Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben u. Tod der Menschen. XXX. B.
schwachen Gefässe die Menge des wiederhergestellten Blu-
tes nicht wohl fassen können. Man weiß, daß sich in-
nerhalb fünf Tagen ein ganzes Pfund Blut wieder er-
gänzt gehabt (e). Doch wir wissen auch, daß nach gros-
sen Verwundungen zwanzig bis vierzig Pfunde Blut
wieder ergänzet worden (f). Da ein Mensch von dem
vierzigtägigen Fasten um sieben Pfunde und drei Unzen
leichter als zuvor geworden war, so erlangte derselbe blos
innerhalb sechs Tagen sein voriges Gewichte wieder (g).
Da ein Mensch in den Versuchen des Dodarts acht
Pfunde und fünf Unzen eingebüßt hatte, so erhielt er in-
nerhalb zehn Tagen vier Pfunde wieder (g*).

Untersucht man nunmehr den Vorrath, woraus
diese neue Säfte hergenommen werden: so ist es eben
derselbe, woher die vorigen Säfte genommen sind, eine
unglaublich kleine Portion ausgenommen, welche er von
der Mutter bekommen (h). Folglich würden die Nah-
rungsmittel ein neues Blut, auf eben die Art reichen,
wie die Erdsäfte dem Zimmet seine aromatische Kräfte,
dem Zukker seine Süßigkeit, und dem Bilsenkraute den
Gift mittheilet.

Wir haben zu den Säften vier Classen angesezzet.
Die wäßrige giebt das Wasser selbst her: die schleumigen
giebt der häufig in denen Pflanzen (i) und Thieren vor-
kommende ähnliche Schleim (i), wiewohl auch schon das
Wasser für sich allein, wenn es einige Zeit stille steht,
schleimig wird: die gallerartige thierischen Säfte (k) reicht
die Lymphe der Fleischspeisen, oder das leimige alkalische
Wesen her, welches in dem Mehle der Pflanzen stekkt:
das Fett entstehet aus dem Mehle (l), wie das Oel der

Emul-
(e) [Spaltenumbruch] Mem. de l'Acad. des Scien-
ces ann. 1707. p.
234. und bei dem
du HAMEL hist. acad. p. 167.
(f) L. V. p. 4. 5.
(g) MARCORELLE Memoir.
presentes a l'Academie des Scien-
ces T. I. p.
192. 194.
(g*) [Spaltenumbruch] Mem. de l'Acad. 1707.
(h) L. XXIX. Sect. II.
(i) Conf. L. V. p. 156.
(i) Conf. L. V. p. 156.
(k) Ibid. L. XIX. p. 192. 193.
(l) L. V. 156.

Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
ſchwachen Gefaͤſſe die Menge des wiederhergeſtellten Blu-
tes nicht wohl faſſen koͤnnen. Man weiß, daß ſich in-
nerhalb fuͤnf Tagen ein ganzes Pfund Blut wieder er-
gaͤnzt gehabt (e). Doch wir wiſſen auch, daß nach groſ-
ſen Verwundungen zwanzig bis vierzig Pfunde Blut
wieder ergaͤnzet worden (f). Da ein Menſch von dem
vierzigtaͤgigen Faſten um ſieben Pfunde und drei Unzen
leichter als zuvor geworden war, ſo erlangte derſelbe blos
innerhalb ſechs Tagen ſein voriges Gewichte wieder (g).
Da ein Menſch in den Verſuchen des Dodarts acht
Pfunde und fuͤnf Unzen eingebuͤßt hatte, ſo erhielt er in-
nerhalb zehn Tagen vier Pfunde wieder (g*).

Unterſucht man nunmehr den Vorrath, woraus
dieſe neue Saͤfte hergenommen werden: ſo iſt es eben
derſelbe, woher die vorigen Saͤfte genommen ſind, eine
unglaublich kleine Portion ausgenommen, welche er von
der Mutter bekommen (h). Folglich wuͤrden die Nah-
rungsmittel ein neues Blut, auf eben die Art reichen,
wie die Erdſaͤfte dem Zimmet ſeine aromatiſche Kraͤfte,
dem Zukker ſeine Suͤßigkeit, und dem Bilſenkraute den
Gift mittheilet.

Wir haben zu den Saͤften vier Claſſen angeſezzet.
Die waͤßrige giebt das Waſſer ſelbſt her: die ſchleumigen
giebt der haͤufig in denen Pflanzen (i) und Thieren vor-
kommende aͤhnliche Schleim (i), wiewohl auch ſchon das
Waſſer fuͤr ſich allein, wenn es einige Zeit ſtille ſteht,
ſchleimig wird: die gallerartige thieriſchen Saͤfte (k) reicht
die Lymphe der Fleiſchſpeiſen, oder das leimige alkaliſche
Weſen her, welches in dem Mehle der Pflanzen ſtekkt:
das Fett entſtehet aus dem Mehle (l), wie das Oel der

Emul-
(e) [Spaltenumbruch] Mem. de l’Acad. des Scien-
ces ann. 1707. p.
234. und bei dem
du HAMEL hiſt. acad. p. 167.
(f) L. V. p. 4. 5.
(g) MARCORELLE Memoir.
preſentes a l’Academie des Scien-
ces T. I. p.
192. 194.
(g*) [Spaltenumbruch] Mem. de l’Acad. 1707.
(h) L. XXIX. Sect. II.
(i) Conf. L. V. p. 156.
(i) Conf. L. V. p. 156.
(k) Ibid. L. XIX. p. 192. 193.
(l) L. V. 156.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0934" n="880[882]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leben u. Tod der Men&#x017F;chen. <hi rendition="#aq">XXX.</hi> B.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chwachen Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e die Menge des wiederherge&#x017F;tellten Blu-<lb/>
tes nicht wohl fa&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen. Man weiß, daß &#x017F;ich in-<lb/>
nerhalb fu&#x0364;nf Tagen ein ganzes Pfund Blut wieder er-<lb/>
ga&#x0364;nzt gehabt <note place="foot" n="(e)"><cb/><hi rendition="#aq">Mem. de l&#x2019;Acad. des Scien-<lb/>
ces ann. 1707. p.</hi> 234. und bei dem<lb/><hi rendition="#aq">du HAMEL hi&#x017F;t. acad. p.</hi> 167.</note>. Doch wir wi&#x017F;&#x017F;en auch, daß nach gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Verwundungen zwanzig bis vierzig Pfunde Blut<lb/>
wieder erga&#x0364;nzet worden <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">L. V. p.</hi> 4. 5.</note>. Da ein Men&#x017F;ch von dem<lb/>
vierzigta&#x0364;gigen Fa&#x017F;ten um &#x017F;ieben Pfunde und drei Unzen<lb/>
leichter als zuvor geworden war, &#x017F;o erlangte der&#x017F;elbe blos<lb/>
innerhalb &#x017F;echs Tagen &#x017F;ein voriges Gewichte wieder <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">MARCORELLE Memoir.<lb/>
pre&#x017F;entes a l&#x2019;Academie des Scien-<lb/>
ces T. I. p.</hi> 192. 194.</note>.<lb/>
Da ein Men&#x017F;ch in den Ver&#x017F;uchen des <hi rendition="#fr">Dodarts</hi> acht<lb/>
Pfunde und fu&#x0364;nf Unzen eingebu&#x0364;ßt hatte, &#x017F;o erhielt er in-<lb/>
nerhalb zehn Tagen vier Pfunde wieder <note place="foot" n="(g*)"><cb/><hi rendition="#aq">Mem. de l&#x2019;Acad.</hi> 1707.</note>.</p><lb/>
              <p>Unter&#x017F;ucht man nunmehr den Vorrath, woraus<lb/>
die&#x017F;e neue Sa&#x0364;fte hergenommen werden: &#x017F;o i&#x017F;t es eben<lb/>
der&#x017F;elbe, woher die vorigen Sa&#x0364;fte genommen &#x017F;ind, eine<lb/>
unglaublich kleine Portion ausgenommen, welche er von<lb/>
der Mutter bekommen <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">L. XXIX. Sect. II.</hi></note>. Folglich wu&#x0364;rden die Nah-<lb/>
rungsmittel ein neues Blut, auf eben die Art reichen,<lb/>
wie die Erd&#x017F;a&#x0364;fte dem Zimmet &#x017F;eine aromati&#x017F;che Kra&#x0364;fte,<lb/>
dem Zukker &#x017F;eine Su&#x0364;ßigkeit, und dem Bil&#x017F;enkraute den<lb/>
Gift mittheilet.</p><lb/>
              <p>Wir haben zu den Sa&#x0364;ften vier Cla&#x017F;&#x017F;en ange&#x017F;ezzet.<lb/>
Die wa&#x0364;ßrige giebt das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t her: die &#x017F;chleumigen<lb/>
giebt der ha&#x0364;ufig in denen Pflanzen <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq">Conf. L. V. p.</hi> 156.</note> und Thieren vor-<lb/>
kommende a&#x0364;hnliche Schleim <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq">Conf. L. V. p.</hi> 156.</note>, wiewohl auch &#x017F;chon das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er fu&#x0364;r &#x017F;ich allein, wenn es einige Zeit &#x017F;tille &#x017F;teht,<lb/>
&#x017F;chleimig wird: die gallerartige thieri&#x017F;chen Sa&#x0364;fte <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq">Ibid. L. XIX. p.</hi> 192. 193.</note> reicht<lb/>
die Lymphe der Flei&#x017F;ch&#x017F;pei&#x017F;en, oder das leimige alkali&#x017F;che<lb/>
We&#x017F;en her, welches in dem Mehle der Pflanzen &#x017F;tekkt:<lb/>
das Fett ent&#x017F;tehet aus dem Mehle <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">L. V.</hi> 156.</note>, wie das Oel der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Emul-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[880[882]/0934] Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B. ſchwachen Gefaͤſſe die Menge des wiederhergeſtellten Blu- tes nicht wohl faſſen koͤnnen. Man weiß, daß ſich in- nerhalb fuͤnf Tagen ein ganzes Pfund Blut wieder er- gaͤnzt gehabt (e). Doch wir wiſſen auch, daß nach groſ- ſen Verwundungen zwanzig bis vierzig Pfunde Blut wieder ergaͤnzet worden (f). Da ein Menſch von dem vierzigtaͤgigen Faſten um ſieben Pfunde und drei Unzen leichter als zuvor geworden war, ſo erlangte derſelbe blos innerhalb ſechs Tagen ſein voriges Gewichte wieder (g). Da ein Menſch in den Verſuchen des Dodarts acht Pfunde und fuͤnf Unzen eingebuͤßt hatte, ſo erhielt er in- nerhalb zehn Tagen vier Pfunde wieder (g*). Unterſucht man nunmehr den Vorrath, woraus dieſe neue Saͤfte hergenommen werden: ſo iſt es eben derſelbe, woher die vorigen Saͤfte genommen ſind, eine unglaublich kleine Portion ausgenommen, welche er von der Mutter bekommen (h). Folglich wuͤrden die Nah- rungsmittel ein neues Blut, auf eben die Art reichen, wie die Erdſaͤfte dem Zimmet ſeine aromatiſche Kraͤfte, dem Zukker ſeine Suͤßigkeit, und dem Bilſenkraute den Gift mittheilet. Wir haben zu den Saͤften vier Claſſen angeſezzet. Die waͤßrige giebt das Waſſer ſelbſt her: die ſchleumigen giebt der haͤufig in denen Pflanzen (i) und Thieren vor- kommende aͤhnliche Schleim (i), wiewohl auch ſchon das Waſſer fuͤr ſich allein, wenn es einige Zeit ſtille ſteht, ſchleimig wird: die gallerartige thieriſchen Saͤfte (k) reicht die Lymphe der Fleiſchſpeiſen, oder das leimige alkaliſche Weſen her, welches in dem Mehle der Pflanzen ſtekkt: das Fett entſtehet aus dem Mehle (l), wie das Oel der Emul- (e) Mem. de l’Acad. des Scien- ces ann. 1707. p. 234. und bei dem du HAMEL hiſt. acad. p. 167. (f) L. V. p. 4. 5. (g) MARCORELLE Memoir. preſentes a l’Academie des Scien- ces T. I. p. 192. 194. (g*) Mem. de l’Acad. 1707. (h) L. XXIX. Sect. II. (i) Conf. L. V. p. 156. (i) Conf. L. V. p. 156. (k) Ibid. L. XIX. p. 192. 193. (l) L. V. 156.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/934
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 880[882]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/934>, abgerufen am 22.11.2024.