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Halm, Friedrich [d. i. Eligius Franz Joseph von Münch Bellinghausen]: Die Marzipan-Lise. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–70. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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werke zu besuchen; dort abgestiegen, wurde ich nicht mehr fortgelassen; ich mußte bei meinem Freunde übernachten und setzte erst ziemlich spät morgens meine Reise wieder fort.

Ich wußte, daß an jenem Tage zu Bruck der Wochenmarkt abgehalten werde, und gedachte von diesem Umstande zur Besorgung mancher nothwendiger Einkäufe Nutzen zu ziehen; ich war daher nicht wenig erstaunt, als ich bei meiner Ankunft zu Bruck zwar den Marktplatz mit Waaren aller Art bedeckt, aber weder Käufer noch selbst Verkäufer, nur einige Kinder und alte Weiber, die Waaren zu behüten, zur Stelle fand. Vordem Kreuzwirthshause angelangt sah ich weder Hausknecht noch Kellnerin herzuspringen, noch schwenkte mir der Kreuzwirth sein grünes Sammtmützlein entgegen, dagegen bemerkte ich an der Ecke des Hauses einen Knäuel von Menschen, den immer neuer Zulauf vermehrte. Dies erregte meine Neugier; ich schritt auf das Gewimmel zu und hatte kaum einige Schritte gethan, als ich den Kreuzwirth erkannte, der mir zuwinkte und schrie: Hierher, nur hierher, kommt nur, Herr Steidler!
-- Kreuzwirth, sage ich, als ich ihn endlich erreicht hatte, beißt Euch das Mäuslein, daß Ihr hier Maulaffen feil habt? Giebt's Feuer, oder ist sonst ein Unglück geschehen? -- Der aber, ganz erhitzt und verwirrt, meiner Worte nicht achtend, schnaubt mir entgegen: Wollt Ihr sie sehen? Ich führe Euch hin, wenn Ihr sie sehen wollt!
-- Potz Hammer und Ambos! rufe ich, wer oder was

werke zu besuchen; dort abgestiegen, wurde ich nicht mehr fortgelassen; ich mußte bei meinem Freunde übernachten und setzte erst ziemlich spät morgens meine Reise wieder fort.

Ich wußte, daß an jenem Tage zu Bruck der Wochenmarkt abgehalten werde, und gedachte von diesem Umstande zur Besorgung mancher nothwendiger Einkäufe Nutzen zu ziehen; ich war daher nicht wenig erstaunt, als ich bei meiner Ankunft zu Bruck zwar den Marktplatz mit Waaren aller Art bedeckt, aber weder Käufer noch selbst Verkäufer, nur einige Kinder und alte Weiber, die Waaren zu behüten, zur Stelle fand. Vordem Kreuzwirthshause angelangt sah ich weder Hausknecht noch Kellnerin herzuspringen, noch schwenkte mir der Kreuzwirth sein grünes Sammtmützlein entgegen, dagegen bemerkte ich an der Ecke des Hauses einen Knäuel von Menschen, den immer neuer Zulauf vermehrte. Dies erregte meine Neugier; ich schritt auf das Gewimmel zu und hatte kaum einige Schritte gethan, als ich den Kreuzwirth erkannte, der mir zuwinkte und schrie: Hierher, nur hierher, kommt nur, Herr Steidler!
— Kreuzwirth, sage ich, als ich ihn endlich erreicht hatte, beißt Euch das Mäuslein, daß Ihr hier Maulaffen feil habt? Giebt's Feuer, oder ist sonst ein Unglück geschehen? — Der aber, ganz erhitzt und verwirrt, meiner Worte nicht achtend, schnaubt mir entgegen: Wollt Ihr sie sehen? Ich führe Euch hin, wenn Ihr sie sehen wollt!
— Potz Hammer und Ambos! rufe ich, wer oder was

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[0034] werke zu besuchen; dort abgestiegen, wurde ich nicht mehr fortgelassen; ich mußte bei meinem Freunde übernachten und setzte erst ziemlich spät morgens meine Reise wieder fort. Ich wußte, daß an jenem Tage zu Bruck der Wochenmarkt abgehalten werde, und gedachte von diesem Umstande zur Besorgung mancher nothwendiger Einkäufe Nutzen zu ziehen; ich war daher nicht wenig erstaunt, als ich bei meiner Ankunft zu Bruck zwar den Marktplatz mit Waaren aller Art bedeckt, aber weder Käufer noch selbst Verkäufer, nur einige Kinder und alte Weiber, die Waaren zu behüten, zur Stelle fand. Vordem Kreuzwirthshause angelangt sah ich weder Hausknecht noch Kellnerin herzuspringen, noch schwenkte mir der Kreuzwirth sein grünes Sammtmützlein entgegen, dagegen bemerkte ich an der Ecke des Hauses einen Knäuel von Menschen, den immer neuer Zulauf vermehrte. Dies erregte meine Neugier; ich schritt auf das Gewimmel zu und hatte kaum einige Schritte gethan, als ich den Kreuzwirth erkannte, der mir zuwinkte und schrie: Hierher, nur hierher, kommt nur, Herr Steidler! — Kreuzwirth, sage ich, als ich ihn endlich erreicht hatte, beißt Euch das Mäuslein, daß Ihr hier Maulaffen feil habt? Giebt's Feuer, oder ist sonst ein Unglück geschehen? — Der aber, ganz erhitzt und verwirrt, meiner Worte nicht achtend, schnaubt mir entgegen: Wollt Ihr sie sehen? Ich führe Euch hin, wenn Ihr sie sehen wollt! — Potz Hammer und Ambos! rufe ich, wer oder was

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:52:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:52:38Z)

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Zitationshilfe: Halm, Friedrich [d. i. Eligius Franz Joseph von Münch Bellinghausen]: Die Marzipan-Lise. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–70. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/halm_lise_1910/34>, abgerufen am 29.03.2024.