Vergeblich scheint es zu seyn, einer Erscheinung nachzuspüren, welche von allen Seiten betrachtet, un- möglich ist. Es schwimmt nämlich die Frucht bei Men- schen und vierfüßigen Thieren beständig mitten in den Wassern, diese Wasser liegen in dichtgeschlossnen Mem- branen, wodurch die eingeblasene Luft nicht heraus kann. Hingegen verliert die äusserliche Luft, welche in der Mut- terscheide mit feuchten Dämpfen beladen ist (a), viel von ihrem Wesen, um zum Athemholen geschikkt zu bleiben.
Und dennoch ist diese Nothwendigkeit, die Luft in das Blut aufzunehmen, eine Sache, die die Köpfe der Gelehrten so tief durchdrungen, daß sie so gar eine un- ter Wasser untergetauchte Frucht, diesen Vortheil nicht missen lassen wollten (b).
Sie verschanzen so gar ihre Sache mit Beweisen, und es nehmen es berühmte Männer auf sich, zu demon- striren, daß man offenbare Anzeigen von der Luft bei Menschen und Thierfrüchten angeben könne.
Jch übergehe, was sie von den saugenden Früchten (c), und von dem Gleichgewichte sagen, welches hier mit der äussern Luft nothwendig zu unterhalten sei, jedoch ohne ein Athemholen nicht zu hoffen stehe (d).
Man
(a)[Spaltenumbruch]Conf. L. VIII. p. 206. Sie verliert durch die Dämpfe, welche durch die Lunge ausdünsten und weniger stinken, und weniger sinn- lich sind.
(b) Die Alten bei dem PLU- TARCHO placit. Phil. L. V. c. 15. CLAUDIUS de la COURVEE P. III. c. 9. EVERARD. p. 252. CHARLETON p. 165. AMMAN [Spaltenumbruch]
in paraenesi ZELLER de Subsid. pulm. MERY bei dem du HAMEL p. 302. V. der STERRE epist. II. p. 57. mit weniger Lnft MAZIN de respiratione fetus I. Brix. ann. 1737. BOLTEN Comm. Lit. No- ric. ann. 1744. p. 335. BERTIER physique des corps animes p. 224.
(c)MAZINUS diss. 3.
(d)MAZIN p. 17.
T t 4
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
§. 54. Ob die Frucht Athem hole.
Vergeblich ſcheint es zu ſeyn, einer Erſcheinung nachzuſpuͤren, welche von allen Seiten betrachtet, un- moͤglich iſt. Es ſchwimmt naͤmlich die Frucht bei Men- ſchen und vierfuͤßigen Thieren beſtaͤndig mitten in den Waſſern, dieſe Waſſer liegen in dichtgeſchloſſnen Mem- branen, wodurch die eingeblaſene Luft nicht heraus kann. Hingegen verliert die aͤuſſerliche Luft, welche in der Mut- terſcheide mit feuchten Daͤmpfen beladen iſt (a), viel von ihrem Weſen, um zum Athemholen geſchikkt zu bleiben.
Und dennoch iſt dieſe Nothwendigkeit, die Luft in das Blut aufzunehmen, eine Sache, die die Koͤpfe der Gelehrten ſo tief durchdrungen, daß ſie ſo gar eine un- ter Waſſer untergetauchte Frucht, dieſen Vortheil nicht miſſen laſſen wollten (b).
Sie verſchanzen ſo gar ihre Sache mit Beweiſen, und es nehmen es beruͤhmte Maͤnner auf ſich, zu demon- ſtriren, daß man offenbare Anzeigen von der Luft bei Menſchen und Thierfruͤchten angeben koͤnne.
Jch uͤbergehe, was ſie von den ſaugenden Fruͤchten (c), und von dem Gleichgewichte ſagen, welches hier mit der aͤuſſern Luft nothwendig zu unterhalten ſei, jedoch ohne ein Athemholen nicht zu hoffen ſtehe (d).
Man
(a)[Spaltenumbruch]Conf. L. VIII. p. 206. Sie verliert durch die Daͤmpfe, welche durch die Lunge ausduͤnſten und weniger ſtinken, und weniger ſinn- lich ſind.
(b) Die Alten bei dem PLU- TARCHO placit. Phil. L. V. c. 15. CLAUDIUS de la COURVEE P. III. c. 9. EVERARD. p. 252. CHARLETON p. 165. AMMAN [Spaltenumbruch]
in paraeneſi ZELLER de Subſid. pulm. MERY bei dem du HAMEL p. 302. V. der STERRE epiſt. II. p. 57. mit weniger Lnft MAZIN de reſpiratione fetus I. Brix. ann. 1737. BOLTEN Comm. Lit. No- ric. ann. 1744. p. 335. BERTIER phyſique des corps animes p. 224.
(c)MAZINUS diſſ. 3.
(d)MAZIN p. 17.
T t 4
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[661[663]/0715]
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
§. 54.
Ob die Frucht Athem hole.
Vergeblich ſcheint es zu ſeyn, einer Erſcheinung
nachzuſpuͤren, welche von allen Seiten betrachtet, un-
moͤglich iſt. Es ſchwimmt naͤmlich die Frucht bei Men-
ſchen und vierfuͤßigen Thieren beſtaͤndig mitten in den
Waſſern, dieſe Waſſer liegen in dichtgeſchloſſnen Mem-
branen, wodurch die eingeblaſene Luft nicht heraus kann.
Hingegen verliert die aͤuſſerliche Luft, welche in der Mut-
terſcheide mit feuchten Daͤmpfen beladen iſt (a), viel von
ihrem Weſen, um zum Athemholen geſchikkt zu bleiben.
Und dennoch iſt dieſe Nothwendigkeit, die Luft in
das Blut aufzunehmen, eine Sache, die die Koͤpfe der
Gelehrten ſo tief durchdrungen, daß ſie ſo gar eine un-
ter Waſſer untergetauchte Frucht, dieſen Vortheil nicht
miſſen laſſen wollten (b).
Sie verſchanzen ſo gar ihre Sache mit Beweiſen,
und es nehmen es beruͤhmte Maͤnner auf ſich, zu demon-
ſtriren, daß man offenbare Anzeigen von der Luft bei
Menſchen und Thierfruͤchten angeben koͤnne.
Jch uͤbergehe, was ſie von den ſaugenden Fruͤchten
(c), und von dem Gleichgewichte ſagen, welches hier
mit der aͤuſſern Luft nothwendig zu unterhalten ſei, jedoch
ohne ein Athemholen nicht zu hoffen ſtehe (d).
Man
(a)
Conf. L. VIII. p. 206. Sie
verliert durch die Daͤmpfe, welche
durch die Lunge ausduͤnſten und
weniger ſtinken, und weniger ſinn-
lich ſind.
(b) Die Alten bei dem PLU-
TARCHO placit. Phil. L. V. c. 15.
CLAUDIUS de la COURVEE P.
III. c. 9. EVERARD. p. 252.
CHARLETON p. 165. AMMAN
in paraeneſi ZELLER de Subſid.
pulm. MERY bei dem du HAMEL
p. 302. V. der STERRE epiſt. II.
p. 57. mit weniger Lnft MAZIN
de reſpiratione fetus I. Brix. ann.
1737. BOLTEN Comm. Lit. No-
ric. ann. 1744. p. 335. BERTIER
phyſique des corps animes p. 224.
(c) MAZINUS diſſ. 3.
(d) MAZIN p. 17.
T t 4
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 661[663]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/715>, abgerufen am 22.11.2024.
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