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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 10. Die Anfänge Friedrichs I. (1152-1157).
päpstlichen Stuhle, war eine energische Persönlichkeit, aus tiefstem
Elend durch eigne Kraft emporgestiegen bis zum Kardinalat, dann
erfolgreich bemüht um die selbständige Gestaltung der norwegischen
Kirche, als Papst gegenüber dem Aufschwung der weltlichen Mächte
überzeugt von der Notwendigkeit eines Zurücklenkens in die gre-
gorianischen Bahnen, zu schrofferen Maßnahmen und schärferer
Tonart geneigt, wenn auch durch Widerstände im Kardinalskolleg
öfter gehemmt.1) Hinter ihm stand, wie Hildebrand hinter Ale-
xander II., als sein Hauptberater der Kardinal Roland, aus Siena
gebürtig, von hervorragender Begabung und Bildung, eine Zeitlang
hochgeschätzter Lehrer des Kirchenrechts in Bologna, jetzt als päpst-
licher Kanzler mit allen Geschäften vertraut, feurig und scharf, von
raschem Entschlusse und nachhaltiger Kraft, der Führer der vor-
wärtsdrängenden Kardinalspartei.

Ihr gelang alsbald ein erster bedeutender Erfolg: durch das
äußerste, der auf die Pilgerscharen angewiesenen Stadt gegenüber
noch nie angewandte Mittel des Interdikts erzwang Hadrian von
den Römern die Ausweisung Arnolds von Brescia (Anf. 1155),
seines Hauptgegners. Volle Einmütigkeit zwischen Kurie und Rom
war gleichwohl nicht zu erzielen, und vom Süden her schien die
Gefahr noch zu wachsen, als nach dem Tode Rogers II. (1154)
sein Sohn Wilhelm I. ob der Verweigerung des Königstitels den
Krieg gegen den Kirchenstaat begann. Friedrichs Eingreifen blieb
also dringend notwendig. Als er sich jetzt Mittelitalien zuwandte,
zeigte er dem Papste zunächst seinen guten Willen zur Durch-
führung des Konstanzer Vertrages, indem er den an die tuszische
Grenze geflüchteten Arnold gefangen nehmen und dem päpst-
lichen Präfekten von Rom überantworten ließ. Zur Hinrichtung
durch den Strang verurteilt, erlitt der kühne Gegner des ver-
weltlichten Papsttums standhaft den Märtyrertod und sicherte nicht
zum wenigsten eben dadurch seinen Ideen weitere Wirkungs-
kraft.

Führte nun dieser erste wertvolle Dienst, den Friedrich dem
Papste geleistet hatte, zu ferneren herzlichen Beziehungen? Es ist
unmöglich, das tiefe Mißtrauen zu verkennen, das bei der ersten
persönlichen Zusammenkunft in Sutri hüben und drüben obwaltete.
Was sich schon gleich im Beginn angedeutet hatte, als Friedrich
sich mit der bloßen Wahlanzeige an den Papst begnügte und dann
doch die unerbetene Approbation erhielt, das wiederholte sich jetzt
in schrofferen Formen, als der König den ihm unwürdig erscheinen-

1) Haucks Versuch, ihn als schwankenden, widerspruchsvollen Schwächling
hinzustellen, erscheint mir recht unzutreffend, vgl. Hist. Zeitschr. 93, 412.

§ 10. Die Anfänge Friedrichs I. (1152‒1157).
päpstlichen Stuhle, war eine energische Persönlichkeit, aus tiefstem
Elend durch eigne Kraft emporgestiegen bis zum Kardinalat, dann
erfolgreich bemüht um die selbständige Gestaltung der norwegischen
Kirche, als Papst gegenüber dem Aufschwung der weltlichen Mächte
überzeugt von der Notwendigkeit eines Zurücklenkens in die gre-
gorianischen Bahnen, zu schrofferen Maßnahmen und schärferer
Tonart geneigt, wenn auch durch Widerstände im Kardinalskolleg
öfter gehemmt.1) Hinter ihm stand, wie Hildebrand hinter Ale-
xander II., als sein Hauptberater der Kardinal Roland, aus Siena
gebürtig, von hervorragender Begabung und Bildung, eine Zeitlang
hochgeschätzter Lehrer des Kirchenrechts in Bologna, jetzt als päpst-
licher Kanzler mit allen Geschäften vertraut, feurig und scharf, von
raschem Entschlusse und nachhaltiger Kraft, der Führer der vor-
wärtsdrängenden Kardinalspartei.

Ihr gelang alsbald ein erster bedeutender Erfolg: durch das
äußerste, der auf die Pilgerscharen angewiesenen Stadt gegenüber
noch nie angewandte Mittel des Interdikts erzwang Hadrian von
den Römern die Ausweisung Arnolds von Brescia (Anf. 1155),
seines Hauptgegners. Volle Einmütigkeit zwischen Kurie und Rom
war gleichwohl nicht zu erzielen, und vom Süden her schien die
Gefahr noch zu wachsen, als nach dem Tode Rogers II. (1154)
sein Sohn Wilhelm I. ob der Verweigerung des Königstitels den
Krieg gegen den Kirchenstaat begann. Friedrichs Eingreifen blieb
also dringend notwendig. Als er sich jetzt Mittelitalien zuwandte,
zeigte er dem Papste zunächst seinen guten Willen zur Durch-
führung des Konstanzer Vertrages, indem er den an die tuszische
Grenze geflüchteten Arnold gefangen nehmen und dem päpst-
lichen Präfekten von Rom überantworten ließ. Zur Hinrichtung
durch den Strang verurteilt, erlitt der kühne Gegner des ver-
weltlichten Papsttums standhaft den Märtyrertod und sicherte nicht
zum wenigsten eben dadurch seinen Ideen weitere Wirkungs-
kraft.

Führte nun dieser erste wertvolle Dienst, den Friedrich dem
Papste geleistet hatte, zu ferneren herzlichen Beziehungen? Es ist
unmöglich, das tiefe Mißtrauen zu verkennen, das bei der ersten
persönlichen Zusammenkunft in Sutri hüben und drüben obwaltete.
Was sich schon gleich im Beginn angedeutet hatte, als Friedrich
sich mit der bloßen Wahlanzeige an den Papst begnügte und dann
doch die unerbetene Approbation erhielt, das wiederholte sich jetzt
in schrofferen Formen, als der König den ihm unwürdig erscheinen-

1) Haucks Versuch, ihn als schwankenden, widerspruchsvollen Schwächling
hinzustellen, erscheint mir recht unzutreffend, vgl. Hist. Zeitschr. 93, 412.
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[123/0131] § 10. Die Anfänge Friedrichs I. (1152‒1157). päpstlichen Stuhle, war eine energische Persönlichkeit, aus tiefstem Elend durch eigne Kraft emporgestiegen bis zum Kardinalat, dann erfolgreich bemüht um die selbständige Gestaltung der norwegischen Kirche, als Papst gegenüber dem Aufschwung der weltlichen Mächte überzeugt von der Notwendigkeit eines Zurücklenkens in die gre- gorianischen Bahnen, zu schrofferen Maßnahmen und schärferer Tonart geneigt, wenn auch durch Widerstände im Kardinalskolleg öfter gehemmt. 1) Hinter ihm stand, wie Hildebrand hinter Ale- xander II., als sein Hauptberater der Kardinal Roland, aus Siena gebürtig, von hervorragender Begabung und Bildung, eine Zeitlang hochgeschätzter Lehrer des Kirchenrechts in Bologna, jetzt als päpst- licher Kanzler mit allen Geschäften vertraut, feurig und scharf, von raschem Entschlusse und nachhaltiger Kraft, der Führer der vor- wärtsdrängenden Kardinalspartei. Ihr gelang alsbald ein erster bedeutender Erfolg: durch das äußerste, der auf die Pilgerscharen angewiesenen Stadt gegenüber noch nie angewandte Mittel des Interdikts erzwang Hadrian von den Römern die Ausweisung Arnolds von Brescia (Anf. 1155), seines Hauptgegners. Volle Einmütigkeit zwischen Kurie und Rom war gleichwohl nicht zu erzielen, und vom Süden her schien die Gefahr noch zu wachsen, als nach dem Tode Rogers II. (1154) sein Sohn Wilhelm I. ob der Verweigerung des Königstitels den Krieg gegen den Kirchenstaat begann. Friedrichs Eingreifen blieb also dringend notwendig. Als er sich jetzt Mittelitalien zuwandte, zeigte er dem Papste zunächst seinen guten Willen zur Durch- führung des Konstanzer Vertrages, indem er den an die tuszische Grenze geflüchteten Arnold gefangen nehmen und dem päpst- lichen Präfekten von Rom überantworten ließ. Zur Hinrichtung durch den Strang verurteilt, erlitt der kühne Gegner des ver- weltlichten Papsttums standhaft den Märtyrertod und sicherte nicht zum wenigsten eben dadurch seinen Ideen weitere Wirkungs- kraft. Führte nun dieser erste wertvolle Dienst, den Friedrich dem Papste geleistet hatte, zu ferneren herzlichen Beziehungen? Es ist unmöglich, das tiefe Mißtrauen zu verkennen, das bei der ersten persönlichen Zusammenkunft in Sutri hüben und drüben obwaltete. Was sich schon gleich im Beginn angedeutet hatte, als Friedrich sich mit der bloßen Wahlanzeige an den Papst begnügte und dann doch die unerbetene Approbation erhielt, das wiederholte sich jetzt in schrofferen Formen, als der König den ihm unwürdig erscheinen- 1) Haucks Versuch, ihn als schwankenden, widerspruchsvollen Schwächling hinzustellen, erscheint mir recht unzutreffend, vgl. Hist. Zeitschr. 93, 412.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/131>, abgerufen am 24.11.2024.