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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
Politik. Ebendamals deckte der Kaiser seinen Vetter mit dem
Reichsschilde gegen den Bund seiner territorialen Gegner und gebot
Frieden, wußte aber trotz dieser Begünstigung des mächtigsten Herzogs
in seiner vornehmen, klugen und gerechten Art auch die andern
Reichsfürsten um seinen Thron zu scharen und ziemlich mühelos
die Wahl seines zweiten, erst vierjährigen Sohnes Heinrich zum
deutschen König durchzusetzen (1169). Seinem Ältesten Friedrich1)
war kurz vorher das Herzogtum Schwaben zugefallen; hier, wie in
Mittelitalien, hatte die römische Seuche, die den jungen Herzog
Friedrich von Rotenburg, Konrads III. Sohn, dahinraffte, dem Kaiser
unmittelbaren Gewinn eingetragen. Und auch sonst wußte dieser
den staufischen Hausbesitz zu wahren, nicht zum wenigsten durch
Übertragung von Kirchenlehen an den König selbst oder seine
Söhne, wie das bis dahin nicht üblich gewesen war. --

Was aber endlich die damalige Machtstellung Barbarossas in
Deutschland derjenigen Heinrichs IV. so unvergleichlich überlegen
machte, war, daß er auch die Zügel des Kirchenregimentes fest in
der Hand behielt, ja sie noch straffer anzog. Denn indem er in
Durchführung der Würzburger Beschlüsse allenthalben die Geist-
lichen zwang, von Schismatikern ihre Weihen zu nehmen, kettete
er sie eng an seine Sache. Selbst in das Hauptbollwerk der
Alexandriner, die Salzburger Kirchenprovinz, ward Bresche gelegt.
Und an der Spitze des einigen Deutschlands nahm Friedrich auch
dem Ausland gegenüber die Reichsinteressen in Ost und West mit
Erfolg wahr. Die Ermordung des Erzbischofs Thomas von Canter-
bury (1170), die den Abscheu der Christenheit gegen den mit-
schuldigen König Heinrich II. wachrief, führte zu einer unerwarteten
Umkehr der politischen Verhältnisse; denn die Beseitigung des Starr-
kopfs erleichterte trotz allem den Ausgleich zwischen der Kurie und
England. Indem aber nun die Feindschaft zwischen den beiden
Westmächten bald wieder zu vollem Ausbruch kam (1173), ersetzte
der Kaiser den Verlust des unzuverlässigen englischen Bundes-
genossen durch eine Annäherung an Frankreich, und diese Ver-
bindung zwischen Staufern und Capetingern wurde nun über ge-
legentliche Schwankungen hinweg bis tief in das folgende Jahrhundert
aufrecht erhalten, während England mit dem Welfenhause schon
durch die verwandtschaftlichen Beziehungen verknüpft blieb.

Die sechs Jahre, die Friedrich damals auf deutschem Boden
weilte, waren arm an großen Ereignissen, reich an stillen, nach-
haltigen Erfolgen. Konnten dieser gesammelten Kraft, wenn sie zu

1) Vielleicht machte ihn ein körperliches Gebrechen zur Nachfolger-
schaft im Reiche ungeeignet, vergl. Scheffer-Boichorst, Gesammelte Schriften
II, 383 ff.

II. Die Zeit der Staufer.
Politik. Ebendamals deckte der Kaiser seinen Vetter mit dem
Reichsschilde gegen den Bund seiner territorialen Gegner und gebot
Frieden, wußte aber trotz dieser Begünstigung des mächtigsten Herzogs
in seiner vornehmen, klugen und gerechten Art auch die andern
Reichsfürsten um seinen Thron zu scharen und ziemlich mühelos
die Wahl seines zweiten, erst vierjährigen Sohnes Heinrich zum
deutschen König durchzusetzen (1169). Seinem Ältesten Friedrich1)
war kurz vorher das Herzogtum Schwaben zugefallen; hier, wie in
Mittelitalien, hatte die römische Seuche, die den jungen Herzog
Friedrich von Rotenburg, Konrads III. Sohn, dahinraffte, dem Kaiser
unmittelbaren Gewinn eingetragen. Und auch sonst wußte dieser
den staufischen Hausbesitz zu wahren, nicht zum wenigsten durch
Übertragung von Kirchenlehen an den König selbst oder seine
Söhne, wie das bis dahin nicht üblich gewesen war. —

Was aber endlich die damalige Machtstellung Barbarossas in
Deutschland derjenigen Heinrichs IV. so unvergleichlich überlegen
machte, war, daß er auch die Zügel des Kirchenregimentes fest in
der Hand behielt, ja sie noch straffer anzog. Denn indem er in
Durchführung der Würzburger Beschlüsse allenthalben die Geist-
lichen zwang, von Schismatikern ihre Weihen zu nehmen, kettete
er sie eng an seine Sache. Selbst in das Hauptbollwerk der
Alexandriner, die Salzburger Kirchenprovinz, ward Bresche gelegt.
Und an der Spitze des einigen Deutschlands nahm Friedrich auch
dem Ausland gegenüber die Reichsinteressen in Ost und West mit
Erfolg wahr. Die Ermordung des Erzbischofs Thomas von Canter-
bury (1170), die den Abscheu der Christenheit gegen den mit-
schuldigen König Heinrich II. wachrief, führte zu einer unerwarteten
Umkehr der politischen Verhältnisse; denn die Beseitigung des Starr-
kopfs erleichterte trotz allem den Ausgleich zwischen der Kurie und
England. Indem aber nun die Feindschaft zwischen den beiden
Westmächten bald wieder zu vollem Ausbruch kam (1173), ersetzte
der Kaiser den Verlust des unzuverlässigen englischen Bundes-
genossen durch eine Annäherung an Frankreich, und diese Ver-
bindung zwischen Staufern und Capetingern wurde nun über ge-
legentliche Schwankungen hinweg bis tief in das folgende Jahrhundert
aufrecht erhalten, während England mit dem Welfenhause schon
durch die verwandtschaftlichen Beziehungen verknüpft blieb.

Die sechs Jahre, die Friedrich damals auf deutschem Boden
weilte, waren arm an großen Ereignissen, reich an stillen, nach-
haltigen Erfolgen. Konnten dieser gesammelten Kraft, wenn sie zu

1) Vielleicht machte ihn ein körperliches Gebrechen zur Nachfolger-
schaft im Reiche ungeeignet, vergl. Scheffer-Boichorst, Gesammelte Schriften
II, 383 ff.
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[148/0156] II. Die Zeit der Staufer. Politik. Ebendamals deckte der Kaiser seinen Vetter mit dem Reichsschilde gegen den Bund seiner territorialen Gegner und gebot Frieden, wußte aber trotz dieser Begünstigung des mächtigsten Herzogs in seiner vornehmen, klugen und gerechten Art auch die andern Reichsfürsten um seinen Thron zu scharen und ziemlich mühelos die Wahl seines zweiten, erst vierjährigen Sohnes Heinrich zum deutschen König durchzusetzen (1169). Seinem Ältesten Friedrich 1) war kurz vorher das Herzogtum Schwaben zugefallen; hier, wie in Mittelitalien, hatte die römische Seuche, die den jungen Herzog Friedrich von Rotenburg, Konrads III. Sohn, dahinraffte, dem Kaiser unmittelbaren Gewinn eingetragen. Und auch sonst wußte dieser den staufischen Hausbesitz zu wahren, nicht zum wenigsten durch Übertragung von Kirchenlehen an den König selbst oder seine Söhne, wie das bis dahin nicht üblich gewesen war. — Was aber endlich die damalige Machtstellung Barbarossas in Deutschland derjenigen Heinrichs IV. so unvergleichlich überlegen machte, war, daß er auch die Zügel des Kirchenregimentes fest in der Hand behielt, ja sie noch straffer anzog. Denn indem er in Durchführung der Würzburger Beschlüsse allenthalben die Geist- lichen zwang, von Schismatikern ihre Weihen zu nehmen, kettete er sie eng an seine Sache. Selbst in das Hauptbollwerk der Alexandriner, die Salzburger Kirchenprovinz, ward Bresche gelegt. Und an der Spitze des einigen Deutschlands nahm Friedrich auch dem Ausland gegenüber die Reichsinteressen in Ost und West mit Erfolg wahr. Die Ermordung des Erzbischofs Thomas von Canter- bury (1170), die den Abscheu der Christenheit gegen den mit- schuldigen König Heinrich II. wachrief, führte zu einer unerwarteten Umkehr der politischen Verhältnisse; denn die Beseitigung des Starr- kopfs erleichterte trotz allem den Ausgleich zwischen der Kurie und England. Indem aber nun die Feindschaft zwischen den beiden Westmächten bald wieder zu vollem Ausbruch kam (1173), ersetzte der Kaiser den Verlust des unzuverlässigen englischen Bundes- genossen durch eine Annäherung an Frankreich, und diese Ver- bindung zwischen Staufern und Capetingern wurde nun über ge- legentliche Schwankungen hinweg bis tief in das folgende Jahrhundert aufrecht erhalten, während England mit dem Welfenhause schon durch die verwandtschaftlichen Beziehungen verknüpft blieb. Die sechs Jahre, die Friedrich damals auf deutschem Boden weilte, waren arm an großen Ereignissen, reich an stillen, nach- haltigen Erfolgen. Konnten dieser gesammelten Kraft, wenn sie zu 1) Vielleicht machte ihn ein körperliches Gebrechen zur Nachfolger- schaft im Reiche ungeeignet, vergl. Scheffer-Boichorst, Gesammelte Schriften II, 383 ff.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/156>, abgerufen am 24.11.2024.