Die Abnahme, welche von dem Fortstosse herrühret, und dergleichen man an den Kopfhaaren und der Ober- haut bemerkt, scheinet von diesem Fortstosse selbsten und zwar dergestalt ergänzt zu werden, daß das nächste Theil in die Stelle des zerstörten Theilchens einrükkt, wie man an den Fingernägeln deutlich sehen kann; dieses Theilchen treibt das nächste andere vor sich her; das nächste aber am Herzen ergänzt ein geronnener Saft, wie man an den Haaren überhaupt siehet.
Und so hatte T. Morgan recht (o), so wie unser Börhaave, der ein grösserer Verehrer der Gottheit war, eine Maschine zu bewundern, welche sich nicht nur selber zerstört, sondern auch wieder ergänzt. Eine Ma- schine, welche in der That einen Theil der göttlichen Haushaltungen, und über alle Kräfte der Menschen un- endlich erhaben ist.
§. 7. Der Stillstand des Menschenkörpers.
Von dem zwanzigsten oder fünf und zwanzigsten Jahre an bis zum vierzigsten, vermuthet man gemeinig- lich, daß der Bestand des Menschen fortdauere, ob man ihn auch gleichwol für länger ansehen kann, ein Zustand, in welchem der Mensch nicht weiter fortwächst, doch aber auch nicht eben abnimmt, und da sich derselbe überhaupt so ziemlich gleich bleibt: es ist dieses derjenige Bezirk der Ernährung, in welchem sich der Verlust, wie man glaubt, jedoch ohne einen Ueberschuß wieder herstellen läst.
Doch ändert sich in eben diesem Zustande auch man- ches bei dem Menschen. Und so ist der menschliche Kör- per ein hinfälliges und veränderliches Wesen. Er ver- liert alle Tage, und zwar nicht wenig, durch den Urin, durch die Ausdünstung, und vermittelst der abgeriebenen
Theile:
(o)Mechan. medic. praef.
K k k 5
II. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Die Abnahme, welche von dem Fortſtoſſe herruͤhret, und dergleichen man an den Kopfhaaren und der Ober- haut bemerkt, ſcheinet von dieſem Fortſtoſſe ſelbſten und zwar dergeſtalt ergaͤnzt zu werden, daß das naͤchſte Theil in die Stelle des zerſtoͤrten Theilchens einruͤkkt, wie man an den Fingernaͤgeln deutlich ſehen kann; dieſes Theilchen treibt das naͤchſte andere vor ſich her; das naͤchſte aber am Herzen ergaͤnzt ein geronnener Saft, wie man an den Haaren uͤberhaupt ſiehet.
Und ſo hatte T. Morgan recht (o), ſo wie unſer Boͤrhaave, der ein groͤſſerer Verehrer der Gottheit war, eine Maſchine zu bewundern, welche ſich nicht nur ſelber zerſtoͤrt, ſondern auch wieder ergaͤnzt. Eine Ma- ſchine, welche in der That einen Theil der goͤttlichen Haushaltungen, und uͤber alle Kraͤfte der Menſchen un- endlich erhaben iſt.
§. 7. Der Stillſtand des Menſchenkoͤrpers.
Von dem zwanzigſten oder fuͤnf und zwanzigſten Jahre an bis zum vierzigſten, vermuthet man gemeinig- lich, daß der Beſtand des Menſchen fortdauere, ob man ihn auch gleichwol fuͤr laͤnger anſehen kann, ein Zuſtand, in welchem der Menſch nicht weiter fortwaͤchſt, doch aber auch nicht eben abnimmt, und da ſich derſelbe uͤberhaupt ſo ziemlich gleich bleibt: es iſt dieſes derjenige Bezirk der Ernaͤhrung, in welchem ſich der Verluſt, wie man glaubt, jedoch ohne einen Ueberſchuß wieder herſtellen laͤſt.
Doch aͤndert ſich in eben dieſem Zuſtande auch man- ches bei dem Menſchen. Und ſo iſt der menſchliche Koͤr- per ein hinfaͤlliges und veraͤnderliches Weſen. Er ver- liert alle Tage, und zwar nicht wenig, durch den Urin, durch die Ausduͤnſtung, und vermittelſt der abgeriebenen
Theile:
(o)Mechan. medic. praef.
K k k 5
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[887[889]/0941]
II. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Die Abnahme, welche von dem Fortſtoſſe herruͤhret,
und dergleichen man an den Kopfhaaren und der Ober-
haut bemerkt, ſcheinet von dieſem Fortſtoſſe ſelbſten und
zwar dergeſtalt ergaͤnzt zu werden, daß das naͤchſte Theil
in die Stelle des zerſtoͤrten Theilchens einruͤkkt, wie man
an den Fingernaͤgeln deutlich ſehen kann; dieſes Theilchen
treibt das naͤchſte andere vor ſich her; das naͤchſte aber
am Herzen ergaͤnzt ein geronnener Saft, wie man an
den Haaren uͤberhaupt ſiehet.
Und ſo hatte T. Morgan recht (o), ſo wie unſer
Boͤrhaave, der ein groͤſſerer Verehrer der Gottheit
war, eine Maſchine zu bewundern, welche ſich nicht nur
ſelber zerſtoͤrt, ſondern auch wieder ergaͤnzt. Eine Ma-
ſchine, welche in der That einen Theil der goͤttlichen
Haushaltungen, und uͤber alle Kraͤfte der Menſchen un-
endlich erhaben iſt.
§. 7.
Der Stillſtand des Menſchenkoͤrpers.
Von dem zwanzigſten oder fuͤnf und zwanzigſten
Jahre an bis zum vierzigſten, vermuthet man gemeinig-
lich, daß der Beſtand des Menſchen fortdauere, ob man
ihn auch gleichwol fuͤr laͤnger anſehen kann, ein Zuſtand,
in welchem der Menſch nicht weiter fortwaͤchſt, doch aber
auch nicht eben abnimmt, und da ſich derſelbe uͤberhaupt
ſo ziemlich gleich bleibt: es iſt dieſes derjenige Bezirk der
Ernaͤhrung, in welchem ſich der Verluſt, wie man glaubt,
jedoch ohne einen Ueberſchuß wieder herſtellen laͤſt.
Doch aͤndert ſich in eben dieſem Zuſtande auch man-
ches bei dem Menſchen. Und ſo iſt der menſchliche Koͤr-
per ein hinfaͤlliges und veraͤnderliches Weſen. Er ver-
liert alle Tage, und zwar nicht wenig, durch den Urin,
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Theile:
(o) Mechan. medic. praef.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 887[889]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/941>, abgerufen am 22.11.2024.
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