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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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III. Abs. Der Zustand des Menschen.
Saamenkörnern, unter denen ich dem Senf oder Möst-
rich die meiste Schädlichkeit zuschreibe, alles dieses hat
sich bereits so viele Jahre und dergestalt in unsere Säfte
eingeschlichen, daß dadurch die Portion des sanften Ei-
weisses völlig zerstöret worden, welchen wir aus Mutter-
leibe auf die Welt mitbrachten. Es erfolgt (e), wie
man bereits längst angemerkt hat, auf das Brandtewein-
trinken ein frühes Alter, theils weil dasselbe die festen
Theile callöse macht, theils weil es die Flüßigkeiten in
uns verhärtet.

Daher ist auch bei gesunden Greisen der Athem un-
angenehm, das Blut salzig, Harn und Schweiß stin-
kend, und da junge Leute bey ihren reinen Säften keine
färbende Theile in ihre Crystallinse übergehen lassen, so
dringen nunmehr, anfänglich gelbe, und hierauf un-
durchsichtige Theile in diese Gefässe von der äussersten
Feinheit (f) ein; so wird das schleimartige Nezzchen bei
Greisen gelb, und es drükken so gar die Mahler die
Mängel des Alters dadurch aus, daß sie mehr von dem
Neaplergelben unter die Fleischfarbe mischen (g).

§. 6.
3) Der Ueberfluß an Erdtheilen.

Der gröste Fehler in den Säften bei den Greisen
ist indessen der, daß die Erde darinnen, gegen die vorigen
Jahre gerechnet, überflüßig vorhanden ist. Die Sache
läst sich leicht entdekken. Es stekkt im Blute (a), im
Salzwasser (b), und in allen übrigen Säften einer be-
jahrten Person, mehr Erde; selbst die wäßrige Feuchtig-
keit im Auge verhielte sich gegen das Wasser bei jungen
Personen (c), wie 975 zu 1000, bei Greisen wie 992 zu

1000.
(e) [Spaltenumbruch] CRAANEN de homine p.
469. STRANG odensund sokn.
(f) L. XVI. p. 397.
(g) RUSSEL Oecon. p. 136.
(a) [Spaltenumbruch] L. XXVI. p. 364.
(b) Ibid.
(c) BERTRANDI ocul. hepat.
p.
75.

III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Saamenkoͤrnern, unter denen ich dem Senf oder Moͤſt-
rich die meiſte Schaͤdlichkeit zuſchreibe, alles dieſes hat
ſich bereits ſo viele Jahre und dergeſtalt in unſere Saͤfte
eingeſchlichen, daß dadurch die Portion des ſanften Ei-
weiſſes voͤllig zerſtoͤret worden, welchen wir aus Mutter-
leibe auf die Welt mitbrachten. Es erfolgt (e), wie
man bereits laͤngſt angemerkt hat, auf das Brandtewein-
trinken ein fruͤhes Alter, theils weil daſſelbe die feſten
Theile calloͤſe macht, theils weil es die Fluͤßigkeiten in
uns verhaͤrtet.

Daher iſt auch bei geſunden Greiſen der Athem un-
angenehm, das Blut ſalzig, Harn und Schweiß ſtin-
kend, und da junge Leute bey ihren reinen Saͤften keine
faͤrbende Theile in ihre Cryſtallinſe uͤbergehen laſſen, ſo
dringen nunmehr, anfaͤnglich gelbe, und hierauf un-
durchſichtige Theile in dieſe Gefaͤſſe von der aͤuſſerſten
Feinheit (f) ein; ſo wird das ſchleimartige Nezzchen bei
Greiſen gelb, und es druͤkken ſo gar die Mahler die
Maͤngel des Alters dadurch aus, daß ſie mehr von dem
Neaplergelben unter die Fleiſchfarbe miſchen (g).

§. 6.
3) Der Ueberfluß an Erdtheilen.

Der groͤſte Fehler in den Saͤften bei den Greiſen
iſt indeſſen der, daß die Erde darinnen, gegen die vorigen
Jahre gerechnet, uͤberfluͤßig vorhanden iſt. Die Sache
laͤſt ſich leicht entdekken. Es ſtekkt im Blute (a), im
Salzwaſſer (b), und in allen uͤbrigen Saͤften einer be-
jahrten Perſon, mehr Erde; ſelbſt die waͤßrige Feuchtig-
keit im Auge verhielte ſich gegen das Waſſer bei jungen
Perſonen (c), wie 975 zu 1000, bei Greiſen wie 992 zu

1000.
(e) [Spaltenumbruch] CRAANEN de homine p.
469. STRANG odenſund ſokn.
(f) L. XVI. p. 397.
(g) RUSSEL Oecon. p. 136.
(a) [Spaltenumbruch] L. XXVI. p. 364.
(b) Ibid.
(c) BERTRANDI ocul. hepat.
p.
75.
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[907[909]/0961] III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen. Saamenkoͤrnern, unter denen ich dem Senf oder Moͤſt- rich die meiſte Schaͤdlichkeit zuſchreibe, alles dieſes hat ſich bereits ſo viele Jahre und dergeſtalt in unſere Saͤfte eingeſchlichen, daß dadurch die Portion des ſanften Ei- weiſſes voͤllig zerſtoͤret worden, welchen wir aus Mutter- leibe auf die Welt mitbrachten. Es erfolgt (e), wie man bereits laͤngſt angemerkt hat, auf das Brandtewein- trinken ein fruͤhes Alter, theils weil daſſelbe die feſten Theile calloͤſe macht, theils weil es die Fluͤßigkeiten in uns verhaͤrtet. Daher iſt auch bei geſunden Greiſen der Athem un- angenehm, das Blut ſalzig, Harn und Schweiß ſtin- kend, und da junge Leute bey ihren reinen Saͤften keine faͤrbende Theile in ihre Cryſtallinſe uͤbergehen laſſen, ſo dringen nunmehr, anfaͤnglich gelbe, und hierauf un- durchſichtige Theile in dieſe Gefaͤſſe von der aͤuſſerſten Feinheit (f) ein; ſo wird das ſchleimartige Nezzchen bei Greiſen gelb, und es druͤkken ſo gar die Mahler die Maͤngel des Alters dadurch aus, daß ſie mehr von dem Neaplergelben unter die Fleiſchfarbe miſchen (g). §. 6. 3) Der Ueberfluß an Erdtheilen. Der groͤſte Fehler in den Saͤften bei den Greiſen iſt indeſſen der, daß die Erde darinnen, gegen die vorigen Jahre gerechnet, uͤberfluͤßig vorhanden iſt. Die Sache laͤſt ſich leicht entdekken. Es ſtekkt im Blute (a), im Salzwaſſer (b), und in allen uͤbrigen Saͤften einer be- jahrten Perſon, mehr Erde; ſelbſt die waͤßrige Feuchtig- keit im Auge verhielte ſich gegen das Waſſer bei jungen Perſonen (c), wie 975 zu 1000, bei Greiſen wie 992 zu 1000. (e) CRAANEN de homine p. 469. STRANG odenſund ſokn. (f) L. XVI. p. 397. (g) RUSSEL Oecon. p. 136. (a) L. XXVI. p. 364. (b) Ibid. (c) BERTRANDI ocul. hepat. p. 75.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 907[909]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/961>, abgerufen am 23.11.2024.