtroͤmen durch<lb/>
den Schlagadergang ein, Eindrittheil. Folglich bekoͤmmt<lb/>
die Aorte zween Theile, ſo durch das eirunde Loch gehen,<lb/>
und zwei, Zweidrittheile, ſo durch die Lunge umlaufen,<lb/>
und alſo vier, Zweidrittheile. Es enthaͤlt aber die<lb/>
Lungenſchlagader dasjenige Blut des rechten Herzohres,<lb/>
welches durch das eirunde Loch nicht durchgegangen, folg-<lb/>
lich vier weniger, als die Aorte, und dieſes ſtimmt mit<lb/>
den Erſcheinungen uicht uͤberein. Denn dieſe geben die<lb/>
Aorte immer, als kleiner an.</p><lb/><p>Sie geben der compacten Lunge Schuld, und ſie<lb/>
wuͤrden vielleicht etwas ſagen, wofern ſich dieſes Einge-<lb/>
weide, vermoͤge einiger Krankheit, in ein feſtes Weſen<lb/>
verwandelt haͤtte.</p><lb/><p>Nun entſteht aber die Lunge ſpaͤt, und ſie iſt allezeit<lb/>
compact in der Frucht. Die Natur haͤtte dieſem Ein-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gewei-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[653[655]/0707]
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
gegen die linke Seite beſtimmen. Doch ich geſtehe es,
es thun mir beruͤhmte Maͤnner kein ſolches Gnuͤgen,
wenn ſie von demjenigen Unterſchiede Rechenſchaft zu
geben gedenken, da die Lungenſchlagader, blos in der
Frucht, die Aorte an Groͤſſe uͤbertrift.
Sie nehmen uͤberhaupt an, daß etwa der dritte
Theil von dem Blute der Holader durch das eirunde
Loch fließt. Sie lehren, daß das uͤbrige Blut dieſer
Blutader nach der Lungenſchlagader abgehe, und daß
von dieſem Blute wiederum der dritte Theil, durch den
Schlagadergang verloren gehe. Nach dieſer Berech-
nung muͤſte die Lungenſchlagader kleiner, als die Aorte
ſeyn (a). Es ſey naͤmlich das Blut der Holader gleich
6; ſo gehen durch das eirunde Loch zween Theile fort,
und es bleiben deren vier uͤbrig. Von dieſen vier Thei-
len verlaufen ſich zwei, Zweidrittheile durch die Schlag-
adern der Lunge: folglich bleiben, und ſtroͤmen durch
den Schlagadergang ein, Eindrittheil. Folglich bekoͤmmt
die Aorte zween Theile, ſo durch das eirunde Loch gehen,
und zwei, Zweidrittheile, ſo durch die Lunge umlaufen,
und alſo vier, Zweidrittheile. Es enthaͤlt aber die
Lungenſchlagader dasjenige Blut des rechten Herzohres,
welches durch das eirunde Loch nicht durchgegangen, folg-
lich vier weniger, als die Aorte, und dieſes ſtimmt mit
den Erſcheinungen uicht uͤberein. Denn dieſe geben die
Aorte immer, als kleiner an.
Sie geben der compacten Lunge Schuld, und ſie
wuͤrden vielleicht etwas ſagen, wofern ſich dieſes Einge-
weide, vermoͤge einiger Krankheit, in ein feſtes Weſen
verwandelt haͤtte.
Nun entſteht aber die Lunge ſpaͤt, und ſie iſt allezeit
compact in der Frucht. Die Natur haͤtte dieſem Ein-
gewei-
(a)
Richtig ſagt davon MERY
Anc. mem. l. c. Mem. de 1699.
p. 32. de la circulation p. 9. 49.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 653[655]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/707>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.