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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
Innern bei Laodicea von den Ungläubigen überfallen und zu völliger
Auflösung gebracht worden. An derselben Stelle erlitten auch die
Franzosen furchtbare Verluste. Nur dadurch, daß Ludwig mit den
zahlungsfähigen Rittern schließlich griechische Schiffe bestieg und
die mittellosen Massen dem Verderben preisgab, gelangte er sicher
ins heilige Land. Dorthin kam auf einer Flotte Kaiser Manuels
auch Konrad III., und indem sich nun von allen Seiten die zer-
sprengten und gesonderten Züge der Kreuzfahrer zusammenfanden,
wäre mit der trotz allem ansehnlichen Streitmacht wohl noch etwas
Erkleckliches auszurichten gewesen. Aber die Begeisterung war
geschwunden, ein sicheres Ziel fehlte, seitdem Zenkis Sohn Nu-
reddin Edessa dem Erdboden gleichgemacht hatte (Ende 1146),
und andrerseits von einer augenblicklichen Bedrohung der übrigen
Kreuzfahrerstaaten doch nicht mehr die Rede sein konnte; ja, man
hatte gar bald das Gefühl, daß man den Lateinern jetzt nur lästig
war. Als an ihrer lässigen und zweideutigen Haltung Unter-
nehmungen gegen Damaskus und Askalon, die nur noch dem
Wunsche, etwas getan zu haben, entsprangen, scheiterten, beschloß
man die Rückkehr nach Europa. Nach unsagbaren Verlusten an
Leben, Gesundheit und Gut endete so die große Bewegung in
zorniger Verstimmung und gehässigen Anschuldigungen.

Nicht unzutreffend hat Nitzsch die Katastrophe des zweiten
Kreuzzuges mit dem Untergange der großen russischen Armee
Napoleons I. verglichen. Wie damals das aufs äußerste überspannte
napoleonische Weltherrschaftstreben den entscheidenden Stoß er-
hielt, der die französische Gloire vernichtete und ein Zeitalter na-
tionaler Gegenwirkungen hervorrief, so versank in Kleinasien und
Syrien der leidenschaftliche Glaube an das Hereinbrechen des
Gottesreiches unter päpstlicher Oberleitung; der Blick für die Schäden
des kirchlichen Regiments ward geschärft, und weltliche Strömungen
bekamen auf ein halbes Jahrhundert das Oberwasser.

Die Möglichkeit eines solchen Umschlags begriff Bernhard
sofort; nicht als ob er am Ziele selbst irre geworden wäre, auch
Moses hatte ja sein Versprechen, die Kinder Israels ins gelobte
Land zu führen, um ihrer Sünden willen nicht mehr selbst erfüllen
können! Aber er forderte in seinem Buche "über die Be-
trachtung", das er dem Papste widmete, eine umfassende Reinigung
der Kirche. Er blieb dabei freilich ganz im Rahmen -- wenn
nicht gregorianischer, so doch streng hierarchischer Gesinnung: durch
innere Heiligung sollte sich das Papsttum nur um so sicherer über
die Reiche der Welt erheben! Schon aber wurden auch andre
Stimmen laut, welche die Überhebung der Kirche über den Staat
mit Bitterkeit tadelten und den Kampf gegen die überhand nehmende

II. Die Zeit der Staufer.
Innern bei Laodicea von den Ungläubigen überfallen und zu völliger
Auflösung gebracht worden. An derselben Stelle erlitten auch die
Franzosen furchtbare Verluste. Nur dadurch, daß Ludwig mit den
zahlungsfähigen Rittern schließlich griechische Schiffe bestieg und
die mittellosen Massen dem Verderben preisgab, gelangte er sicher
ins heilige Land. Dorthin kam auf einer Flotte Kaiser Manuels
auch Konrad III., und indem sich nun von allen Seiten die zer-
sprengten und gesonderten Züge der Kreuzfahrer zusammenfanden,
wäre mit der trotz allem ansehnlichen Streitmacht wohl noch etwas
Erkleckliches auszurichten gewesen. Aber die Begeisterung war
geschwunden, ein sicheres Ziel fehlte, seitdem Zenkis Sohn Nu-
reddin Edessa dem Erdboden gleichgemacht hatte (Ende 1146),
und andrerseits von einer augenblicklichen Bedrohung der übrigen
Kreuzfahrerstaaten doch nicht mehr die Rede sein konnte; ja, man
hatte gar bald das Gefühl, daß man den Lateinern jetzt nur lästig
war. Als an ihrer lässigen und zweideutigen Haltung Unter-
nehmungen gegen Damaskus und Askalon, die nur noch dem
Wunsche, etwas getan zu haben, entsprangen, scheiterten, beschloß
man die Rückkehr nach Europa. Nach unsagbaren Verlusten an
Leben, Gesundheit und Gut endete so die große Bewegung in
zorniger Verstimmung und gehässigen Anschuldigungen.

Nicht unzutreffend hat Nitzsch die Katastrophe des zweiten
Kreuzzuges mit dem Untergange der großen russischen Armee
Napoleons I. verglichen. Wie damals das aufs äußerste überspannte
napoleonische Weltherrschaftstreben den entscheidenden Stoß er-
hielt, der die französische Gloire vernichtete und ein Zeitalter na-
tionaler Gegenwirkungen hervorrief, so versank in Kleinasien und
Syrien der leidenschaftliche Glaube an das Hereinbrechen des
Gottesreiches unter päpstlicher Oberleitung; der Blick für die Schäden
des kirchlichen Regiments ward geschärft, und weltliche Strömungen
bekamen auf ein halbes Jahrhundert das Oberwasser.

Die Möglichkeit eines solchen Umschlags begriff Bernhard
sofort; nicht als ob er am Ziele selbst irre geworden wäre, auch
Moses hatte ja sein Versprechen, die Kinder Israels ins gelobte
Land zu führen, um ihrer Sünden willen nicht mehr selbst erfüllen
können! Aber er forderte in seinem Buche „über die Be-
trachtung“, das er dem Papste widmete, eine umfassende Reinigung
der Kirche. Er blieb dabei freilich ganz im Rahmen — wenn
nicht gregorianischer, so doch streng hierarchischer Gesinnung: durch
innere Heiligung sollte sich das Papsttum nur um so sicherer über
die Reiche der Welt erheben! Schon aber wurden auch andre
Stimmen laut, welche die Überhebung der Kirche über den Staat
mit Bitterkeit tadelten und den Kampf gegen die überhand nehmende

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[110/0118] II. Die Zeit der Staufer. Innern bei Laodicea von den Ungläubigen überfallen und zu völliger Auflösung gebracht worden. An derselben Stelle erlitten auch die Franzosen furchtbare Verluste. Nur dadurch, daß Ludwig mit den zahlungsfähigen Rittern schließlich griechische Schiffe bestieg und die mittellosen Massen dem Verderben preisgab, gelangte er sicher ins heilige Land. Dorthin kam auf einer Flotte Kaiser Manuels auch Konrad III., und indem sich nun von allen Seiten die zer- sprengten und gesonderten Züge der Kreuzfahrer zusammenfanden, wäre mit der trotz allem ansehnlichen Streitmacht wohl noch etwas Erkleckliches auszurichten gewesen. Aber die Begeisterung war geschwunden, ein sicheres Ziel fehlte, seitdem Zenkis Sohn Nu- reddin Edessa dem Erdboden gleichgemacht hatte (Ende 1146), und andrerseits von einer augenblicklichen Bedrohung der übrigen Kreuzfahrerstaaten doch nicht mehr die Rede sein konnte; ja, man hatte gar bald das Gefühl, daß man den Lateinern jetzt nur lästig war. Als an ihrer lässigen und zweideutigen Haltung Unter- nehmungen gegen Damaskus und Askalon, die nur noch dem Wunsche, etwas getan zu haben, entsprangen, scheiterten, beschloß man die Rückkehr nach Europa. Nach unsagbaren Verlusten an Leben, Gesundheit und Gut endete so die große Bewegung in zorniger Verstimmung und gehässigen Anschuldigungen. Nicht unzutreffend hat Nitzsch die Katastrophe des zweiten Kreuzzuges mit dem Untergange der großen russischen Armee Napoleons I. verglichen. Wie damals das aufs äußerste überspannte napoleonische Weltherrschaftstreben den entscheidenden Stoß er- hielt, der die französische Gloire vernichtete und ein Zeitalter na- tionaler Gegenwirkungen hervorrief, so versank in Kleinasien und Syrien der leidenschaftliche Glaube an das Hereinbrechen des Gottesreiches unter päpstlicher Oberleitung; der Blick für die Schäden des kirchlichen Regiments ward geschärft, und weltliche Strömungen bekamen auf ein halbes Jahrhundert das Oberwasser. Die Möglichkeit eines solchen Umschlags begriff Bernhard sofort; nicht als ob er am Ziele selbst irre geworden wäre, auch Moses hatte ja sein Versprechen, die Kinder Israels ins gelobte Land zu führen, um ihrer Sünden willen nicht mehr selbst erfüllen können! Aber er forderte in seinem Buche „über die Be- trachtung“, das er dem Papste widmete, eine umfassende Reinigung der Kirche. Er blieb dabei freilich ganz im Rahmen — wenn nicht gregorianischer, so doch streng hierarchischer Gesinnung: durch innere Heiligung sollte sich das Papsttum nur um so sicherer über die Reiche der Welt erheben! Schon aber wurden auch andre Stimmen laut, welche die Überhebung der Kirche über den Staat mit Bitterkeit tadelten und den Kampf gegen die überhand nehmende

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/118>, abgerufen am 21.11.2024.