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Halm, Friedrich [d. i. Eligius Franz Joseph von Münch Bellinghausen]: Die Marzipan-Lise. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–70. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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scharf und schneidend vom Balaton herüber, als er an der Einmündung eines Seitenwegs in die Hauptstraße einen jungen Menschen gewahrte, dessen Haltung auf den ersten Blick ebenso entschieden tiefe Erschöpfung und Niedergeschlagenheit ausdrückte, als der Schnitt seiner abgenutzten und staubbedeckten Kleidung ihn als einen Nichtungar kundgab. Er saß hart am Wege auf einem halbversunkenen Grenzstein; neben ihm lag ein Knotenstock, ein kleines Bündel und sein Käppchen, während seine langen, fahlblonden Haare, vom Herbstwinde hin- und hergetrieben, die feinen, gefälligen Züge seines blassen, abgezehrten Antlitzes bald zeigten, bald verbargen und seine graublauen Augen wie in gedankenlosem Trotze trüb vor sich hinstarrten. -- Da, heb auf, Junge! rief Horvath, indem er in die Tasche griff und ihm ein Geldstück hinwarf. Der Bursche fuhr bei dem Anrufe in die Höhe; seine erste Bewegung war auf Flucht gerichtet, die zweite ein hastiger Griff nach seinem Knotenstocke; als er aber das Geldstück gewahrte, schien er sich wieder zurechtzufinden; er ließ den Stock niedergleiten und sank wieder auf den Stein zurück. Zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben! sagte er und schleuderte die vor ihm liegende Münze mit einem Fußstoß in den Staub der Straße hinaus. -- Eszem adta! rief Horvath, indem er die Zügel anhielt, und fügte dann zornig in deutscher Sprache hinzu: Ist Er ein Millionär? Oder ist Ihm kaiserliche Münze zu schlecht, um sie aufzuheben? Will Er Antwort geben, Landstreicher? Der Jüngling

scharf und schneidend vom Balaton herüber, als er an der Einmündung eines Seitenwegs in die Hauptstraße einen jungen Menschen gewahrte, dessen Haltung auf den ersten Blick ebenso entschieden tiefe Erschöpfung und Niedergeschlagenheit ausdrückte, als der Schnitt seiner abgenutzten und staubbedeckten Kleidung ihn als einen Nichtungar kundgab. Er saß hart am Wege auf einem halbversunkenen Grenzstein; neben ihm lag ein Knotenstock, ein kleines Bündel und sein Käppchen, während seine langen, fahlblonden Haare, vom Herbstwinde hin- und hergetrieben, die feinen, gefälligen Züge seines blassen, abgezehrten Antlitzes bald zeigten, bald verbargen und seine graublauen Augen wie in gedankenlosem Trotze trüb vor sich hinstarrten. — Da, heb auf, Junge! rief Horváth, indem er in die Tasche griff und ihm ein Geldstück hinwarf. Der Bursche fuhr bei dem Anrufe in die Höhe; seine erste Bewegung war auf Flucht gerichtet, die zweite ein hastiger Griff nach seinem Knotenstocke; als er aber das Geldstück gewahrte, schien er sich wieder zurechtzufinden; er ließ den Stock niedergleiten und sank wieder auf den Stein zurück. Zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben! sagte er und schleuderte die vor ihm liegende Münze mit einem Fußstoß in den Staub der Straße hinaus. — Eszem adta! rief Horváth, indem er die Zügel anhielt, und fügte dann zornig in deutscher Sprache hinzu: Ist Er ein Millionär? Oder ist Ihm kaiserliche Münze zu schlecht, um sie aufzuheben? Will Er Antwort geben, Landstreicher? Der Jüngling

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scharf und schneidend vom Balaton herüber, als er an der Einmündung eines Seitenwegs in die     Hauptstraße einen jungen Menschen gewahrte, dessen Haltung auf den ersten Blick ebenso     entschieden tiefe Erschöpfung und Niedergeschlagenheit ausdrückte, als der Schnitt seiner     abgenutzten und staubbedeckten Kleidung ihn als einen Nichtungar kundgab. Er saß hart am Wege     auf einem halbversunkenen Grenzstein; neben ihm lag ein Knotenstock, ein kleines Bündel und sein     Käppchen, während seine langen, fahlblonden Haare, vom Herbstwinde hin- und hergetrieben, die     feinen, gefälligen Züge seines blassen, abgezehrten Antlitzes bald zeigten, bald verbargen und     seine graublauen Augen wie in gedankenlosem Trotze trüb vor sich hinstarrten. &#x2014; Da, heb auf,     Junge! rief Horváth, indem er in die Tasche griff und ihm ein Geldstück hinwarf. Der Bursche     fuhr bei dem Anrufe in die Höhe; seine erste Bewegung war auf Flucht gerichtet, die zweite ein     hastiger Griff nach seinem Knotenstocke; als er aber das Geldstück gewahrte, schien er sich     wieder zurechtzufinden; er ließ den Stock niedergleiten und sank wieder auf den Stein zurück. Zu     wenig zum Leben und zu viel zum Sterben! sagte er und schleuderte die vor ihm liegende Münze mit     einem Fußstoß in den Staub der Straße hinaus. &#x2014; Eszem adta! rief Horváth, indem er die Zügel     anhielt, und fügte dann zornig in deutscher Sprache hinzu: Ist Er ein Millionär? Oder ist Ihm     kaiserliche Münze zu schlecht, um sie aufzuheben? Will Er Antwort geben, Landstreicher? Der     Jüngling<lb/></p>
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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:52:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:52:38Z)

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Zitationshilfe: Halm, Friedrich [d. i. Eligius Franz Joseph von Münch Bellinghausen]: Die Marzipan-Lise. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–70. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/halm_lise_1910/11>, abgerufen am 03.12.2024.