Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.II. Die Zeit der Staufer. richtet. "Plötzlich", sagt Otto von Freising, "trat fast im ganzenAbendlande eine solche Stille ein, daß es nicht nur für Frevel galt, Krieg anzufangen, sondern sogar, öffentlich Waffen zu tragen." Schon flutete der Strom über die deutschen Grenzen. Hier Die Ereignisse des zweiten Kreuzzuges selbst können hier nur 1) Für die Einzelheiten vgl. namentlich die Forschungen von Kugler
und Röhricht. II. Die Zeit der Staufer. richtet. „Plötzlich“, sagt Otto von Freising, „trat fast im ganzenAbendlande eine solche Stille ein, daß es nicht nur für Frevel galt, Krieg anzufangen, sondern sogar, öffentlich Waffen zu tragen.“ Schon flutete der Strom über die deutschen Grenzen. Hier Die Ereignisse des zweiten Kreuzzuges selbst können hier nur 1) Für die Einzelheiten vgl. namentlich die Forschungen von Kugler
und Röhricht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0116" n="108"/><fw place="top" type="header">II. Die Zeit der Staufer.</fw><lb/> richtet. „Plötzlich“, sagt Otto von Freising, „trat fast im ganzen<lb/> Abendlande eine solche Stille ein, daß es nicht nur für Frevel galt,<lb/> Krieg anzufangen, sondern sogar, öffentlich Waffen zu tragen.“</p><lb/> <p>Schon flutete der Strom über die deutschen Grenzen. Hier<lb/> wandte man sich zunächst gegen die Ungläubigen in der Nähe, es<lb/> kam zu massenhaften Judenmorden, bis Bernhard selbst erschien<lb/> und Einhalt gebot. In einen schweren Pflichtenkampf stürzte er<lb/> dann den staufischen König. Alle Vernunftgründe sprachen gegen<lb/> dessen Teilnahme; denn wollte er wirklich die unausgeglichenen<lb/> Gegensätze Deutschlands hinter sich lassen, so riefen ihn gebieterisch<lb/> nach Italien die Not des Papstes, die Kaiserkrone, der Verfall der<lb/> Reichsrechte und die Übergriffe Rogers. So lehnte er ab. Aber<lb/> was galten in diesen Tagen die Gebote der Vernunft? Kurz nach<lb/> dem Weihnachtsfest in Speyer erlag Konrad unter Thränen einem<lb/> letzten rednerischen Ansturm Bernhards, der den Lauen drohend<lb/> an die Schrecken des Todes und den Richterstuhl Christi mahnte<lb/> und dann seine Umstimmung als das Wunder der Wunder pries.<lb/> Vergeblich suchte der Papst im eignen Interesse das Gelübde rück-<lb/> gängig zu machen. Die Bewegung war nun auch in Deutschland<lb/> nicht mehr aufzuhalten. Ein allgemeiner Landfriede dehnte sich<lb/> über das Reich, Heinrich der Löwe versprach seine bayrischen An-<lb/> sprüche einstweilen zurückzustellen, und wenigstens einen bedeut-<lb/> samen Erfolg brachte das Unternehmen dem staufischen Hause:<lb/> Konrads zehnjähriger Sohn Heinrich ward zum Könige gewählt<lb/> und gekrönt, um unter Leitung des Erzbischofs Heinrich von Mainz<lb/> den Vater während seiner Abwesenheit zu vertreten. Also ein<lb/> erster Schritt, um die seit den Saliern unterbrochene Erbfolge her-<lb/> zustellen! Seitdem mußte die Kreuzfahrt noch öfter als Hebel<lb/> für den gleichen Zweck dienen.</p><lb/> <p>Die Ereignisse des zweiten Kreuzzuges selbst können hier nur<lb/> kurz gestreift werden.<note place="foot" n="1)">Für die Einzelheiten vgl. namentlich die Forschungen von Kugler<lb/> und Röhricht.</note> Bezeichnend für die allgemeinen Ziele der<lb/> Bewegung und die übergroße Zahl der Teilnehmer, aber auch für<lb/> den geringen Zusammenhalt des damaligen Reiches war, daß mit<lb/> Konrad eigentlich nur die Süddeutschen zogen. Die sächsischen<lb/> Großen unternahmen auf eigne Faust, wenn auch mit kirchlicher<lb/> Billigung, einen Kreuzzug in die ihrem Interessenkreise näherliegen-<lb/> den Wendenlande (1147), freilich nur, um hier die mühsam er-<lb/> rungenen Erfolge der friedlichen Mission unsanft zu stören und<lb/> alsbald statt der geplanten Ausrottung der Heiden deren Scheintaufe<lb/> und Tributzahlung vorzuziehen. Flandrer und Lothringer aber fuhren<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0116]
II. Die Zeit der Staufer.
richtet. „Plötzlich“, sagt Otto von Freising, „trat fast im ganzen
Abendlande eine solche Stille ein, daß es nicht nur für Frevel galt,
Krieg anzufangen, sondern sogar, öffentlich Waffen zu tragen.“
Schon flutete der Strom über die deutschen Grenzen. Hier
wandte man sich zunächst gegen die Ungläubigen in der Nähe, es
kam zu massenhaften Judenmorden, bis Bernhard selbst erschien
und Einhalt gebot. In einen schweren Pflichtenkampf stürzte er
dann den staufischen König. Alle Vernunftgründe sprachen gegen
dessen Teilnahme; denn wollte er wirklich die unausgeglichenen
Gegensätze Deutschlands hinter sich lassen, so riefen ihn gebieterisch
nach Italien die Not des Papstes, die Kaiserkrone, der Verfall der
Reichsrechte und die Übergriffe Rogers. So lehnte er ab. Aber
was galten in diesen Tagen die Gebote der Vernunft? Kurz nach
dem Weihnachtsfest in Speyer erlag Konrad unter Thränen einem
letzten rednerischen Ansturm Bernhards, der den Lauen drohend
an die Schrecken des Todes und den Richterstuhl Christi mahnte
und dann seine Umstimmung als das Wunder der Wunder pries.
Vergeblich suchte der Papst im eignen Interesse das Gelübde rück-
gängig zu machen. Die Bewegung war nun auch in Deutschland
nicht mehr aufzuhalten. Ein allgemeiner Landfriede dehnte sich
über das Reich, Heinrich der Löwe versprach seine bayrischen An-
sprüche einstweilen zurückzustellen, und wenigstens einen bedeut-
samen Erfolg brachte das Unternehmen dem staufischen Hause:
Konrads zehnjähriger Sohn Heinrich ward zum Könige gewählt
und gekrönt, um unter Leitung des Erzbischofs Heinrich von Mainz
den Vater während seiner Abwesenheit zu vertreten. Also ein
erster Schritt, um die seit den Saliern unterbrochene Erbfolge her-
zustellen! Seitdem mußte die Kreuzfahrt noch öfter als Hebel
für den gleichen Zweck dienen.
Die Ereignisse des zweiten Kreuzzuges selbst können hier nur
kurz gestreift werden. 1) Bezeichnend für die allgemeinen Ziele der
Bewegung und die übergroße Zahl der Teilnehmer, aber auch für
den geringen Zusammenhalt des damaligen Reiches war, daß mit
Konrad eigentlich nur die Süddeutschen zogen. Die sächsischen
Großen unternahmen auf eigne Faust, wenn auch mit kirchlicher
Billigung, einen Kreuzzug in die ihrem Interessenkreise näherliegen-
den Wendenlande (1147), freilich nur, um hier die mühsam er-
rungenen Erfolge der friedlichen Mission unsanft zu stören und
alsbald statt der geplanten Ausrottung der Heiden deren Scheintaufe
und Tributzahlung vorzuziehen. Flandrer und Lothringer aber fuhren
1) Für die Einzelheiten vgl. namentlich die Forschungen von Kugler
und Röhricht.
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