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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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III. Abs. Der Zustand des Menschen.
dem hohen Alter von längerer Dauer sey. Auf den heis-
sen Jnseln findet sich auch die Fruchtbarkeit wieder ein,
und es erreichen die Einwohner von Brasilien (n), ob
sie gleich früher mannbar werden, dennoch erst langsam
das Alter. Dergleichen etwas ereignet sich auch bei den
alten Ochsen, die ein saftiges Futter bekommen, und von
der Arbeit und allen Geschäften frey sind. Bei diesen
werden in der That die Fasern zärter, als bei den Pflug-
ochsen, und es legt sich zwischen ihre Fasern und Mus-
keln wiederum ein neues Fett an.

Zwey Stükke werden nämlich dazu erfordert, denen
man sich unterwerfen muß, um eine hinlängliche Menge
an Säften zu bekommen, und um den festen Theilen
ihre Reizbarkeit wieder zu geben. Jenes bewirkt die
Diät, dieses ein warmer Himmelsstrich (o). Wir wer-
den bald bemerken, daß bei Greisen das Herz weniger
Schläge macht; allein die warme Luft befördert auch hier
die Pulsirungen.

Ohne grosse Ursachen, und von selbst geschieht der-
gleichen nicht. Zwar sind die Menses oft ein Fehler der
Gebärmutter (p), und insonderheit bringt etwa ein Fleisch-
gewächse, oder ein Geschwür selbige wieder in den Gang:
und aus dieser Ursache sind sie meistentheils dem Men-
schen tödtlich (q). Jndessen kann doch, sonderlich bey
entkräfteten Körpern, vermittelst einer bessern Diät und
eines aufgeräumten Wesens die Vollblütigkeit wieder von
neuem entstehen.

Haare verlangen in der Haut eine neue Erschlaffung,
und einen gewissen Zuschuß von dem Fette unter der Haut.
Nach einem Fieber (r) kam ein gelber Bart zum Vor-
schein, und die Munterkeit zur Begattung wieder.

Die
(n) [Spaltenumbruch] PISO nat. hist. Ind. L. I.
p.
12.
(o) L. VI. p. 265.
(p) L. XXVIII. p. 142.
(q) [Spaltenumbruch] P. MANNINGHAM Com-
pend. p.
45.
(r) LOTICH obs. 2. c. II. L. IV.

III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
dem hohen Alter von laͤngerer Dauer ſey. Auf den heiſ-
ſen Jnſeln findet ſich auch die Fruchtbarkeit wieder ein,
und es erreichen die Einwohner von Braſilien (n), ob
ſie gleich fruͤher mannbar werden, dennoch erſt langſam
das Alter. Dergleichen etwas ereignet ſich auch bei den
alten Ochſen, die ein ſaftiges Futter bekommen, und von
der Arbeit und allen Geſchaͤften frey ſind. Bei dieſen
werden in der That die Faſern zaͤrter, als bei den Pflug-
ochſen, und es legt ſich zwiſchen ihre Faſern und Mus-
keln wiederum ein neues Fett an.

Zwey Stuͤkke werden naͤmlich dazu erfordert, denen
man ſich unterwerfen muß, um eine hinlaͤngliche Menge
an Saͤften zu bekommen, und um den feſten Theilen
ihre Reizbarkeit wieder zu geben. Jenes bewirkt die
Diaͤt, dieſes ein warmer Himmelsſtrich (o). Wir wer-
den bald bemerken, daß bei Greiſen das Herz weniger
Schlaͤge macht; allein die warme Luft befoͤrdert auch hier
die Pulſirungen.

Ohne groſſe Urſachen, und von ſelbſt geſchieht der-
gleichen nicht. Zwar ſind die Menſes oft ein Fehler der
Gebaͤrmutter (p), und inſonderheit bringt etwa ein Fleiſch-
gewaͤchſe, oder ein Geſchwuͤr ſelbige wieder in den Gang:
und aus dieſer Urſache ſind ſie meiſtentheils dem Men-
ſchen toͤdtlich (q). Jndeſſen kann doch, ſonderlich bey
entkraͤfteten Koͤrpern, vermittelſt einer beſſern Diaͤt und
eines aufgeraͤumten Weſens die Vollbluͤtigkeit wieder von
neuem entſtehen.

Haare verlangen in der Haut eine neue Erſchlaffung,
und einen gewiſſen Zuſchuß von dem Fette unter der Haut.
Nach einem Fieber (r) kam ein gelber Bart zum Vor-
ſchein, und die Munterkeit zur Begattung wieder.

Die
(n) [Spaltenumbruch] PISO nat. hiſt. Ind. L. I.
p.
12.
(o) L. VI. p. 265.
(p) L. XXVIII. p. 142.
(q) [Spaltenumbruch] P. MANNINGHAM Com-
pend. p.
45.
(r) LOTICH obſ. 2. c. II. L. IV.
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[921[923]/0975] III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen. dem hohen Alter von laͤngerer Dauer ſey. Auf den heiſ- ſen Jnſeln findet ſich auch die Fruchtbarkeit wieder ein, und es erreichen die Einwohner von Braſilien (n), ob ſie gleich fruͤher mannbar werden, dennoch erſt langſam das Alter. Dergleichen etwas ereignet ſich auch bei den alten Ochſen, die ein ſaftiges Futter bekommen, und von der Arbeit und allen Geſchaͤften frey ſind. Bei dieſen werden in der That die Faſern zaͤrter, als bei den Pflug- ochſen, und es legt ſich zwiſchen ihre Faſern und Mus- keln wiederum ein neues Fett an. Zwey Stuͤkke werden naͤmlich dazu erfordert, denen man ſich unterwerfen muß, um eine hinlaͤngliche Menge an Saͤften zu bekommen, und um den feſten Theilen ihre Reizbarkeit wieder zu geben. Jenes bewirkt die Diaͤt, dieſes ein warmer Himmelsſtrich (o). Wir wer- den bald bemerken, daß bei Greiſen das Herz weniger Schlaͤge macht; allein die warme Luft befoͤrdert auch hier die Pulſirungen. Ohne groſſe Urſachen, und von ſelbſt geſchieht der- gleichen nicht. Zwar ſind die Menſes oft ein Fehler der Gebaͤrmutter (p), und inſonderheit bringt etwa ein Fleiſch- gewaͤchſe, oder ein Geſchwuͤr ſelbige wieder in den Gang: und aus dieſer Urſache ſind ſie meiſtentheils dem Men- ſchen toͤdtlich (q). Jndeſſen kann doch, ſonderlich bey entkraͤfteten Koͤrpern, vermittelſt einer beſſern Diaͤt und eines aufgeraͤumten Weſens die Vollbluͤtigkeit wieder von neuem entſtehen. Haare verlangen in der Haut eine neue Erſchlaffung, und einen gewiſſen Zuſchuß von dem Fette unter der Haut. Nach einem Fieber (r) kam ein gelber Bart zum Vor- ſchein, und die Munterkeit zur Begattung wieder. Die (n) PISO nat. hiſt. Ind. L. I. p. 12. (o) L. VI. p. 265. (p) L. XXVIII. p. 142. (q) P. MANNINGHAM Com- pend. p. 45. (r) LOTICH obſ. 2. c. II. L. IV.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 921[923]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/975>, abgerufen am 24.11.2024.